Casa Italia

Gute Zeiten für Schlemmer, schlechte Zeiten für Gourmets

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Foto: Massimo Rodari

Schauspieler, die ein eigenes Restaurant besitzen. Dieser Trend kommt aus Hollywood, wird immer beliebter. Heinz Horrmann besucht "GZSZ"-Schauspieler Jörn Schlönvoigt in seinem Restaurant Casa Italia.

In Berlin gibt es bereits mehrere Restaurants die von Prominenten betrieben werden: Peer Kusmagk mit seinem Kreuzberger Restaurant La Raclette, Christian Kahrmann von der Lindenstraße und sein Own im Bötzowviertel. Marie Grönemeyer, Tochter von Sänger Herbert, bietet mit dem Ö skandinavische Küche. Am längsten in Berlin existiert Ben Beckers Bar Trompete am Lützowplatz.

Jörn Schlönvoigt, Schauspieler aus Köpenick und einer der Hauptdarsteller von "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" sowie als Tänzer von "Let's dance" bekannt, konzipierte sein eigenes Restaurant mit italienischer Ausrichtung Unter den Linden. Neben der typisch mediterranen Küche ist das Restaurant sowohl Pizzeria als auch Spezialist für hausgemachtes Eis. Anders als Peer Kusmagk, der ständig in seinem Lokal ist, schaut Schlönvoigt allerdings nur sporadisch rein. Er kocht lieber zu Hause, mit Freundin und TV-Partnerin Sila Sahin, und backt sein eigenes Brot aus Dinkelmehl.

Das Glück der Gäste

Das Casa-Italia-Produkt hat nicht viel mit hochklassiger Gourmetküche zu tun. Aber das war auch nie die Absicht des TV-Darstellers. Seine Vorstellung war klar: mit einfachen Gerichten Gäste entspannen und glücklich machen, mit einer breiten Palette hausgemachter Pasta beispielweise. Acht Kilogramm Nudeln verspeist ein Bundesbürger laut Statistik pro Jahr. Und immer wieder heißt es: "Weil sie glücklich machen." Dabei ist die Herstellung genial einfach: Weizen, Wasser, dazu Eier und Salz, mehr Zutaten braucht der Basisteig nicht.

Bei Schlönvoigt sind die Nudelgerichte zwischen acht und 12,50 Euro angesiedelt. Es gibt kurze Nudeln mit Zwiebeln, Speck und frisch gemachter Tomatensauce, Bandnudeln mit Schweinefilet und Steinpilzen in Sahnerahm oder geschichteten Nudelteig mit Béchamelsauce, Hackfleisch, überbacken mit Mozzarella. Alle Gerichte sind sehr ordentlich, ohne in den Sternehimmel zu ragen. Der Pasta-Empfehlung des Hauses sollte man folgen, denn diese Gerichte sind im minimalistisch eingerichteten Restaurant, das ein wenig an Touristenlokale am Gardasee erinnert, absolut in Ordnung. Viel falsch machen kann man da ja auch nicht.

Vitello Tonnato wie ein Fertigprodukt

Bei der weiteren Auswahl, die die kleine Küchencrew stemmen muss, sind Abstriche zwangsläufig. Das Vitello Tonnato macht den Eindruck eines Fertigprodukts, weil die hauchdünn geschnittenen, kreisrunden Kalbsfleischscheiben unnatürlich fest miteinander verbunden sind und der Thunfischschaum eine kaum gewürzte, geschmacksneutrale Sauce ist. Das gilt auch für das "Carpaccio Di Manzo", das klassische Rindercarpaccio mit gehobeltem Parmesan auf Ruccola-Bett.

Für 6,90 Euro wird eine große Portion Mozzarella mit Tomaten und Pesto serviert. Bei den Schweinefiletmedaillons mit frischen Tomatenscheiben und würziger Tomatensauce wird Mozzarella als Element zum Überbacken genutzt ("Filettini alla Sorrentina"), ordentlich ist auch der Schweinebraten mit Pilzen in Rahmsauce. Während das Entrecôte, das mit Bratensauce und viel grünem Pfeffer angerichtet wird, ein Flop war. Es entsprach von der Konsistenz her eher der fest gewordenen Paste, die beim Zahnabdruck verwendet wird. Da sollte sich die Küche unbedingt einen anderen Fleischlieferanten suchen. Erstklassig war dagegen der feine Geschmack, von Pfeffer dominiert. Da konnte die Küche eigene Karten ins Spiel bringen.

Auch beim Fisch gelten die ausgesprochen günstigen Preise. Die große Garnelen-Pfanne mit Paprika, Spargel und Zucchini ist, wie auch die kräftige Portion Miesmuscheln in Weißweinsauce mit 11,50 Euro fair kalkuliert. Kaum teurer, aber deutlich delikater ist das recht saftig belassene Lachssteak im Sesam-Mantel, das eine geschmacklich gelungene Kombination mit einer Weißwein-Balsamico-Sauce eingeht.

Riesige Eis-Karte

Zwei Dinge, die nicht unbedingt Glanzlichter der Gourmandise sind, werden in einer selten erlebten Breite offeriert: Pizzen und Speiseeis. Bei den krossen Pizzen, die ein Stück Italien verkörpern, gibt es neben den Standards interessante Variationen, wie mit Garnelen und Zucchini oder Parmaschinken auf einem Bett von Ruccola, Käse und Tomaten. Eine Karte mit derart vielen Eissorten und Kombinationen wie große Genussbecher mit Früchten, Karamell oder Schokolade habe ich selten erlebt. Darüber hinaus sind süße italienische Desserts, die die härtesten Slim-Jünger weich machen, im Angebot: Tiramisu, Panna Cotta mit Früchten und ein ganzes Brett mit einer breiten Tortenauswahl. Schlönvoigt liebt süße Köstlichkeiten, das merkt man hier besonders.

Unter dem Strich ist das Casa Italia ein ausgesprochen preiswertes Restaurant. Es ist sicher richtig, dass Jörn Schlönvoigt keinen stillen, romantischen Genusstempel schaffen wollte. Die Gäste, die kommen, sind laut und lebhaft. Am Nebentisch wurde mit brüllendem Lachen so kräftig auf den Tisch gehauen, das die Wände zitterten. Der liebenswert freundliche Kellner entschuldigte sich, wollte die Freudenausbrüche aber auch nicht unterbrechen. Der Service war alles andere als schulmäßig. Wenn es mit liebenswürdigem Lächeln geschieht, spielt es für mich nur eine untergeordnete Rolle, ob von rechts oder links serviert wird.

Heinz Horrmann schreibt jeden Sonnabend für die Berliner Morgenpost

Casa Italia Unter den Linden 39, Mitte, täglich 11-1 Uhr, Tel. 61 74 33 68, www.casaitalia-berlin.de

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