Late Night: Sandra Maischberger

Wie Uschi Glas die rote Wagenknecht stoppte

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Thorsten Pifan

"Lässt der Staat die Armen im Stich?", fragt Sandra Maischberger in ihrer Sendung. Für Sahra Wagenknecht ist dies die Steilvorlage, Wahlkampf für die Linkspartei zu machen und mit dem Thema Millionärssteuer die Neiddebatte zu schüren – bis die Politikerin von Schauspielerin Uschi Glas gestoppt wird.

Am Anfang sitzen Schauspielerin Uschi Glas und Linkspartei-Promi Sahra Wagenknecht beinahe traut vereint auf dem Sofa bei Sandra Maischberger. Beide Frauen haben sich ein wenig in ihre Ecken gekuschelt. Doch zunächst scheint es, als lassen sich die zwei nicht auf einen Streit ein.

Selbst die Nachfragen von Moderatorin Maischberger nach den unterschiedlichen Standpunkten lassen die Linke Wagenknecht und die christsoziale Sympathisantin Glas von sich abtropfen. Erst kurz vor Sendeschluss wird es noch einmal spannend. Da bekommt die bekennende Marxistin aus dem Europaparlament das freche Mundwerk der bayerischen Schauspielerin zu spüren.


Doch zunächst lässt Sahra Wagenknecht beim Thema des Abends keine Gelegenheit aus, das Wahlprogramm der Linkspartei zu zitieren. Ganz nach dem Motto: Wehe, wenn sie losgelassen wird. Und je länger ihre Redezeit ist, desto mehr steigert sie sich in ihre Phrasen hinein. Vor allem das Hartz-IV-System hat sie dabei im Visier – und die Millionäre.


„Lässt der Staat die Armen im Stich?“, fragt Sandra Maischberger ihre Menschen bei sich im Studio. Sie reiht sich damit in die Themenwoche im Ersten ein, die unter dem Motto läuft: „Ist doch Ehrensache.“

Und bevor die Prominenten zu Wort kommen, darf Rentnerin Marianne Sladky von ihrem Leben mit 865 Euro im Monat berichten. Nach dem Abzug aller Fixkosten bleiben der 75-Jährigen gerade einmal 50 Euro in der Woche zum Leben. Das listet die Redaktion anschaulich in einer Grafik auf.

Viel Geld ist das nicht. Und darum ist Sladky froh, dass sie regelmäßig in einem Altenheim der Arbeiterwohlfahrt helfen kann. Denn dort darf sie als Gegenleistung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit hin und wieder zum Essen bleiben.

Gemeinsam bedauern Uschi Glas und Sahra Wagenknecht die Rentnerin. „Das ist ein hartes Schicksal, was Sie da haben“, sagt die Schauspielerin und spricht davon, dass man sich ziemlich „kleinschrumpfen“ muss, um mit der Summe über die Runden zu kommen. Wagenknecht betont, dass sie auch von sehr wenig Geld leben musste, bevor sie 2004 ins Europäische Parlament einzog.

Von dort soll es für die Politikerin künftig in den Bundestag gehen. Sie kandidiert nicht wieder bei der Europawahl, tritt aber im September bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin für den Wahlkreis Düsseldorf-Süd an. Wie viel Geld Wagenknecht als Autorin verdiente und wie viel Geld ihr seinerzeit tatsächlich zur Verfügung stand, verrät sie allerdings nicht.

Dafür schimpft sie auf das Rentensystem, das an die Löhne gekoppelt ist und die seien in den vergangenen Jahren gesunken. Dass der Zusammenhang nicht stimmt, muss ihr erst der Journalist Hugo Müller-Vogg deutlich machen. Er sagt, dass es zwar richtig sei, dass die Realeinkommen in den vergangenen Jahren gesunken seien, aber nicht die Bruttoeinkommen. Und die Renten berechneten sich nun einmal nach den Bruttoeinkommen.

Nun hofft Wagenknecht sogar auf die bis dahin zahme Uschi Glas und spielt ihr den Ball zu. Die Europa-Abgeordnete verweist auf hungernde Kinder in Deutschland und ist damit tatsächlich zunächst an der richtigen Adresse gelandet. Denn Uschi Glas hat vor kurzem mit Freunden und Bekannten den Verein BrotZeit gegründet und versorgt Münchner Grundschulkinder mit Essen. Der Abstand auf dem Sofa zwischen beiden Frauen wird kleiner.


Laut Bayerischem Rundfunk müssen 3000 Grundschüler in Deutschlands reichster Stadt München hungern. Das empört die Schauspielerin. Sie schildert ausgiebig, wie sie Zwieback, Butterkekse und Kakao für die Kinder bereitstellt. „Ich will nicht nach dem Staat rufen, und warten, bis sich etwas ändert“, sagt sie und bekennt sich ganz deutlich zu ihrem Engagement. Auch das sei ein Teil der Hilfe zur Selbsthilfe, sagt sie.


Sahra Wagenknecht fordert unterdessen die Verstaatlichung der Banken, damit die Geldinstitute wieder Kredite vergeben. Genauso sollen die Millionäre in Deutschland fünf Prozent ihres Vermögens abgeben – jedes Jahr. Journalist Müller-Vogg macht die Politikerin zwar darauf aufmerksam, dass die Vermögen aus bereits versteuerten Einkommen stammen, schindet damit aber keinen Eindruck bei Wagenknecht.


Zwischendurch hat Unternehmer Hans Wall noch Gelegenheit, von seiner Karriere als Bananenknacker zu berichten. Ein Jugendstreich, wie er darstellt, als er einen Eisenbahnwaggon mit Südfrüchten aufgebrochen hat. Später machte er eine klassische „Tellerwäscherkarriere“ vom einfachen Mechaniker zum Millionär.

Und deshalb soll er nun seinen Beitrag von fünf Prozent seines Vermögens für die Gesellschaft leisten, fordert Wagenknecht erneut. Nun reicht es der Schauspielerin. Sie wirft Wagenknecht vor, dies sei eine Debatte aus der „Neidhammel-Abteilung“.

Wagenknecht versucht zu widersprechen, dringt aber nicht durch.Glas schlägt unterdessen vor, wohlhabende Eltern sollten einen Teil des Kindergeldes freiwillig abgeben an Eltern, deren Kinder es wirklich brauchen. Und wieder sitzen Wagenknecht und Glas in ihre Sofa-Ecken gekuschelt.