Theater

Jörg Schüttauf verliert im Nicholson-Vergleich

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Peter Zander
Ein Machtspiel, das sich in immer teuflischere Bahnen schraubt: Schwester Ratched (Franziska Troegner) und  ihr Patient Randle McMurphy (Jörg Schüttauf)

Ein Machtspiel, das sich in immer teuflischere Bahnen schraubt: Schwester Ratched (Franziska Troegner) und ihr Patient Randle McMurphy (Jörg Schüttauf)

Foto: Soeren Stache / dpa

Jeder kennt den Film. Jetzt spielt „Einer flog über das Kuckucksnest“ im Schlossparktheater. Es mangelt aber an der bösen Gegenfigur.

Ein bisschen ist es ja wie beim Theater. Die Dame im Hintergrund sitzt in einem Glaskasten, guckt argwöhnisch, was die da vorn so treiben und schaltet sich auch mal energisch via Lautsprecher ein, wenn sie nicht gleich zwischen die Männer geht und ihnen Anweisungen gibt.

Aber hier ist keine Regisseurin zugange, sondern Stationsschwester Ratched, die rigoros und rücksichtslos eine psychiatrische Anstalt überwacht. Bis mit Randle P. McMurphy ein Neuer eingewiesen wird, der dabei partout nicht mitspielen und schon gar nicht nach ihrer Pfeife tanzen will.

Jeder hat den Film im Kopf

„Einer flog über das Kuckucksnest“ ist einer dieser Stoffe, die jeder kennt. Die meisten zweifellos als Film. Dabei fing alles 1962 mit einem Roman von Ken Kesey an, der selbst mal als Pfleger auf einer solchen Anstalt gearbeitet hatte. Das Buch war so erfolgreich, das es nur ein Jahr später als Theaterstück am Broadway uraufgeführt wurde, was wiederum zu der Verfilmung 1975 führte.

Milos Formans Adaption ist einer von bisher nur drei Filmen, der alle Oscars in den fünf wichtigsten Kategorien gewann. Der Film ist so stark, dass man auch nach Jahrzehnten noch Szenen im Kopf hat. Damit muss jedes Theater, das das Stück wieder aufführt, rechnen.

Dunkler Kontrast im Einheitsweiß

Nun hat die Irrenanstalt ihren Sitz im Schlosssparktheater. Der Brite Michael Bogdanov, der eine Zeit lang das Schauspielhauses Hamburg geleitet hat, hat es inszeniert. Und Bühnenbildnerin Birgit Voss hat einen klinisch-weißen, fast aseptischen Raum geschaffen, in dem Pfleger und Patienten im Einheitsweiß schon rein optisch harmonieren, bis der Rocker Randle mit schwarzer Lederjacke und Pudelmütze ankommt und sich gegen das herrische System Ratched auflehnt.

Jörg Schüttauf spielt diesen Randle, und der passt nur allzu gut in die Galerie von Außenseitern und Aufbegehrern, die sich nicht beugen wollen, die der Schauspieler in Film und Fernsehen gespielt hat. Den Vergleich mit dem zuweilen wirklich irren Jack Nicholson im Film kann Schüttauf indes nicht bestehen. Und dass er bei der Elektroschocktherapie schon zuckt, bevor der Strom eingeschaltet wird, das muss man auch nochmal üben.

Zu lieb für die Böse

Aber nicht daran krankt diese Inszenierung. Sondern an der Gegenspielerin. Als Schwester Ratched mal keine kühle Spröde zu besetzen, ist durchaus mal ein neuer Ansatz. Aber Franziska Troegner, Langzeit-Partnerin vor der Kamera und auf der Bühne von Hausherr Dieter Hallervorden, ist im Komödiantischen deutlich heimischer als im Drama.

Sie wirkt einfach zu lieb, zu gutmütig-mütterlich für dieses aasige Wesen, das das Machtspiel in immer teuflischere Bahnen lenkt. Wo aber das abgrundtief Böse fehlt, da verpufft auch das Aufbegehren dagegen. Da fällt die ganze Parabel über Macht und Selbstbehauptung, leider, in sich zusammen.

Termine: Schlossparktheater, Schlossstr. 48, Steglitz.
Tel: 789 56 67 100. Nächste Termine: 4.-8. April, 2.-8. Mai,
1.-10. Juni, 20 Uhr