Blut-und-Boden-Folklore im Gewand des Schlagers: Marlene Engel macht an der Volksbühne ein Medienphänomen zum Musical.

Als die Kunstfigur Hyäne Fischer 2018 mit ihrem Song „Im Rausch der Zeit“ die Bühne betrat und für Österreich beim Eurovision Song Contest antreten wollte, herrschte großes Rätselraten: Wer war diese Frau, die dort, umringt von einem Frauenchor in Lodenkleidung, so lustvoll mit einer Mischung aus Schlager und Synthiepop in die Abgründe der Blut-und-Boden-Folklore blickte? Und konnte man zulassen, dass so jemand das „kleine kotelettförmige Land“ (Bernd Eilert) beim längst über die Grenzen der Europäischen Union hinausgewachsenen Gesangswettbewerb vertreten sollte? Auch im Nachbarland Deutschland sorgte man sich, zumal der ESC ja in Israel stattfinden sollte. „Doch schickt es sich wirklich, eine ,Eva Braun‘ in Tel Aviv auf die Bühne zu bringen?“, fragte sich etwa der „Tagesspiegel“.

Der neue Song: Hodenlos an die Macht

Inzwischen weiß man, dass die Hyäne aus dem Umfeld der „Burschenschaft Hysteria“ stammt, einem feministischen Projekt aus Österreich, dass die Rituale der Männerbünde aufs Korn nimmt. Vor ein paar Wochen machte im Netz ein Song mit dem Titel „Hodenlos an die Macht“ die Runde, das Helene Fischers „Atemlos“ in eine weiblichen Kampfansage an das Patriarchat umkrempelte – und Vorfreude auf das an der Volksbühne angekündigte Musical schürte. Die Musikkuratorin Marlene Engel, die Komponistin Eva Jantschitsch und die Autorin Lydia Haider (die zur „Burschenschaft Hysteria“ gehört) versuchen darin, den provokanten Geist der kurzen Intervention auf einen anderthalbstündigen Abend auszuweiten. Und das klappt leider nicht so ganz.

Hyäne Fischer: Der Funke bleibt leider aus

Man sieht fast ausschließlich Frauen auf der Bühne, gekleidet entweder in Camouflage oder in Gala-Kostümierung. Hyäne Fischer, das sind hier im Wechsel Kathrin Angerer, Rosa Lembeck, Silvia Rieger, Marie Rosa Tietjen und Katarina Maria Trenk. Ihre Gesangseinlagen werden von Monologen unterbrochen, die sich in biblischer Diktion ums Martialische drehen, das die matriarchalische Revolution nun einmal mit sich bringt. Kathrin Angerer schwebt zwischendurch als eine Art Bundeskrähe durchs Geviert. Ein richtiger Funke springt dabei nicht über, und viel feine Ironie ist nur durch Lektüre der englischsprachigen Übertitelung zu erfassen. Denn die Akustik der Volksbühne, man muss es einmal deutlich sagen, ist miserabel.

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte. Termine: 3.12., 16.12., 28.12., 31.12., jeweils 19.30 Uhr.