Komische Oper

Barrie Kosky: „Er ist ein Teil von unserer Familie“

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Präsentieren ihre Pläne für die Komische Oper: Susanne Moser, Geschäftsführende Direktorin (v.l.), Intendant Barrie Kosky und Generalmusikdirektor Ainars Rubikis.

Präsentieren ihre Pläne für die Komische Oper: Susanne Moser, Geschäftsführende Direktorin (v.l.), Intendant Barrie Kosky und Generalmusikdirektor Ainars Rubikis.

Foto: Maurizio Gambarini

Intendant Kosky kündigt eine Operninszenierung des gerade aus dem Hausarrest entlassenen, russischen Regisseurs Serebrennikov an.

Berlin. Eine kleine Abordnung der Komischen Oper war am Wochenende noch in Moskau und hat den unter Hausarrest gestellten Regisseur Kirill Serebrennikov besucht. Am Montag wurde überraschend bekannt, dass der 49-Jährige wieder vor die Tür darf, allerdings muss er sich noch in der Stadt aufhalten.

Die russische Justiz wirft dem gesellschaftskritischen Theaterchef die Veruntreuung von Fördermitteln vor. In der kommenden Saison wird Serebrennikov an der Komischen Oper Igor Strawinskys Werk „The Rake’s Progress“ (Premiere: 14. Juni 2020) inszenieren, wurde am Dienstag in Berlin verkündete. „Wir sind relativ sicher, dass er hier sein wird“, sagt Intendant Barrie Kosky und fügt hinzu: „Er ist ein Teil von unserer Familie.“ Serebrennikov hatte bereits 2016 bei ihm Rossinis „Barbier von Sevilla“ inszeniert.

Neun Premieren sind geplant

Für die Saison 2019/20 plant die Komische Oper neun Premieren, darunter mehrere Operetten, die längst zu einem Markenzeichen von Koskys Ära geworden sind. Angekündigt ist die Aufführung einer lange verschollenen Operette des jüdisch-tschechischen Komponisten Jaromir Weinberger (1896-1967) für den einstigen Startenor Richard Tauber. Kosky verweist darauf, dass über „Frühlingsstürme“ – die letzte Operette, die in der Weimarer Republik Premiere feierte – viel geschrieben wurde.

Auch, weil Tauber in der Premiere im Januar 1933 erstmals von Nazis antisemitisch beschimpft worden war. Nach 20 Aufführungen im Admiralspalast wurde die Operette im März 1933 von den Nazis abgesetzt. Die Partitur gilt als verschollen, für Koskys Wiederentdeckung wird sie neu orchestriert. Die Premiere soll am 25. Januar 2020 sein, und Kosky ist stolz darauf.

Der Komponist Weinberger ist überhaupt ein Schwerpunkt der Saison, wozu auch die Neuinszenierung (Premiere: 29. März 2020) seines Welterfolgs „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“ von 1927 gehört. Die Regie führt Andreas Homoki, der Koskys Amtsvorgänger an der Komischen Oper war.

Spielzeit wird mit „The Bassarids“ eröffnet

Barrie Kosky und Dirigent Vladimir Jurowski eröffnen die Spielzeit am 13. Oktober 2019 mit „The Bassarids“ von Hans Werner Henze. Richard Jones inszeniert Händels „Jephtha“ in der Barockreihe. Die Premiere am 17. Mai 2020 dirigiert Alte-Musik-Spezialist Christian Curnyn. Verdis „La Traviata“ (Premiere: 1. Dezember 2019) wird von Nicola Raab in Szene gesetzt, Kosky kündigt eine etwas modernere Sicht auf die Sexarbeiterin an. In der Titelpartie werden die Ensemblemitglieder Nadja Mchantaf und Vera-Lotte Böcker ihre Rollendebüts geben. Als Kinderopern-Uraufführung ist „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Michael Ende angekündigt. Die Komische Oper gehört zu den Vorreitern von Kinderopern, die im Großen Saal aufgeführt werden. Die Inszenierung von Christian von Götz hat am 3. November 2019 Premiere.

Die Komische Oper hat weiterhin einen guten Lauf. Susanne Moser, Geschäftsführende Direktorin, verweist darauf, das die durchschnittliche Auslastung zwischen September und Ende März den Rekordstand von 94,6 Prozent erreichte. Für die gesamte Saison hofft man auf 90 Prozent.

Zwei Kosky-Inszenierungen pro Spielzeit geplant

Es beginnt jetzt die achte von zehn Spielzeiten mit Kosky als Intendanten. Danach wechselt er in die Position als Hausregisseur. Geplant sind anschließend zwei Kosky-Inszenierungen pro Spielzeit – jeweils eine Oper und eine Operette. Susanne Moser tritt als Intendantin seine Nachfolge an. Es ist eine Übergangszeit, denn die Komische Oper wird ab 2022 für 230.000 Millionen Euro fünf Jahre lang generalsaniert und in Teilen neugebaut. Die insgesamt 420 Mitarbeiter ziehen ins Schiller-Theater und wollen von dort aus verschiedene Orte, möglicherweise auch im Land Brandenburg, bespielen. Für das Opernhaus soll in den nächsten Wochen ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden. Das Ergebnis wird in gut einem Jahr erwartet. „Ich möchte ein Weltgebäude haben“, betont Kosky.