München. Die Schauspieler Lisa Maria Potthoff und Sebastian Bezzel über zehn Jahre Eberhofer-Krimis und den neunten Film „Rehragout-Rendezvous“.
- Sebastian Bezzel und Lisa Maria Potthoff sind die Gesichter der Eberhofer-Krimis
- Nun erscheint bald der neunte Film: das „Rehragout-Rendezvous“
- Im Interview sprechen sie mit unserer Redaktion über die Erfolge der letzten zehn Jahre
Vor zehn Jahren kam mit „Dampfnudelblues“ die erste Verfilmung von Rita Falks erfolgreichen Eberhofer-Krimis in die Kinos. Ein Polizist strafversetzt auf dem bayrischen Lande, quasi das männliche Äquivalent zu Caroline Peters in „Mord mit Aussicht“. Nie aber hätten die Hauptdarsteller Sebastian Bezzel und Lisa Maria Potthoff, das streitlustige Paar der Reihe, sich gedacht, dass daraus ein solcher Erfolg werden könnte. Mit fast jährlich einem neuen Film. Am 10. August kommt der mittlerweile neunte Film „Rehragout-Rendezvous“ in die Kinos. Die Schauspieler feiern Zehnjähriges. Und tun dies bestens aufgelegt auch in diesem Interview, in dem sie sich gerne, wie ihre Filmfiguren, gegenseitig aufziehen.
Zehn Jahre Eberhofer-Krimi - Wie fühlt sich das für Sie an?
Lisa Maria Potthoff: (aufstöhnend) Wie zehn Jahre! (beide lachen)
Sebastian Bezzel: Nein, im Ernst: Es fühlt sich sehr gut an. Es ist nicht so, dass man zurückblickt und denkt, was war das für eine lange Zeit. Es fühlt sich immer noch ganz frisch an. Blickt man aber en detail zurück, merkt man schon, wir haben ganz schön was gerissen.
Hätten Sie je gedacht, dass die Reihe so erfolgreich wird, dass es so viele Filme geben wird?
Bezzel: Auf keinen Fall. „Dampfnudelblues“ war ja als Fernsehfilm geplant, da hieß es, wenn wir Glück haben, gibt es einen zweiten Teil. Und ganz vielleicht wird das eine lockere Reihe. Aber da war schon sehr der Wunsch der Vater des Gedankens. Dass es aber in dieser Taktung und dann auch noch im Kino stattfindet, damit hat keiner gerechnet. Dafür gibt es ja auch keine Beispiele.
Potthoff: Bei den ersten Kinotouren hat man gemerkt, wie glücklich wir die Menschen mit diesen Filmen machen. Der Tourmanager warnte anfangs noch: „Das Burgenland hat funktioniert, aber Innsbruck könnte ganz anders sein.“ War es aber nicht. Auch da haben sich die Menschen sehr gefreut. Und das wurde von Jahr zu Jahr mehr.
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Die ersten Eberhofer-Krimis kamen nur in Süddeutschland ins Kino, jetzt starten sie deutschlandweit. Existiert der Weißwurstäquator nicht mehr? Wird dieser Humor auch in Norddeutschland verstanden?
Bezzel: Ja – weil es keine Bayernkomödien sind, sondern Provinzkomödien. Das sage ich immer wieder: Das sind Archetypen, die überall verstanden werden. Ich vergleiche das auch gern mit Asterix: Wir haben den Mikrokosmos eines Dorfs mit verrückten Figuren, die man als Fan alle bedient sehen will, aber dann gibt es auch die Helden, die ein Abenteuer bestehen. Asterix ist auch sehr beliebt in Deutschland, obwohl die Comics in der Bretagne spielen. Das siehst du auch so, oder?
Potthoff: Ich sehe das ganz genauso. Ich werde den Teufel tun und Sebastian widersprechen. Das sollte man nie tun. Weil ich ihm immer zustimme, haben wir zehn erfolgreiche Jahre. (lacht)
Bezzel: Es wär‘ toll, wenn’s so wäre. (lacht ebenfalls)
Es klingt schon an: Sie spielen von Anfang an ein Paar, dass sich immer mal liebevoll zofft. Sind Sie damit inzwischen ein eingespieltes Team?
Potthoff: Sagen wir so: Wir kennen die Schwächen des anderen erschreckend gut…
Bezzel: (unterbricht) Ich kenne deine Schwächen nicht. Weil ich der Meinung bin, dass du keine hast.
