Musik in Berlin

Der Gendarmenmarkt erklingt beim Classic Open Air

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Matthias Nöther
Mit einem Feuerwerk endete vergangenes Jahr das Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt

Mit einem Feuerwerk endete vergangenes Jahr das Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt

Foto: dpa Picture-Alliance / Jörg Carstensen / picture alliance / Jörg Carstens

Das Classic Open Air findet vom 5. bis 9. Juli statt – auch „Tatort“-Star Axel Prahl ist dabei.

Berlin. Gerhard Kämpfe blickt vom Fenster des Hilton-Hotels gleichmütig auf den April-Regenguss draußen auf dem Gendarmenmarkt. „Lieber jetzt als später“, sagt der Gründer und Leiter des Festivals Classic Open Air. Mit „später“ meint er jenen Regen, der seit 1991 jeden Sommer sein Festival auf Berlins zentralem historischen Platz bedroht – ohne es kaum je ernsthaft zu gefährden. Vom 5. bis zum 9. Juli wird Classic Open Air in diesem Jahr vor der Kulisse des Konzerthauses am Gendarmenmarkt stattfinden. Livemusik unter freiem Himmel – das erfordert gerade im Klassikbereich mit den sensiblen Musikinstrumenten Flexibilität.

Auch das Meistern zahlreicher anderer Herausforderungen ist gefragt, denn die vielen Tausend Zuschauer schickt man nicht leichtfertig nach Hause. Somit ist das Risiko für Kämpfe als Gründer und Mario Hempel, seinen langjährigen Geschäftsführer, groß. Durch die aufwendig gebaute Bühne auf der Freitreppe des Konzerthauses sowie den Publikumsbereich „liegen schon mal 600.000 Euro auf dem Gendarmenmarkt“, so Kämpfe – bevor der erste Ton erklingt.

Auch diesmal gibt es eine Wagner-Nacht

Die Sopranistin Nadja Michael, dem Berliner Opernpublikum aus der Deutschen Oper bestens bekannt und in diesem Jahr am zweiten Abend des Classic Open Air („Wagner in Licht und Feuer“) dabei, spricht von den künstlerischen Herausforderungen eines Klassikfestivals dieser Dimension – namentlich für die Gesangsstimme. Unverstärkt, wie etwa in der Arena di Verona, könne man die Stimme uneingeschränkt kontrollieren, doch auf dem Berliner Platz, vor jeweils rund 17.000 Zuschauern und mit Mikrofon, sei das Gefühl beim Singen ein ganz anderes.

Viel Kritik von Wagnerliebhabern habe es gegeben, als vor einigen Jahren ein Abend mit gekürzten Zusammenstellungen aus den Opern und Musikdramen des Bayreuther Meisters bei Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt stattfand. Doch danach sei die Begeisterung groß gewesen. Auch Kenner, so Kämpfe, hätten eingesehen, dass hier eine große Zahl an Klassik-Neulingen sehr konzentriert an Wagners Werke herangeführt worden sei und sie schätzen gelernt habe. Auch dass Melodien, die sie schon längst gekannt hätten, von Wagner stammen würden, sei vielen Opernmuffeln erst bei der Wagner-Nacht auf dem Gendarmenmarkt aufgegangen. In diesem Jahr wird am 6. Juli die Anhaltische Philharmonie Dessau gemeinsam mit dem Berliner Ernst Senff Chor Arien und Chöre von Wagner präsentieren.

Filmorchester Babelsberg eröffnet das Festival

Eröffnet allerdings wird Classic Open Air in diesem Jahr vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, das, so Kämpfe, bisher in keinem der insgesamt 21 Jahre gefehlt hat. In diesem Jahr wird das Filmorchester sein hundertjähriges Bestehen auf dem Gendarmenmarkt publikumswirksam feiern. Unter dem Dirigenten Robert Reimer gibt es tatsächlich so etwas wie ein Schaulaufen echter Stars ganz verschiedener Bereiche: Die Sopranistinnen Nicole Chevalier und Katharine Mehrling werden ebenso singen wie „Tatort“-Star Axel Prahl, die Soulsängerin Cassandra Steen, die Schauspielerin Dagmar Manzel, Peter Maffay und noch etliche Andere. Dass dies bei diesem privat finanzierten Festival nur unter Verzicht auf eine hohe Gage gehe, betont Joja Wendt, der als Pianist ebenfalls dabei sein wird.

Joja Wendt wird zu einem späteren Zeitpunkt bei Classic Open Air noch einmal in Erscheinung treten. Mit Unterstützung des Klassik-Spitzenpianisten Sebastian Knauer, des schwedischen Jazz-Songschreibers Martin Tingvall und des Boogie-Woogie-Spezialisten Axel Zwingenberger wird Wendt am 8. Juli die Intimität des Klaviers vom Podium auf den großen Platz hinaustragen.

Natürlich wird es auch in diesem Jahr wieder eine Nacht mit italienischem Belcanto geben. Unter dem Motto „Nessun dorma“ aus Giacomo Puccinis Oper „Turandot“ wird der Intendant des Theaters Vorpommern, Dirk Löschner, durch einen opernseligen Abend führen, der vornehmlich von vokalen Spitzenkräften aus den Ensembles seiner Theater Stralsund, Greifswald und Putbus bestritten wird. Ein besonderes Anliegen – wiewohl nicht aus dem Klassikbereich stammend – scheint Kämpfe der Auftritt der Soul-Kultband Earth, Wind and Fire mit Sister Sledge als Special Guest am letzten Abend des diesjährigen Classic Open Air zu sein.

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