Die kleine Naíma Sentíes besticht im mexikanischen Wettbewerbsfilm „Tótem“, bringt das Publikum zum Heulen – und heult dann selbst.
Es sind so große Augen. Und sie schauen so innig, dass es einem das Herz zerreißt. Die kleine Naíma Sentíes spielt die Hauptrolle im mexikanischen Wettbewerbsbeitrag „Tótem“. Und von Anfang an leidet man mit diesem Mädchen namens Sol, das doch die Sonne im Namen trägt, aber Schatten auf dem Herzen.
Es ist der Geburtstag ihres Vaters. Die Siebenjährige hat einen Kuchen für ihn gebacken und eine Performance eingeübt. Aber auf dem Weg zum Papa kommen erste Fragen auf: Warum fährt die Mama mit der Tochter zu ihm? Und dann fragt die Mutter, ob Sol sich was wünschen würde. Und das Mädchen nickt: Ja, dass Papa nicht stirbt.
Ein Mädchen, das allen nur im Wege steht - und dessen Vater sich nicht zeigen will
Papa Tona (Mateo Garcia) ist schwer krank und wird deshalb im Haus seiner Schwester gepflegt. Im selben Zimmer, in dem vor Kurzem erst die Großmutter gestorben ist. Tona ist eigentlich zu schwach für eine Fete, eine seiner Schwestern will sie ihm aber unbedingt ausrichten.
Worüber sie sich mit der anderen Schwester verkracht. Als die Mama ihre Tochter schon mal hinfährt – sie muss noch arbeiten und kommt später –, da sitzt die kleine Sol nun in dem großen Haus. Steht allen im Weg. Wird von ihrer Cousine gehänselt. Und will doch nur den Papa sehen, der sich ihr in seinem Zustand nicht zeigen mag.
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„Tótem“ von Lila Avilés ist ein Kammerspiel, das fast ausschließlich in dem Haus spielt und im Chaos dieser Familie. Alles geht da schief: Ein Tortenboden verkohlt im Ofen, weil alle mit den Gedanken woanders sind. Eine Voodoo-Hexe soll die bösen Geister vertreiben.
Das wird nichts nützen, sie lässt sich das aber gut bezahlen. Obwohl doch keiner mehr Geld hat. Weil alles für die Pflege des Bruders draufgeht. Aber man will ihm nun mal diese Party ausrichten. Von der bald klar wird, dass sie nicht nur ein Geburtstagsfest ist, sondern vor allem das: ein Abschied.
Die Buchstaben des Filmtitels auf die Fingernägel gemalt
Ein kleines, aber intensives und zutiefst menschliches Drama. Mit dem wohl traurigsten Filmende des Festivals. Sol steckt die Kerzen auf ihrem Kuchen an, aber alle feiern nur die verkohlte Torte. Das Licht um Sol wird dunkel, sie schaut uns direkt an. Und bringt uns zum Heulen. Auf der Pressekonferenz heulte die kleine Darstellerin dann selber. Aber eher vor Aufregung. Die Buchstaben des Filmtitels hat sie sich auf die Fingernägel gemalt.
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