Vielfalt. Kaum ein Wort beschreibt sie treffender, die Kulturlandschaft Berlins. Eben diese war es auch, die am Donnerstagabend in der Ullstein-Halle des Axel-Springer-Hauses gewürdigt wurde. Zum 21. Mal verlieh die Zeitung „BZ“ ihre Kulturpreise. „An diejenigen, die sie wirklich verdient haben“, wie Chefredakteur Peter Huth betonte. Und tatsächlich war es eine ebenso prominente wie bunte Auswahl, die von der Redaktion getroffen wurde. Berliner Szene trifft auf Hochkultur, Schlagersänger auf Popliterat.
So wurde etwa Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ein Bronze-Bär, jene von dem Hauptstadtkünstler Ernst Leonhardt geschaffene Skulptur, für sein Lebenswerk verliehen. Die Laudatio hielt sein langjähriger Freund und Weggefährte Hellmuth Karasek. Gemeinsam saßen und stritten sie im „Literarischen Quartett“. „Das ist für mich ein sehr bewegender Augenblick. Er ist mein Vorbild, ein großer Vermittler der Literatur und gleichermaßen ein ganz hervorragender Entertainer“, sagte Karasek.
Standing Ovations und minutenlangen Applaus gab es für Reich-Ranicki, der mit seinem Sohn Andrew auf die Bühne kam. „Eine so schöne Rede wie heute habe ich noch nie von Karasek gehört“, sagte er gerührt.
Im Publikum saß auch einer der ungewöhnlichsten Gäste des Abends: Türsteher und Fotograf Sven Marquardt. In schwarzen Doc-Martens-Stiefeln nahm er den „BZ“-Kulturpreis für den legendären Club „Berghain“ entgegen.
Als „Engel der Obdachlosen“ wurde Frank Zander in der Kategorie „Benefiz“ vom designierten Kardinal Rainer Maria Woelki geehrt. Seit 1995 lädt Zander zu seiner Weihnachtsfeier, zuletzt kamen 2800 Heimatlose ins „Estrel Hotel“, wo sie stets vom Gastgeber persönlich begrüßt werden.
Über den „ersten Preis in seinem zweiten Leben“ freute sich Schlagersänger Roland Kaiser. Nach der Diagnose der Lungenkrankheit COPD bekam der Musiker vor zwei Jahren eine Lunge transplantiert, in diesem Jahr geht er wieder auf Tournee. „Ich sehe mich als einen Hobbytreibenden, der Spaß bei der Sache hat. Und das kommt gut an.“
Gut an kam auch eine Frau, auf die sich zahlreiche Gäste, darunter Kabarettist Dieter Hallervorden, Moderator Wolfgang Lippert und Musiker Andrej Hermlin, ganz besonders freuten: Senta Berger. Von der Preisträgerin in der Kategorie „Film“ schwärmten Sven Marquardt und Roland Kaiser gleichermaßen. Sie selbst huldigte lieber der Stadt, in die sie mit 19 Jahren zog. „Ich habe eine sentimentale Bindung zu Berlin“, sagte sie. „Sie hat mir so viel geschenkt – das Leben, meinen Mann. Hier bin ich erwachsen geworden.“ Wenn sie aus München in ihre Wohnung nach Charlottenburg komme, bestaune sie noch immer die besondere Aura der Stadt – mitsamt ihrer Vielfalt.