Chanson

Eine Hommage auf Edith Piaf, die nicht ganz gelingt

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Peter Zander

Foto: PICTUREBLIND – Jürgen Sendel

Stars wie Hannah Schygulla, Annett Louisan und Katherine Mehrling huldigen im Wintergarten der Edith Piaf zum 50. Todestag. Aber nur zu einem Viertel. So ist dieser Abend ein bisschen Mogelpackung.

Padam, padam. Diese Worte fallen oft an diesem Abend. Aber wie übersetzt man die eigentlich? Das fragte sich auch Annett Louisan, als sie auf das berühmte Chanson von Edith Piaf ein ganz eigenes komponiert hat. „Rattatatong“, sagt sie, wäre eine Möglichkeit gewesen. Aber das würde doch viel härter und unmelodischer klingen. So ist es bei „Padam Padam“ geblieben. Auch wenn sonst alles anders klingt in ihrer Version.

Heute vor genau 50 Jahren ist Edith Piaf, die Legende, der Spatz von Paris, die vielleicht größte, mit Sicherheit aber berühmteste Diseuse des Chanson mit nur 47 Jahren gestorben. Ihr zu Ehren hat der Wintergarten bereits am Dienstag zu einer großen Hommage geladen. Mit prominenten Gästen, drei deutschen und drei französischen Diseusen, alles Frauen. Und mit gleich drei Rednern, alles Herren, die nicht vorab, sondern zwischendrin an die Piaf erinnerten. Vertreter des Senats, der französischen Botschaft, des Auswärtigen Amtes. Ein staatstragender Abend also. Und ein generalstabsmäßiger Ablaufplan: 20.05 Uhr Auftritt Hannah Schygulla. 20.21 Uhr Pauline Paris. 20.34 Uhr die erste Rede.

Ein bisschen Mogelpackung

Der ambitionierte Zeitplan hinkt von Anfang an. Erst um 20.11 Uhr kommt La Schygulla auf die Bühne. Sie soll gleich drei Klassiker der Piaf singen, „Milord, „La vie en rose“ und eben „Padam Padam. Was bleibt da noch für die anderen? Aber nanu, sie gibt sie nur als Medley, wird erst mit „Padam“ wirklich warm und locker. Schiebt dann noch ein Fassbinder-Lied nach. Und ist schon wieder weg. Nach nicht mal neun Minuten. Als nächstes tritt mit Pauline Paris eine echte Französin auf, die mit „Le sale petit brouillard“ Piaf nicht nur singt, sondern röhrt und im Hier und Heute verortet. Aber dann singt sie noch drei eigene Chansons, die mit der Frau, der da gehuldigt wird, nichts zu tun hat.

Das werden auch alle anderen Damen an diesem Abend so halten. Was eine gestandene Diseuse ist, hat mindestens eine Piaf im Handtäschchen. Und die wird dann auch ausgepackt. Aber sonst macht man halt sein Eigenes. Das ist ein bisschen Mogelpackung. Deshalb sind auch manche Zuschauer sichtlich enttäuscht. Auf einen Piaf-Titel kommen drei fremde. Und nicht jedem schmeckt eine beatboxende Popmegäre wie Karimouche, die aus „L’accordéoniste“ das macht, was Kubisten mit Stillleben getan haben: Entfremdung bis zur Unkenntlichkeit.

Fünf Mini-Konzerte in einem

Annett Louisan, sie hat wie immer ihren ganz eigenen Charme, wie sie so kindlich naiv ihre Lieder singt. Zaza Fournier, die dritte Französin, wagt einen Klang-Clash zwischen Akkordeon und E-Gitarre, der sich gewaschen hat. Doch einmal mehr stiehlt Katharine Mehrling allen die Schau mit ihren stimmgewaltigen, unter die Haut gehenden Interpretationen. Da möchte man gleich ins Schlosspark Theater rennen und ihren Solo-Piaf-Abend genießen.

Ein Kessel Buntes: Wenn man es positiv betrachten möchte, hat einem dieser Abend quasi sechsünf völlig verschiedene Mini-Konzerte beschert, die uns eine beachtliche Bandbreite zeigt, was Chanson sein kann. Nur mit Edith Piaf hat das alles nicht allzu viel zu tun. Um im Bild zu bleiben: Man hat „Padam padam“ erwartet, aber „Rattatatong“ bekommen.