Konzert

Billie Eilish in Berlin: Die Fans sind außer sich

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Heike Dietrich
Die Erfolgsgeschichte von Billie Eilish

Die Erfolgsgeschichte von Billie Eilish

Düstere Klänge und extravagante Outfits - dafür ist Billie Eilish bekannt. Jetzt erscheint ihr zweites Solo-Album.

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Die US-amerikanische Sängerin Billie Eilish kam für ein Konzert nach Berlin - und brachte die Mercedes-Benz Arena zum Explodieren.

Berlin. Eigentlich muss Billie Eilish natürlich gar nichts mehr beweisen. Aber dann kommt dieser Moment, im zweiten Teil des Konzertes in der Mercedes-Benz Arena in Berlin. Wo einfach vollkommen klar ist: Das hier, das ist ein Star.

Es ist der Moment, als sich die 20-jährige US-amerikanische Popsängerin in eine Kanzel auf einer Hebebühne begibt. Lässig an das Geländer gelehnt, lässt sie sich in die Höhe und dann im Halbkreis an den Oberrängen der ausverkauften Halle vorbei fahren. Wohl keiner der Fans im Alter von zumeist vielleicht 15 bis 30 Jahren hätte wohl damit gerechnet, hier, am gegenüberliegenden Ende des Saals und schon so weit unter dem Dach, dem Idol doch so nah kommen zu können. Für solche Nähe hatten einige ganz Hartgesottene seit vergangenem Montag vor der Halle kampiert. Die Begeisterung im Raum kennt keine Grenzen. Dabei wirkt Eilish selbst, als nähme sie ein entspannendes Schaumbad.

Billie Eilish: Auge in Auge mit den Fans

Um 21.02 Uhr hatte das Spektakel seinen Lauf genommen. Aus den Boxen kommt „Gimme, Gimme“ von ABBA. Der Saal singt. ABBA? Es ist nur ein kurzes Warmsingen. Dann springt Billie Eilish auf die Bühne. Dunkle, inzwischen nicht mehr blonde Zöpfe, bedrucktes weites Shirt, Radlerhosen. Auf den Videowänden ist zu sehen, wie sie unter ihrem Pony mädchenhaft lächelnd mit den Zuschauern flirtet.

Ihre Anhänger sind außer sich. Kreischen, singen, tanzen, springen. Eilish eröffnet den Abend mit „Bury a Friend“ von ihrem ersten Album. Ein ohrenbetäubender, treibender Bass, eine riesige Bühne mit praktisch nichts darauf als drei Personen: Billie selbst, ihr Schlagzeuger sowie natürlich ihr Bruder Finneas an den Synthesizern. Ansonsten eine riesige LED-Wand und davor sie, die koboldhaft tanzende Person im Laserlicht. Cool, minimalistisch und trotzdem warmherzig. Kaum zu glauben, mit wie wenig Billie Eilish ihre Wirkung entfaltet.

Überhaupt: Was diese gerade 20-jährige Frau aus Los Angeles bereits erreicht hat, kann nicht anders als mit Staunen betrachtet werden. Billie Eilish ist ein Phänomen. Schon vor sieben Jahren, also mit gerade 13, begann sie, mit ihrem Bruder Songs zu schreiben und Musik zu produzieren. Ein Team aus einem Guss.

Die Bande zwischen den beiden sind bis heute eng. Zeigen sie sich zusammen, sparen sie nicht an liebevollen Worten. Das Gespräch mit dem US-amerikanischen Unterhalter David Letterman für seine Netflix-Reihe „My Next Guest Needs No Introduction“ gibt davon einen bewegenden Eindruck. Bis heute bastelt Finneas mit der gleichen Akribie wie seine Schwester die Songs zusammen. Für „Happier Than Ever“ zum Beispiel, dem Titelstück des zweiten Albums, hat Billie Eilish 87 Audiodateien eingesungen, die auf eine Tonspur gelegt und zu dem Song montiert wurden, wie sie Letterman erzählen. Live wirkt das alles unfassbar kraftvoll, verschmitzt und energiegeladen. So als sei das alles gar nichts.

Selbst den Oscar-Award erhielt die 20-Jährige

Allein fünf Grammys hat Billie Eilish 2020 gewonnen. Für manchen Musiker wäre damit die Karriere vollendet. Billie Eilish aber steigerte sich noch und gewann für den James-Bond-Titelsong „No Time To Die“ in diesem Jahr den Oscar und den Golden Globe Award, weitere Auszeichnungen folgen. Und wie schon das erste Album 2019 „When We All Fall Asleep, Where Do We Go?“, landete auch der zweite Longplayer „Happier Than Ever“ im vergangenen Jahr in vielen Ländern an der Spitze der Charts.

Energetische elektronische Beats wechseln an diesem Abend mit einigen leiseren Stücken, die von Eilish und ihrem Bruder lediglich auf der Gitarre begleitet werden. Die Video-Projektionen im Hintergrund zeigen mal Filme mit Szenen aus Eilishs Kindheit, mal gruselige Spinnenbeine in Nahaufnahme. Es sind vielleicht diese Gegensätze aus Coolness und Warmherzigkeit, die den Star Billie Eilish ausmachen.

Kaum zu glauben, dass sie selbst bei Letterman sagte, sie leide an einer Art Hochstapler-Syndrom: Sie liefe herum mit dem Gefühl, nur so zu tun, als sei sie ein Star. Es ist ganz eindeutig – diesen Eindruck hat am Donnerstagabend niemand. Mit ihrem großen Hit „Bad Guy“ wartet Billie Eilish bis 22.30 Uhr. Dann explodiert die Halle noch einmal. Es knallt, Konfettischnipsel flattern von der Decke. Dann zum Abschied noch einmal jenes schmeichelnde „Happier Than Ever“. Ein großartiger Abend.