Potthoff: Soooo wird ein Schuh draus. Wir haben uns einfach früh darauf geeinigt, die Schwächen zu akzeptieren und in stiller Resignation einfach weiterzumachen. Und die wenigen guten Seiten, die der andere hat, herauszupicken und sich an ihnen zu erfreuen. Damit fahren wir ganz gut. Das ist übrigens das Geheimnis einer jeden Ehe. Das gilt auch für Film-Ehen.
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Bezzel: Mit Lisa geht es mir ähnlich wie mit Simon Schwarz: Wir sind auf einer Wellenlänge. Wir kennen uns so gut, dass die ganzen Allüren schon mal wegfallen, anderen beweisen zu müssen, was für ein toller Hengst ich bin. Wir haben keine Vorhaltungen, wir können direkt loslegen. Das ist sehr vertraut und angenehm. Und dann ist Lisa auch noch so ein heißer Feger!
Potthoff: Na, das kam aber spät. Ich hab dir doch gesagt: Das sollst du am Anfang eines jeden Gesprächs sagen! Das ist einer Frau immer wichtig: Scheiß auf die Hintergründe, Hauptsache wir sehen gut aus. (lacht) Nein, ich trau mich kaum, es zu sagen, weil es so doof klingt: Aber wir sind alle, vor und hinter der Kamera, ganz nüchterne Arbeitstiere. Wir wollen einfach einen guten Job machen.
Bezzel: Ich habe beim ersten Drehtag eines neuen Eberhofer-Krimis auch immer das Gefühl, es seien nur ein paar Tage vergangen seit dem letzten. Weil das so vertraut ist. Und das macht die Arbeit sehr angenehm.
Potthoff: Und trotzdem bin ich immer wieder auch nervös, ob ich das spielen kann. Das ist komisch, weil man die Figur ja seit zehn Jahren spielt. Aber das ist auch schön, weil es eben nie Routine wird, weil es mich demütig hält, immer mein Bestes zu geben und das nicht auf der linken Arschbacke abzusitzen.
Bezzel: Sondern auf der rechten! (beide lachen)
Potthoff: Sie sehen, die Komödie liegt ihm!
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Im neuen Film wird das Kräfteverhältnis mal umgekehrt. Susi macht Karriere als Bürgermeisterin, Franz soll nur noch halbtags arbeiten und kriegt deshalb Erektionsstörungen. Ist das ein Frontalangriff auf den weißen Mann?
Bezzel: Aber die ganze Reihe ist doch ein Angriff auf den alten weißen Mann! Die kriegen doch dauernd einen Dämpfer in unseren Filmen ab, das finde ich auch richtig so. Es ist ein sehr ernstes und wichtiges Thema. Aber gerade deshalb ist es auch ein dankbares Komödienfutter. Das haben wir aber auch schon in früheren Filmen immer gemacht: Da ging es mal um Altersdiskriminierung, mal um latenten Rassismus oder einfach um die Angst vor Reformen, überhaupt: Vor neuem. Die Eberhofer-Filme sind da viel politischer, als man glaubt. Das sind keine profanen Komödien
Potthoff: Susi for President, das zu drehen war herrlich. Es greift auf humoristische Weise eine gesellschaftliche Debatte auf, die ich sehr wichtig finde. Ich habe ja selbst zwei Töchter und wünschte mir, es wäre kein Thema mehr, wenn sie erwachsen sind. Aber das wird es wohl immer noch sein. Ich versuche meinen Kindern mit auf den Weg zu geben, dass sie eine große innere Stärke und Ausgeglichenheit haben, um den Widrigkeiten des Lebens zu begegnen. Und ich hoffe, dass sie sozial denkende aktive Menschen werden, die auch was verändern und bewegen wollen. Das würde ich aber genauso tun, wenn ich zwei Jungs hätte. Die Gesellschaft soll sich weiter entwickeln und nicht, wie es momentan teilweise aussieht, zurück.
Bezzel: Bei der letzten Premiere gab es die Fußball-Europameisterschaft der Frauen, jetzt ist es die Weltmeisterschaft. Aber da habe ich mich in den letzten Tagen sehr wundern müssen. Denn das ist leider auch im Jahr 2023 immer noch ein Thema: Dürfen Frauen Fußball spielen, muss man sich das im Fernsehen anschauen? Keiner zwingt einen dazu. Aber wer das gerne tut, muss das doch bitte schön machen können. Dennoch finde ich, dass es kleine Schritte nach vorn gibt. Und wir arbeiten auch mit unseren Filmen in die richtige Richtung.
