Hauptstadt-Airport

Die Mängelliste am BER wird immer länger

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Isabell Jürgens und Thomas Fülling

Foto: Patrick Pleul / dpa

Ein Bericht an den Aufsichtsrat listet 20.000 Einzelprobleme am BER auf - auch kaputte Fliesen. Hauptproblem bleibt aber der Brandschutz.

Es war wie immer: Kaum gab es neue Hiobsbotschaften zum neuen Großflughafen BER in Schönefeld, versuchte die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) die Probleme kleinzureden. Die Zahl 20.000 sei irreführend und ohne jede Aussagekraft, sagte ein Flughafensprecher. „Das Problem ist und bleibt der Brandschutz.“

Zuvor war bekannt geworden, dass ein aktueller Bericht an den Flughafenaufsichtsrat mehrere Zehntausend Mängel zum Stand der Arbeiten am BER auflistet. „Wir fassen alle relevanten Punkte in einem Fortschrittsbericht zusammen“, bestätigte Ingo Strater, Sprecher des Bundesverkehrsministerium, am Sonntag die schonungslose Bestandsaufnahme.

Dass es einen solchen Report geben soll, war bereits am vergangenen Mittwoch nach einer Sitzung des Aufsichtrats der Flughafengesellschaft bekannt geworden. Zu den aufgelisteten Mängeln zählen jedoch nicht nur große Katastrophen, sondern auch kleine Defizite, wie zum Beispiel kaputte Fliesen. In dem Bericht sollen aber alle Probleme und Fehler am Flughafen BER kategorisiert werden: von A (Priorität hoch) bis D (Priorität niedrig).

„Ziel ist absolute Transparenz beim Baufortschritt. Wir wollen nicht, dass das Desaster nur dokumentiert, sondern dass abgearbeitet wird“, sagte der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba (CDU), der den Bund als einen der drei Flughafengesellschafter im BER-Aufsichtsrat mit vertritt.

Das Hauptproblem sei aber nach wie vor der nicht funktionierende Brandschutz im Terminal. Zu jedem Mangel müsse die Geschäftsführung des Flughafens künftig die entsprechenden Lösungsmaßnahmen liefern, so der Aufsichtsrat weiter. Die personellen Zuständigkeiten und Verantwortlichen würden klar benannt. Der Fortschrittsbericht soll die bisherigen monatlichen Statusberichte an den Aufsichtsrat ersetzen.

Das Kontrollgremium werde streng auf den Status der Mängelbeseitigung achten, also ob und in welchem zeitlichen und finanziellen Rahmen die Maßnahmen erledigt werden. „Dazu sollen auch die jeweils Verantwortlichen direkt Bericht erstatten“, beschrieb Bomba die Maßnahmen, die das Dauerchaos auf der Baustelle in Schönefeld beenden sollen.

Bestandsaufnahme soll bis Juni oder Juli abgeschlossen sein

Erst am vergangenen Mittwoch hatte der Technikchef der Flughafengesellschaft, Horst Amann, eine umfassende Bestandsaufnahme der Situation auf der BER-Baustelle angekündigt. Das sorgte für einige Verblüffung. Hatte doch Amann bereits in den vergangenen Monaten davon gesprochen, sich einen genauen Überblick über alle Probleme zu schaffen. Schon dabei waren zahlreiche Mängel bekannt geworden.

Etwa, dass bei ungünstiger Witterung Regenwasser in das Gebäude eindringen kann oder dass Rolltreppen im Terminal zu kurz sind. Doch das ganze Ausmaß der Abweichungen scheint immer noch nicht bekannt zu sein. Nun, so kündigte Amann an, soll die neue Bestandsaufnahme bis „Juni oder Juli“ abgeschlossen sein. Vorher könne auch kein neuer Termin für den Start des BER festgelegt werden.

Die ursprünglich für den 31. Oktober 2011 angekündigte Eröffnung ist inzwischen bereits vier Mal verschoben worden. Experten rechnen damit, dass der neue Hauptstadtflughafen wegen der vielen ungelösten Probleme erst 2015 in Betrieb gehen kann.

Wilhelm Bender hilft kurzfristig am BER aus

Offen ist weiterhin, wer nach der kürzlich erfolgten Ablösung des bisherigen Chefs der Berliner Flughäfen, Rainer Schwarz, die Gesellschaft führen soll. Auch der dringend gesuchte Finanzvorstand ist bisher nicht gefunden.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der im Januar die Leitung des BER-Aufsichtsrats von Klaus Wowereit (SPD) übernommen hat, hofft, dass es im März erste Personalvorschläge geben wird. Allerdings rechnet Platzeck auch damit, dass die neuen Manager nicht kurzfristig zur Verfügung stehen werden, weil sie noch in anderen Führungspositionen arbeiten.

Bis ein neuer Flughafenchef gefunden ist, soll nun der frühere Geschäftsführer des Frankfurter Flughafens, Wilhelm Bender, aushelfen. Er erhält einen Beratervertrag und wird mindestens zwei Tage die Woche dem derzeit einzigen Flughafengeschäftsführer Horst Amann beistehen.

Aktuell soll der BER 4,3 Milliarden Euro kosten

Bender und Amann kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Frankfurt und gelten als gut eingespieltes Team. Platzeck hatte Bender zunächst den Chefposten für die Berliner Flughäfen angeboten, doch der lehnte nach einiger Bedenkzeit ab.

Zusätzlich wird noch ein externes Unternehmen, das die Geschäftsführung fachmännisch begleiten soll, gesucht. Dazu wird es eine europaweite Ausschreibung geben. Experten rechnen indes damit, dass die Flughafengesellschaft für die vielen neuen Berater zusätzliches Geld benötigen wird. Aktuell soll der BER mindestens 4,3 Milliarden Euro kosten.