Iris Laufenberg

Deutsches Theater: Das plant die neue Intendantin

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Iris Laufenberg im Deutschen Theater.

Iris Laufenberg im Deutschen Theater.

Foto: Maurizio Gambarini / FUNKE Foto Services

Iris Laufenberg stellte als neue Intendantin des Deutschen Theaters ihr Team und Premieren der ersten Spielzeit vor.

Iris Laufenberg, die künftige Intendantin des Deutschen Theaters, hatte am Donnerstag einen Ausblick auf ihre erste Spielzeit am Haus gegeben. Eines kann man nach der Pressekonferenz behaupten: Die Neuen wollen ihren Spaß haben und sich dabei selbstbewusst zeigen. Laufenberg, die erste Intendantin in der gut 140-jährigen Geschichte des Berliner Vorzeigetheaters, betonte am Donnerstag den Wert des Miteinanders. Das Theater sei nicht nur Kunst, sagte sie, sondern auch ein Betrieb. Es gehe auch darum, miteinander Arbeitsformen zu finden, die im besten Sinne nachhaltig seien. „Und in meinen Augen sind Hierarchien weniger nachhaltig.“

Genau genommen moderierte die 57-jährige Intendantin eine Art Talkshow mit wechselnden Gesprächspartnern und diversen Schlagworten. Es gab im Raum immer wieder Zwischenbeifall und regelmäßig Lacher. Zweifellos hat die neue Generation der Autoren und Regisseure viel Witz in ihrer künstlerischen Weltsicht. Dabei rückt einiges fast in die Nähe von grüblerischen Comedians wie Torsten Sträter oder Till Reiners. Die Gesellschaft wird lustvoll zerlegt. Und sie kann irgendwie in Österreich, der früheren DDR oder im globalen Süden verwurzelt sein.

Der alte weiße Mann bekam am Donnerstag übrigens keinen Platz mehr auf dem Podium. Dr. Böhm saß in der ersten Reihe neben seinem Puppenspieler, Regisseur und Kunstpfeifer Nikolaus Habjan. Das Stück „Böhm“ von Autor Paulus Hochgatterer beschäftigt sich mit dem berühmten Dirigenten und Nazi-Kollaborateur. Die Puppe ist wirklich ein hässlicher Kotzbrocken, so will keiner rüberkommen. Man wird sehen, ob sich so genannte alte weiße Männer künftig im durchgegenderten Deutschen Theater noch aufgehoben fühlen. Nikolaus Habjan stellt sich in der ersten Spielzeit mit drei bestehenden Inszenierungen vor. Überhaupt hat Iris Laufenberg einiges von ihrem Schauspielhaus Graz, das sie noch leitet, planerisch übernommen.

Deutsches Theater: Der Bruch ist bereits deutlich im neuen Ensemble erkennbar

In Berlin kennen viele Iris Laufenberg noch vom Theatertreffen der Berliner Festspiele. Das Festival leitete sie von 2003 bis 2011. Dann verschwand sie nach Bern und schließlich nach Graz. Am Deutschen Theater löst sie jetzt den Intendanten Ulrich Khuon ab. Und der Bruch ist bereits deutlich im Ensemble erkennbar. Das neue Ensemble besteht aus 35 festengagierten Schauspieler:innen. Rund 40 Prozent wurden übernommen, 30 Prozent sind Weggefährten von Laufenberg aus Graz und weitere 30 Prozent kommen als Berufseinsteiger oder neu Verpflichtete ans Haus. Bekannte Gesichter wie Ulrich Matthes und Maren Eggert bleiben im Ensemble.

Als ersten Talkshow-Gast rief die Intendantin am Donnerstag das aus Kenia stammende neue Ensemblemitglied Mercy Dorcas Otieno aufs Podium. Die Schauspielerin erzählte, dass sie früher als Au-pair gearbeitet hat, zunächst Soziologie und später Schauspiel am Max-Reinhardt-Seminar in Wien studierte. Wortreich erzählt sie von ihrem Traum, der sich erfüllt hat. Sie berichtete aber auch von den Problemen, die deutsche Sprache zu erlernen.

Inzwischen ist Mercy Dorcas Otieno eine versierte Schnellsprecherin voller Leidenschaft und Zuversicht. Am 17. September ist sie in der Kammer zu erleben, wenn Suzie Millers Stück „Prima Facie“ in der Regie von András Dömötör seine deutschsprachige Erstaufführung erlebt. Wobei Mercy Dorcas Otieno den Monolog auf Deutsch und Englisch spielen spielen. Sie verkörpert eine erfolgreiche Strafverteidigerin, die selbst Missbrauch erlebt hat, in einem seit Jahrhunderten männlich geprägten Rechtssystem.

Ein Stück über einen Roman von Robert Habeck und Andrea Paluch

In ihrer ersten Spielzeit 2023/24 will Laufenberg auch mit der Autorin und Theaterregisseurin Nino Haratischwili zusammenarbeiten, die zuletzt mit ihrem georgischen Familienroman „Das achte Leben“ bekannt geworden ist. Auch sie findet sich in der Talkshow wieder. Geplant sind etwa die Uraufführung von Rainald Goetz’ „Baracke“ in der Regie von Claudia Bossard (Premiere am 22. September) und eine Theaterarbeit, die sich mit einem Roman des heutigen grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck und dessen Frau Andrea Paluch auseinandersetzt. Dabei sollen in der Regie von Jan-Christoph Gockel der Roman „Hauke Haiens Tod“ mit Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ zusammengebracht werden.

Eröffnet wird die neue Spielzeit am 16. September mit Alexander Eisenachs Uraufführung „Weltall Erde Mensch“. Es ist als eine unwahrscheinliche Reise angekündigt, dabei ist es auch ein Stück Hausgeschichte. Der Titel geht zurück auf ein populäres Buch, dass in der DDR jeder Heranwachsende zu seiner Jugendweihe erhielt – um das Wissen über den historischen Materialismus zu festigen. Im Buch geht es um viel Technologisches und die Zukunft, an die es zu glauben galt. Juri Gagarin lächelt einem aus seinem Kosmonautenhelm entgegen. Zu DDR-Zeiten fanden auch im Deutschen Theater Jugendweihen statt, erzählt Alexander Eisenach. Er bekam sein Buch in einer Sporthalle in Lichtenberg.

Viel war über das neue Stück am Donnerstag nicht zu erfahren. Aber als Jahrgang 1984 hat Eisenach die real existierende DDR kaum noch wahrgenommen, er benutzt sie spielerisch als Folie. Auf Basis des russischen Kosmismus sowie sozialistischer als auch amerikanisch-feministischer Science-Fiction-Literatur wolle man gemeinsam, heißt es, in eine fiktive Zukunft aufbrechen und dort nach neuen Gesellschaftsentwürfen suchen. Gute Reise!