Pannenflughafen

Eröffnung des BER in diesem Jahr so gut wie ausgeschlossen

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Viktoria Solms

Foto: Patrick Pleul / dpa

Mit dem Umzug der Fluhglinie Germania von Tegel an den BER schwinden die Hoffnungen auf eine vorzeitige BER-Eröffnung. Und das ist nicht die einzige Hürde, vor der Flughafenchef Mehdorn steht.

Hartmut Mehdorn hat in seiner langjährigen Manager-Karriere oft genug bewiesen, dass er vor drastische Entscheidungen nicht zurückschreckt. Noch in seiner Zeit als Bahnchef etwa änderte er die Baupläne für den Berliner Hauptbahnhof und ließ im Untergeschoss anstelle eines Kuppeldachs eine flache Decke einziehen. Das war billiger und ging schneller. Architekt Meinhard von Gerkan soll ihm das bis heute nicht verziehen haben.

Es entbehrt daher nicht einer gewissen Ironie, dass die beiden nun erneut aufeinander treffen. Seit März bemüht sich Hartmut Mehdorn als Chef der Berliner Flughafengesellschaft, Schwung auf die verschlafene Baustelle des neuen Hauptstadtairports BER in Schönefeld zu bringen, den ebenfalls Meinhard von Gerkan entworfen hat. Doch hier könnte Hartmut Mehdorn an seine Grenzen stoßen. Denn so einfach wie beim Hauptbahnhof sind die Probleme am BER nicht zu lösen.

Einen Hinweis darauf gab es in dieser Woche. Da verkündete die Flughafengesellschaft, dass die Fluggesellschaft Germania am 1. November von Tegel an den alten Flughafen Schönefeld umziehen wird. Diese Meldung interessierte nun wirklich nur ganz überzeugte Anhänger der Fliegerei. Denn die kleine Airline steuert von Berlin aus nur ganz wenige Ziele an, wie etwa das ungarische Debrecen, die libanesische Hauptstadt Beirut oder Kayseri in der türkischen Provinz.

Airlines schreiben BER-Start 2013 ab

Die spannendere Nachricht versteckte sich daher zwischen den Zeilen. Denn wenn die Germania am 1. November an den alten Flughafen Schönefeld umsiedelt, wird sie kaum nur ein Monat später wieder die Kisten packen und ihre Anlagen im Nordpier des BER aufbauen. Eine Teileröffnung des BER noch in diesem Jahr ist damit so gut wie ausgeschlossen. Doch genau darauf hatte Hartmut Mehdorn gehofft.

Aus dem Grund verhandelte er schon seit Wochen mit mehreren Airlines. Das Interesse ist jedoch verhalten. Der Ferienflieger Condor soll gleich abgewunken haben. Easyjet kam auch nicht wirklich in Frage, da die Billigairline zu viele Flugzeuge täglich von Berlin aus los schickt. Die Germania mit ihren wenigen Zielen hätte daher ganz gut gepasst. Innerhalb der Flughafengesellschaft rechnet nach Informationen der Berliner Morgenpost nun kaum einer mehr damit, dass der BER in diesem Jahr wenigstens teilweise ans Netz geht.

Flughafensprecher Lars Wagner wollte dazu keine Stellung nehmen: „Wir geben im Herbst den weiteren Zeitplan für den BER bekannt.“ Auch bei der Germania gab es dazu keine Auskunft. „Durch den Umzug nach Schönefeld wollen wir teure Doppelstrukturen abschaffen“, so ein Unternehmenssprecher. Germania betreibt nämlich auf dem Gelände des BER gemeinsam mit Air Berlin einen Wartungshangar.

Die Maschinen können folglich vom benachbarten Alt-Flughafen hinüberfahren und müssen nicht mehr leer zwischen Tegel und Schönefeld hin und her fliegen. Innerhalb des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft gibt es ohnehin große Skepsis gegenüber Mehdorns Plänen bezüglich einer BER-Teileröffnung.

Mehdorns erste große Hürde

Zum einen wäre es teuer, da dann plötzlich wieder drei Flughäfen in Berlin betrieben werden müssten. Zum anderen sind noch nicht alle Mitglieder vom tatsächlichen Nutzen überzeugt. Mehdorn will damit im Kleinen testen, wie der BER später als Ganzes funktioniert, und die Mitarbeiter an den neuen Arbeitsplatz gewöhnen. Doch wieso das wirklich notwendig sein soll, ist fraglich. Denn als beispielsweise der Flughafen München Riem Anfang der 90er-Jahre in das Erdinger Moos umzog, klappte das auch in nur einer Nacht.

Mit der vorzeitigen Eröffnung des Nordpiers ist Hartmut Mehdorn an seine erste große Hürde als Flughafenchef gelangt. Und es ist nicht die einzige. Angeblich verhandelt der Flughafenchef mit der Deutschen Bahn über eine vorzeitige Eröffnung des Bahnhofs im BER-Terminal. Mehrmals täglich fahren leere S-Bahn-Züge durch den Tunnel in das Terminal. Das ist nötig, um die Luft im Tunnel auszutauschen, da sich sonst Schimmel an der Wand bilden könnte. Zwei Millionen Euro pro Monat an Kosten hat die Bahn nach eigenen Angaben durch die Nichteröffnung des BER.

Mehdorn kam daher auf die Idee, den Bahnhof ebenfalls schon vorzeitig zu eröffnen und Interessierte an den BER zu holen. Ihm schwebt ebenfalls vor, die neugebaute S-Bahn-Haltestelle Waßmannsdorf, die zwischen der bisherigen Endstation im Bahnhof Schönefeld und dem Flughafenbahnhof liegt, schon vor dem Flugbetrieb zu nutzen. Doch auch dazu dürfte es sehr wahrscheinlich nicht kommen. Der finanzielle Aufwand erscheint dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg im Vergleich zum Nutzen bislang zu hoch.

Spekulation über dritte Landebahn

Die wohl schwierigste Aufgabe für Mehdorn hat nur indirekt etwas mit der BER-Baustelle zu tun. Denn das ist die Antwort auf die Frage, wie der Flugverkehr in der Hauptstadtregion nicht nur in drei oder fünf Jahren, sondern langfristig aussehen soll. Die Weichen dafür müssen heute schon gestellt werden. Mehdorn selbst hatte bei seinem Amtsantritt im März einen dauerhaften Betrieb des Flughafens Tegel ins Spiel gebracht.

Damit wollte er nur eine Diskussion anregen, sagte der Flughafenchef hinterher. Doch eben diese Diskussion befeuert er selbst regelmäßig, etwa indem er die Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn für den BER anspricht.

Diese dritte Startbahn müsste nämlich nicht zwingend auf dem Gelände des BER entstehen, es könnte auch eine alte Piste in Tegel sein. Und möglicherweise hat Mehdorn genau das im Sinn.

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