Frühjahr 2017, vielleicht doch schon im Herbst 2016 oder am Ende erst 2018 oder gar 2019. Solange klare Aussagen von Flughafenchef Hartmut Mehdorn fehlen, sprießen die Spekulationen über einen möglichen Eröffnungstermin für den künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld weiter ins Kraut.
Nun hat sich auch Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) mit seiner Meinung zu Wort gemeldet. Er rechne erst in zwei Jahren mit einer Eröffnung des BER, sagte er in einem Interview. Und er sei gespannt, welchen Zeitplan Mehdorn am 12. Dezember zur nächsten Sitzung des Flughafen-Aufsichtsrates präsentieren werde.
Viele Probleme noch ungelöst
Der Flughafenchef selbst hatte die Erwartungen allerdings bereits vor Wochen stark gedämpft. Er werde dem Aufsichtsrat lediglich ein „Terminband“, also eine Zeitspanne nennen, in der das inzwischen bereits 5,4 Milliarden Euro teure und damit größte Infrastrukturprojekt der Region in Betrieb genommen werden kann, kündigte er Mitte Oktober an.
Hintergrund sind die vielfältigen, noch immer größtenteils ungelösten Probleme bei der lebensrettenden Brandschutzanlage für das Terminal. Gerade einmal 23 Prozent der Probleme beim baulichen Brandschutz seien bislang abgearbeitet, heißt es.
Knackpunkt ist weiterhin die Entrauchungsanlage, die bei einem Feuer dafür sorgen soll, dass die giftigen Gase aus dem Gebäude rasch abgepumpt und durch Frischluft ersetzt werden. Teile der Technik etwa im Nordpier sind zwar inzwischen umgebaut, doch erst im Sommer kommenden Jahres werden alle Umplanungen auch für das Hauptterminal abgeschlossen sein. Und erst nach der Genehmigung all dieser Konzepte durch das Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald, so sagen BER-Insider, lasse sich auch ein wirklich verlässlicher Eröffnungstermin für den neuen Flughafen nennen.
Bis dahin will Mehdorn offenbar mit seinen Umzugsvorbereitungen nicht warten. In ganz Europa sucht der Berliner Flughafenchef jetzt einen Dienstleister, der ihm den Probebetrieb sowie die Inbetriebnahme des neugebauten Airports in Schönefeld organisieren soll.
Das Projekt mit der Bezeichnung ORAT (Operational Readiness and Airport Transfer) wird laut der jetzt im EU-Amtsblatt veröffentlichten Ausschreibung 2014/S 218-386432 (Diverse Hilfsleistungen für den Luftverkehr) „voraussichtlich“ fünf bis sieben Monate dauern. Gesucht werden dafür unter anderem drei Teamleiter und bis zu 80 Mitarbeiter.
Bis zum 5. Dezember nimmt die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH im Gebäude B027, Raum 50, noch Bewerbungen entgegen. Da zum jetzigen Zeitpunkt die Nennung eines konkreten Inbetriebnahmedatums nicht möglich sei, werde die gesuchte Leistung als Rahmenvertrag ausgeschrieben. Dessen Dauer wird in der Ausschreibung mit 54 Monaten angegeben, was im Umkehrschluss heißt: Allerspätestens Mitte 2019 muss der BER eröffnet sein, anderenfalls müsste die Flughafengesellschaft den Auftrag erneut ausschreiben.
10.000 Komparsen im Einsatz
Bereits im Februar 2012 war in Schönefeld ein umfangreicher Probebetrieb gestartet. Bis zu 10.000 sogenannte Komparsen, zu erkennen an neongrünen Sicherheitswesten, waren zeitweise am BER im Einsatz, um bei simulierten Abflügen und Landungen Personal und Technik des Airports auf Herz und Nieren zu prüfen. Mehr als 20.000 Berliner und Brandenburger hatten sich damals für den Praxistest gemeldet. Und obwohl die Probeläufe unter teils chaotischen Verhältnissen vor Ort abliefen, verkündete die Flughafengesellschaft im Anschluss jeweils zufriedenstellende Ergebnisse. Viele Komparsen wunderten sich allerdings schon damals über den Zustand des BER, waren doch große Teile des Terminals noch Baustelle und daher abgesperrt.
Ein realistischer Probebetrieb war unter solchen Bedingungen faktisch nicht machbar. Und schon im Februar wurde zudem offenbar, dass speziell die Gepäckabfertigung und das interne IT-System nicht so recht funktionierten. Wie sich später herausstellte, waren viele Kabelschächte hoffnungslos überfüllt. Kabel für die Datenkommunikation lagen dabei direkt neben Starkstromleitungen und wurden von diesen erheblich gestört.
Mit der Anfang Mai erfolgten kurzfristigen Absage der für den 3. Juni 2012 angekündigten Eröffnung fand auch der Probebetrieb am BER ein abruptes Ende. ORAT ist damals von Spezialisten des Flughafens München organisiert worden. Die Bayern haben bereits ihr Interesse für die erneute Übernahme des lukrativen Auftrags angemeldet, wie ein Sprecher des Flughafens der Berliner Morgenpost am Montag bestätigte.
Finanzminister Görke, der das Land Brandenburg auch im BER-Aufsichtsrat vertritt, hat nach eigenen Worten keinen Zweifel, dass der Flughafen eines Tages den Betrieb aufnehmen wird. „Eine Investitionsruine in Schönefeld ist für mich unvorstellbar“, sagte er dem Tagesspiegel. Zugleich stellte er klar, dass Brandenburg nicht ohne weiteres noch mehr Geld zur Fertigstellung des Airports nachschießen wird. Die Position Brandenburgs sei eindeutig: „Die Mehrkosten für die Inbetriebnahme hat der Flughafen selbst zu schultern.“
Die zuletzt vom Aufsichtsrat zusätzlich gebilligten 1,1 Milliarden Euro seien „nur der nötige Finanzrahmen“, sagte Görke. „Der Flughafen ist beauftragt, dafür Finanzierungsmodelle zu prüfen.“ Zur Finanzierung sollten „vorrangig Quellen außerhalb weiterer Kapitalzuführungen des Gesellschafters identifiziert und ausgeschöpft werden“. Gesellschafter der Flughafen GmbH sind die Länder Berlin und Brandenburg (zu je 37 Prozent) sowie der Bund (26 Prozent). mit dpa