Deutsche Oper

Deutsche Oper startet in die neue Spielzeit

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Szene aus der „Zauberflöte“ in der Inszenierung von Günter Krämer in der Deutschen Oper Berlin

Szene aus der „Zauberflöte“ in der Inszenierung von Günter Krämer in der Deutschen Oper Berlin

Foto: Bettina Stoess / ©Bettina Stoess

Die Deutsche Oper startet in die Spielzeit. Ohne das große Orchester – das gastiert beim Ravello-Festival.

Berlin. In der Deutschen Oper werden sich am heutigen Sonnabend um 14 Uhr die Türen zum großen Eröffnungsfest öffnen. Im ganzen Haus sind Workshops, Mittmachkonzerte oder Kostümanproben zu erleben, Probenbesuche sind möglich. „Wir wollen ein Publikum erreichen, das nicht unbedingt ständige Operngänger sind. Es ist die Idee, dass Familien mit Kindern hinkommen und Opernluft schnuppern“, sagt Intendant Dietmar Schwarz. Natürlich hoffe man, dass die Besucher auf das allabendliche Angebot neugierig werden.

Das heutige Eröffnungskonzert mit Ausschnitten aus dem Opernrepertoire wird der Intendant ab 20 Uhr gemeinsam mit Dorothea Hartmann, der Leiterin der kleinen Spielstätte „Tischlerei“, moderieren. „Darüber hinaus werde ich gemeinsam mit der Sängerin Alexandra Hutton im Foyer aus deutschen und englischsprachigen Verrissen der Deutschen Oper vorlesen“, sagt Schwarz. Schlechte Kritiken über eigene Produktionen zu präsentieren, das braucht wohl einiges an Selbstironie.

Die Charlottenburger Oper macht einige ungewöhnliche Dinge, die in Öffentlichkeit unbemerkt bleiben. In diesem Jahr war es die Eröffnungswoche selbst: Während im Opernhaus Mozarts „Zauberflöte“ aufgeführt wurde, spielte das große Orchester mitsamt Generalmusikdirektor Donald Runnicles zeitgleich beim Ravello-Festival an der italienischen Amalfi-Küste. Die Aufteilung auf zwei Spielstätten kennt man aus anderen Städten, aber in Berlin hingegen ist es unüblich. Es gibt entweder Opern- oder Konzertorchester. Die Deutsche Oper spielte Mozart in Berlin mit 51 Musikern, beim Wagner-Festival in Ravello gastierten 88 Instrumentalisten. Das Orchester war mit Akademisten und einigen Aushilfen verstärkt worden.

„Gastspiele sind von enormer Wichtigkeit“, sagt Donald Runnicles: „Dieses Gemeinsame-im-Bus-oder-im Flugzeug-Sitzen, wenn sich die Musiker einmal jenseits der Musik näher kennenlernen. Plötzlich sprechen die Kollegen miteinander, die im Opern­alltag gar nicht dazu kommen.“ Und sie würden auch ihn besser kennenlernen, sagt der Generalmusikdirektor. „Die Atmosphäre ist etwas lockerer.“

Notenblätter werden vom Wind verweht

Das Festival ist berühmt-berüchtigt für die Notenblätter, die vom Wind ins Mittelmeer geweht werden. Auch diesmal sah man wieder Berliner Musiker, die damit beschäftig waren, ihre Noten festzuhalten und mit Wäscheklammern an den Pulten zu sichern. Das Festival findet in der Villa Rufolo statt. Die Familie Rufolo hatte im 12. Jahrhundert ihr Anwesen auf einem Felsvorsprung bauen lassen, die moderne Bühne, auf der das Orchester sitzt, ragt noch darüber hinaus. Es ist rundum ein magischer Ort, gerade auch für Wagner-Fans. In den Gärten der Villa fand Richard Wagner im Jahr 1880 die Anregung für das Bühnenbild des 2. Aktes seines „Parsifal“. Der Akt ist mit „Klingsors Zaubergarten“ überschrieben, in den Konzertpausen flaniert das Publikum heute durch einen kleinen Park, der daran erinnern soll.

Donald Runnicles übernachtet im Hotel Parsifal, einer alten Villa mit Blick auf die Amalfi-Küste. „Es ist wahnsinnig schön, bei einem Festival am Mittelmeer zu sein. Außerdem wissen wir, dass Ravello ein Lieblingsort von Richard Wagner war“, sagt der Dirigent: „Die kleine Stadt ist an allen Ecken und Enden eng verbunden mit dem Namen Wagner. Wie schön und poetisch ist es, dass das Orchester hier mit einem Wagner-Programm auftritt.“

Das Programm mit Highlights aus „Tannhäuser“, „Lohengrin“ und „Tristan und Isolde“ sowie den Wesendonck-Liedern ist schon ein Heimspiel für das Orchester der Deutschen Oper. Allerdings ist die Akustik der Open-Air-Bühne tückisch – eben wie vom Winde verweht. Musiker erzählen im Nachhinein, dass sie kaum ihre Nachbarn hören konnten, sich künstlerisch quasi nackt fühlten. Auf der Bühne ist die Professionalität des Miteinanders gefragt. Donald Runnicles lässt Wagners Klangwelten sorgfältig aufschichten und sich entwickeln. Die vier mitgereisten Sänger, voran Sopranistin Allison Oakes, setzen sehr persönliche Akzente. In Ravello herrscht am Ende stürmisch-donnernde Begeisterung.

„Konzerte sind kein Luxus. Einem Orchester, das immer im Graben sitzt, tut es gut, einmal auf der Bühne gehört und gesehen zu werden. Letztendlich spielt man auf der Bühne ganz anders, weil die Musiker im Rampenlicht sitzen“, sagt Runnicles und fügt hinzu: „Das Orchester ist die wichtigste Komponente eines Opernhauses. Ein Orchester muss man pflegen.“ Sein Ideal wären sechs oder sieben Sinfoniekonzerte pro Jahr. Das nächste wichtige Konzert findet am Mittwoch in der Philharmonie im Rahmen des „Musikfestes“ statt. Auf dem Programm stehen Werke von Wagner und Bernd Alois Zimmermann. Im Haus haben bereits die Proben zu Alban Bergs „Wozzeck“ begonnen, die Premiere am 5. Oktober leitet Donald Runnicles selbst.

Zu den guten Nachrichten gehört, dass die bei der Wasserhavarie am Heiligabend 2017 schwer beschädigte Bühnentechnik komplett repariert ist. In der Sommerpause wurden die letzten Arbeiten rund um die Drehscheibe, die Beleuchtungsanlage und die Obermaschinerie abgeschlossen. „Es gibt nichts mehr, was den Spielbetrieb beeinträchtigt“, sagt Intendant Dietmar Schwarz: „Alle Inszenierungen sind wieder im Original zu sehen.“ Für die neue Spielzeit kündigt die Deutsche Oper 177 Vorstellungen auf der großen Bühne an. Es werden 36 verschiedene Werke gezeigt, sechs große Neuinszenierungen sind geplant.

Donald Runnicles beantwortet die Frage nach der wichtigsten Premiere der Saison etwas anders als erwartet. „Ich könnte natürlich sagen, unsere Uraufführung von Detlev Glanerts Oper ,Oceane‘ zum Fontane-Jubiläum 2019. Aber die allergrößte Herausforderung für mich als Generalmusikdirektor ist unser großes Repertoire. Das muss gepflegt werden. Jeder Opernabend soll die Qualität einer Premiere haben.“

Großes Eröffnungsfest der Deutschen Oper am 1. September ab 14 Uhr, Bismarckstr. 35, 10627 Berlin.