a.choice

Erwähltes zwischen Experiment und Klassik

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Foto: Amin Akhtar

Die „Auswahl“, so der Name des Lokals „a.choice“ übersetzt, ist in der Tat alles andere als eine schlecht, befindet Heinz Horrmann. Er besucht das Restaurant für die Berliner Morgenpost.

Das Gourmetlokal im ersten Stock des andel’s Berlin, einem gut besuchten Vier-Sterne-Hotel im Niemandsland an der hinteren Landsberger Allee, wird von dem Restaurantführer Gault Millau mit sehr guten 15 Punkten und zwei Hauben bewertet.

Trotzdem lag das a.choice bei unserem Besuch im Dornröschenschlaf, obwohl Hochbetrieb in der Hotellobby war. Das mag an der kalten, unfreundlichen Atmosphäre, am lieblosen Ambiente liegen. Kein Deko-Stoff an der Fensterfront, nur kaltes Holz. Freude kam auf, weil die Serviceleiterin (zuvor acht Jahre im Hotel Adlon beschäftigt) mit Witz, Charme und fachlichem Können begeisterte. Am Ambiente, so verriet sie, soll künftig auch noch kräftig gearbeitet werden.

Was bot also die Küche mit Küchenchef Alexander Koppe? Wir starteten mit Meeresfrüchten, die stets einen guten Auftakt in ein angenehmes Menü bedeuten. Die Kombination von Hummer, Seeigel, Abalone (große Seeschnecke), verbunden mit Meeresalgen, waren eine geschmacklich gut abgestimmte Verbindung. Die Alternative dazu, der Skrei (Winterkabeljau) mit Venusmuscheln, schwarzem Knoblauch (das kannte ich bisher auch noch nicht) und jungem Spinat machten Appetit auf mehr. Das Degustationsmenü lag zwischen vier und acht Gängen (ab 49 Euro) – das ist wahrlich ein fairer Preis. Das Gourmetmenü mit vier kleinen, aber feinen Köstlichkeiten stand mit 62 Euro auf der Rechnung.

Keine klare Linie

Schwierig ist es, die Frage nach der signifikanten Küchenrichtung zu beantworten. Auch bei sorgfältiger Betrachtung gab es keine eindeutige Richtung, mal war das Zusammenspiel der Aromen experimentell und frech, mal war es klassisch, mit einem Hauch typischer internationaler Hotelkost-Langeweile.

Für das Besondere, das Ungewöhnliche bei der Küchenkreativität, standen „Momo Niku“. Dahinter verbargen sich Avocado, Meerrettich, Ginseng und ein paar Körnchen Imperial Kaviar. Das galt aber auch für die Atlantik-Seezunge, die nach „Surf&Turf“-Prinzip mit Linumer Kalbfleisch vermählt war und durch Stangenlauch, Winterspargel und einem Hauch von Périgord-Trüffeln appetitlich aromatisiert wurde.

Wo Alltäglichkeit dominierte, wurde sie zumindest von guten regionalen Produkten aufgewertet. Der Schweinebraten war vom Havelländer Apfel- und Kräuterschwein, das Lamm (mit Polenta, weißen Bohnen und geräuchertem Paprika) kam von Ruppiner Wiesen. Die Verbindung Wasser und Land gelang am besten mit dem saftigen Maisstubenküken und noch knackigem Kaisergranat. Die Scheiben von geschmorter Kalbsbacke mit Blumenkohl und Granatapfel verbanden sich geschmacklich gut mit Langostinos.

Die Desserts sind deutlich zu süß

Die hohe Punktzahl, die der Gastroführer Gault Millau gegeben hat, sollen nach leiser Information vor allem auf die kunstfertig angerichteten Desserts zurückgehen. Mir war die Kombination von Mascarpone mit Mandel, Feige, gefrorenem Espresso und Amaretto-Eis deutlich zu süß. Da passte die Rote Grütze mit Waldfrüchten, Quarkkeulchen und Berliner Weiße als leichter Abschluss schon besser.

Ein vegetarisches Menü wirkt auf mich wie ein Holzbrett vor dem Genuss. Man darf das aber getrost auch anders sehen. Hier wurde es richtig gut angenommen. Die Verbindung von Spinat, leicht geräucherter Kartoffel, schwarzer Nuss und Trüffelspänen war der Einstieg. Gegrilltes Mittelmeergemüse mit Oliven und Basilikum als Hauptgang und dem schon erwähnten Mascarpone-Dessert wurde mit 42 Euro berechnet.

Da ich es nicht probiert habe, kann ich nur bewerten, dass die Optik sehr ordentlich war. Ganz interessant, dass auch ein spezielles Berliner Menü angeboten wird. In der Hauptstadt ist natürlich die Bouletten- und Eisbein-Zeit längst vorbei – das bedeutet aber nicht, dass typische Produkte der Region nicht zusammengefügt werden können. Der Müritzer Aal (exakte Bezeichnung: Spitzkopfaal) passte gut zu Freilandgurken, Apfel und Pumpernickel für das Herzhafte. Das Havelländer Schwein und das Rote-Grütze-Dessert waren die weiteren Gerichte der Berlin-Kombination.

Grünes Gazpacho mit Jakobsmuschel

Was ich gut fand: Immer wieder waren in der Vergangenheit Variationen auf der Karte wie beispielsweise Fenchel und Götterfrucht auf Kresse-Basis oder eine Ochsenschwanzcreme mit gebackener Fleisch-Praline. Erwähnenswert ist für mich die Art und Weise, wie die Jakobsmuschel serviert wurde. Die bekommt man gewiss überall, hier aber besonders schmackhaft mit einer grünen Gazpacho, Artischocke und Joselito-Schinken.

Weniger gastfreundlich war der Hinweis auf der Speisekarte, dass größere Gruppen von Genießern (ab sieben Personen) ein einheitliches Menü bestellen sollen.

Die Weinkarte war bei den deutschen, vor allem aber bei den österreichischen Lagen vernünftig kalkuliert und schnellt nur bei kleinen und mittleren Bordeaux-Kreszenzen (große Namen fehlen) kräftig in die Höhe.

Der Service arbeitete, wie schon angesprochen, nicht nur präzise und angenehm gekonnt, sondern mit einer geradezu fröhlichen Gelassenheit, die für gute Stimmung sorgt. Derart beschwingt zogen die meisten Gäste dann noch in die Sky-Bar in der 14. Etage – mit einem schönen Ausblick auf den östlichen Stadtrand Berlins.

Heinz Horrmann schreibt jeden Sonnabend für die Berliner Morgenpost

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