Schaubühne am Lehniner Platz

Wenn bei der Wüstentour das Wasser ausgeht

| Lesedauer: 2 Minuten
Stefan Kirschner

Regisseurin Anne Schneider bringt im Studio der Berliner Schaubühne das Stück "Dingos" von Paul Brodowsky auf die Bühne. Allerdings kann sie sich nicht so recht entscheiden, ob sie nun ein Drama oder die Parodie desselben inszeniert. In diesem Punkt ist sie nahe beim Autor.

Wer den Film „Fata Morgana“ mit Matthias Schweighöfer kennt, kam am Donnerstagabend im Studio der Schaubühne in den Genuss eines Déjà-vu-Erlebnisses: Ein Paar macht Urlaub, leiht sich einen Wagen, unternimmt erlebnishungrig einen Trip in die Wüste; natürlich gehen irgendwann Treibstoff und Wasser aus und die existenzielle Krise beginnt. Während im Film eine geheimnisvolle Person auftaucht, lässt Paul Brodowsky in seinem Stück „Dingos“ den Dritten im Geiste anwesend sein. Schließlich ist dieser Adrian nicht ganz unbeteiligt an der vertrackten Situation. Eigentlich wollte Carla ihren erneuten Seitensprung verschweigen, aber Georg hat sich in ihr Mailprogramm gehackt und dort eine verräterische Nachricht von Adrian entdeckt. Übrigens bevor beide zu ihrer Wüstentour aufgebrochen sind.

Elzemarieke de Vos nutzt die Chance, ihre Wandlungsfähigkeit vom trotzigen Mädchen bis zur verzweifelten Frau zu zeigen. David Ruland spielt Georg als emotional gehemmtes Bürgersöhnchen, das vom großen Showdown in der Wüste träumt, aber schließlich doch schwach wird und Carla den Weg zum in der Nähe liegenden Motel verrät. Richtige Rache sieht anders aus.

Regisseurin Anne Schneider hat den in Berlin lebenden Autor Paul Brodowsky beim Wort genommen. Der hatte anlässlich der „Dingos“-Uraufführung in München im vergangenen Jahr gesagt, dass er eine „realistische Bebilderung“ langweilig findet, aber die Spannung zwischen Realismus und Abstraktion im Theater liebt. Deshalb taucht jetzt konsequenterweise kein Auto auf der Bühne auf, die Christoph Rufer als quadratische Spielfläche mit kleinen Sandhaufen gestaltet hat. Von der Decke hängen schwarze Säcke, die allesamt im Laufe des 75-minütigen Abends aufgeschlitzt werden. Und beim Zusammenstoß mit einem Känguru – das Stück spielt in Australien – zerplatzt ein Farbbeutel an der Wand; prompt wischt Georg das weiße (!) Blut ab.

Regisseurin Anne Schneider kann sich nicht so recht entscheiden, ob sie nun ein Drama oder die Parodie desselben inszeniert. Auch in diesem Punkt ist sie allerdings nah beim Autor. Der hat sich einen Schluss einfallen lassen, dem man eines zubilligen muss: er überrascht sehr.

Schaubühne am Lehniner Platz (Studio), Kurfürstendamm 153, Wilmersdorf. Tel.: (030) 8900023. Termine: 22. und 23.6., 20 Uhr.