Berlin. Berliner Band „Die Ärzte“ trat am Mittwoch in der Columbiahalle auf. Für die Musiker ein Heimspiel, für die Fans ein intimes Vergnügen.
Es ist voll, es ist eng, es ist heiß von Beginn an in der Columbiahalle an diesem Abend. Insofern braucht es bei diesem Heimspiel der Berliner Band „Die Ärzte“ nicht viel, um die mit 3500 Stehplätzen restlos ausverkaufte Halle in Fahrt zu bringen.
Um Punkt 20 Uhr brandet sofort Applaus auf, als die ersten punkrockigen Klänge von „Wer verliert, hat schon verloren“ nach draußen dringen und zwar noch deutlich, bevor sich der Bühnenvorhang lichtet. Gleich beim zweiten Song „Lied vom Scheitern“ von Bela B, Farin Urlaub und Rodrigo González singt die Menge mit: „Du bist immer dann am besten, wenn´s Dir eigentlich egal ist.“
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So beginnt ein Abend in einer kleinen Location, der ein großer werden will. „Vielleicht für fünf Stunden“, sagt Bela B augenzwinkernd. „Wenn eine klitzekleine Band aus Berlin – namentlich Die Ärzte – versuchen, wie große Rockstars aufzutreten. Klappt meistens, nur nicht heute“, kommentiert Bela B den am Anfang etwas störrischen Bühnenvorhang.
Die Ärzte in Berlin: Bela B erntet Buhrufe
Zwischendrin ist das Publikum, obwohl textsicher und vielfach in T-Shirts aus mehr als 40 Jahren Bandgeschichte gekleidet, etwas zu leise. „Potsdam war lauter“, ruft Bela B in die Menge und erntet Buhrufe.
Zeit für „Noise“ aus dem 2021er Album „Dunkel“. „Die Sonne scheint, dabei sehne ich mich nach Wolken“, singen die Musiker. An diesem Tag, dem ersten regnerischen nach einer vielleicht letzten Hochsommerwoche, kein Problem.
Musiker sinnieren beim Konzert in Berlin über Gauland und die AfD
Es folgt „Quark“: „Seitdem ich Dich kenne, hab ich ein Problem / Du gehst mir auf die Nerven, Baby, und zwar extrem“, singen Die Ärzte 30 Jahre nach ihrer Wiedervereinigung und sind nach wie vor in Topform.
Gewohnt politisch blödeln vor allem Bela B und Farin Urlaub miteinander, spielen erst „Abschied“, bevor sie über Alexander Gauland sinnieren und die Hoffnungen der AfD auf eine Regierungsbeteiligung. „Das wird nicht passieren“, sagt Bela B und spricht sich ob der überwiegend älteren Wähler der Partei für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 aus. Mit „Doof“ folgt eine klare Ansage, was die Band von der Partei hält.
Ist das noch Punkrock?
Ein Herzballon fliegt vor der Bühne, es ist nach 22 Uhr, als die Fans wild zu „Deine Schuld“ tanzen. „Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär‘ nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt“, und die Menge kocht. Vor der Bühne wird gepogt, als zu später Stunde Klassiker wie „Unrockbar“ und „Junge“ folgen.
Die „zunehmend morsche Band“ (Jahrgang 1962 bis 1968) spielt keine fünf Stunden, dafür aber drei und die mit Vollgas. Die Berlinerinnen und Berliner feiern „ihre“ Ärzte. Die Frage „Ist das noch Punkrock?“, kann also getrost mit „ja“ beantwortet werden.
Fans, die jetzt noch auf den Zug der „Herbst des Lebens“-Tour aufspringen wollen, werden es auf den offiziellen Kanälen schwer haben. Das zweite Konzert in der Columbiahalle am Donnerstag ist wie alle weiteren Auftritte der Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz ebenfalls ausverkauft. Fest geplant sind allerdings – wie schon 2022 – Auftritte auf dem Tempelhofer Feld, am 23. und 24. August 2024.