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Herr Bezzel, sehr hübsch ist der Auftritt von Eva Mattes, mit der Sie fast auch eine erotische Szene haben. Mit ihr haben Sie Jahre lang beim Konstanzer „Tatort“ gespielt. Wie war das erneute Zusammentreffen – und geht das womöglich auf Sie zurück?
Bezzel: Nein, das geht auf unseren Regisseur Ed Herzog zurück, der bei allen Eberhofer-Krimis Regie führt. Ed hat auch ein paar „Tatort“-Folgen gedreht und arbeitet auch sonst sehr gern mit Eva. Aber wie gesagt: Es gibt Menschen, da kannst du mich um fünf Uhr in der Früh anrufen und sagen: Du musst jetzt gemeinsam eine Szene spielen. Dann mach ich das auch, aus dem Stand. Weil es keine Anlaufschwierigkeiten gibt. Wie mit Lisa, wie mit Simon. Eva und ich, wir sind sehr befreundet. Und es macht immer wieder Spaß, mit ihr zu arbeiten.
Sie haben jetzt neun Filme gedreht. Wie viele könnten da noch kommen?
Potthoff: Das ist offen. Wir schauen immer nur von Film zu Film. Jetzt muss der nächste Roman auch erst mal geschrieben werden. Dann werden Entscheidungen gefällt.
Bezzel: Und es hängt immer mit der Qualität der Bücher zusammen. Aber ich finde es super, wie Ed Herzog mit seinem Team das Niveau der Filme hoch hält. Auch bei den Schauspielern achtet jeder darauf, dass man Qualität abliefert. Wenn das so weiter geht, dürfen das gern auch hundert Filme sein. Wenn es aber nicht mehr so ist, dann gibt es eben keinen mehr.
Potthoff: Mir ist noch ganz wichtig: Die Freundschaft zu Sebastian und auch unsere berufliche Verbindung ist nicht nur an die Eberhofer-Filme gekoppelt. Uns gab es in dieser Kombination schon vorher, unseren ersten gemeinsamen Film drehten wir, da war ich 19 und Sebastian war Mitte 20. Und wir haben beide Karrieren jenseits des Eberhofers. Deshalb sind wir auch so entspannt. Selbst wenn mal die letzte Klappe für Eberhofer fallen sollte oder sie jetzt schon beim „Rehragout-Rendezvous“ gefallen ist, das wissen wir ja gar nicht – wir würden uns wieder begegnen. Und wenn nicht vor der Kamera, dann halt privat.
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Das heißt, Sie haben nicht einen Dauervertrag unterschrieben, bei dem man sich für Fortsetzungen verpflichtet, sondern verhandeln von Film zu Film neu?
Bezzel: So wurde das immer gehalten bei dieser Reihe. Es wurde auch nie während einer Arbeit schon vom nächsten Film gesprochen. Einmal war es so, dass zwei Filme sich in die Quere kamen. Da haben wir „Sauerkrautkoma“ gedreht und mussten währenddessen noch Postproduction für „Grießnockerlaffäre“ machen. Aber das fanden wir alle nicht gut. Wir machen jeden Film für sich. Und es müssen alle wieder gern zusammenkommen.
Ist das vielleicht auch genau das Geheimnis dieser Reihe?
Bezzel: Absolut. Und die Zeit läuft uns ja nicht weg. Wir könnten auch mal 20 Jahre Pause machen. Und dann erlebt der Pauli, der jetzt unser Kleinkind ist, die Abenteuer, und ich bin der Papa, der zu Hause grantelt. Das würde die Reihe absolut hergeben. Deshalb haben wir da überhaupt keinen Druck.
Potthoff: Wir freuen uns immer, wenn wir wieder zusammenkommen. Mal schauen, was die Zukunft bringt. Aber jetzt denken wir erst mal an die Kinotour.
Wird das Zehnjährige jetzt eigentlich besonders gefeiert?
Potthoff: Also, ich habe von Sebastian noch kein Geschenk bekommen. Ich bin aber ganz sicher, dass in den nächsten Tagen da was auf mich wartet. (lacht)
Bezzel: Nein, es wird nicht besonders gefeiert. Weil wir nicht zurückgucken, sondern immer im Jetzt sind.
Potthoff: Na, so macht man sich‘s einfach.
Bezzel: Außerdem ist unser Leben ja sowieso eine einzige Party.