Nachtflüge von Frachtmaschinen sind in Tegel ein zunehmendes Problem für die Anwohner. Die Koalition will nun eine Verlagerung nach Schönefeld erreichen. Allerdings ist das Verfahren kompliziert.
Neuer Vorstoß gegen den Fluglärm in Tegel: Frachtmaschinen sollen nachts nicht mehr den Flughafen im Bezirk Reinickendorf ansteuern. Das sieht ein Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und CDU vor, der am Donnerstag ins Abgeordnetenhaus eingebracht wird. Die Parteien wollen dadurch eine deutliche Entlastung Tausender Anwohner erreichen.
In dem Antrag heißt es wörtlich: „Der Senat wird aufgefordert, mit den übrigen Gesellschaftern der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH in Verhandlungen zu treten, mit dem Ziel, hinsichtlich der vollständigen Verlagerung der am Flughafen Tegel in den Nachtstunden abgewickelten Fracht- und Postflüge zum bisherigen Flughafen Schönefeld Einvernehmen zu erzielen.“ In einem zweiten Schritt sollen die Gesellschafter Berlin, Bund und Brandenburg dann auf die betroffenen Luftverkehrsunternehmen zugehen. Der Senat steht nämlich vor einem Problem: Die Verlagerung des Flugverkehrs kann nicht erzwungen werden. Als Argument für den Umzug nach Schönefeld soll der Senat auf das dort am 3. Juli vergangenen Jahres eröffnete Frachtzentrum verweisen.
Deutlich mehr Nachtflüge
Unterschrieben ist der Antrag von den Fraktionsvorsitzenden, Verkehrspolitikern und Abgeordneten aus Reinickendorf. Der Reinickendorfer Abgeordnete Tim Zeelen (CDU), einer der Initiatoren, begründete gegenüber der Berliner Morgenpost den Vorstoß. „Wir wollen die Menschen gerade von den Nachtflügen entlasten. Fracht und Post soll schnellstmöglich verlagert werden.“ Die Kapazitäten dafür seien in Schönefeld vorhanden.
Mit dem gemeinsamen Antrag erhöhe das Parlament den Druck auf den Senat, damit endlich etwas geschehe. Denn der Senat verweist seit Jahren auf die Freiheit der Unternehmen, den Flughafen ihrer Wahl im Rahmen der geltenden Vorschriften anzufliegen. Das Nachtflugverbot in Tegel betrifft Passagiermaschinen, die nur in Ausnahmefällen nach 23 Uhr landen dürfen. Von Mitternacht bis 6 Uhr herrscht ein Nachtflugverbot. Fracht- und Postmaschinen dürfen Tegel anfliegen, und deren Zahl nimmt ständig zu. So registrierte der Senat im vergangenen Jahr 640 Starts und Landungen in Tegel. Das waren 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2011 lag die Zahl der Nachtflüge noch bei 291. Allein die Postflieger starten und landen etwa 40 Mal pro Monat in den Nachtstunden. Tegel wird wegen der kurzen Wege in die Stadt von den Fluggesellschaften genutzt.
Juristischer Vorstoß gescheitert
Aus medizinischer Sicht sind Nachtflüge besonders belastend, weil sie den Schlaf der Anwohner stark beieinträchtigen. Ein juristischer Vorstoß, gegen den Lärm vorzugehen, scheiterte kürzlich. Das Oberverwaltungsgericht gab einer Klage mehrerer Anwohner auf zusätzlichen Schallschutz oder eine finanzielle Entschädigung nicht statt. Denn Tegel soll nach der Eröffnung des Großflughafens BER in Schönefeld geschlossen werden. Deswegen gilt das verschärfte Fluglärmschutzgesetz des Bundes aus dem Jahr 2007 nicht. Bei Tegel läuft diese Frist bis zum Jahr 2019. Einen Eröffnungstermin für den BER gibt es bisher noch nicht.
Helmut Möller von der Bürgerinitiative „Tegel endlich schließen“ hat wenig Hoffnung, dass der rot-schwarze Antrag zur Verlagerung der Frachtflüge für die Anwohner eine spürbare Entlastung bringen würde. „Da es ja kaum reine Frachtflüge gibt, rechnen wir mit keiner nennenswerten Lärmreduzierung“, so Möller. Nicht das Frachtaufkommen sei das Problem, sondern die starke Zunahme der Passagierflüge. Lars Wagner, Sprecher der Berliner Flughafengesellschaft, wollte den Antrag nicht kommentieren. „Dazu äußern wir uns inhaltlich nicht“, sagte Wagner.