Dem Flughafen BER steht nun seine große Bewährungsprobe bevor. Im Dezember wird die Brandschutzanlage einigen wichtigen Tests unterzogen. Sollte sie diese nicht bestehen, müssen teils gravierende Umbauarbeiten vorgenommen werden. Das könnte so zeitaufwendig sein, dass der Starttermin am 27. Oktober 2013 wohl erneut gefährdet ist, heißt es in Gesellschafterkreisen. Notwendig wurden die Tests, als auffiel, dass an einigen Stellen gegen die Vorschriften des Bauordnungsamts verstoßen wurde. Technikchef Horst Amann will Umbauarbeiten vermeiden, indem er nachweist, dass die Anlage auch unter diesen baulichen Gegebenheiten funktioniert.
Gleichzeitig hat Amann Ärger mit den Baufirmen. Mit ihnen muss er sich unter anderem über die Finanzen streiten. So ist sich der Flughafen mit einigen Firmen nicht über die Höhe ihrer Ansprüche einig. Hauptgrund für die unklaren Rechnungen sind die sogenannten Endspurtmaßnahmen, mit denen man den eigentlich geplanten Eröffnungstermin am 3. Juni 2012 einhalten wollte. Dies erwies sich als vergeblich, deshalb gibt es nun Streit ums Geld.
Baufirmen zweifeln an Zahlungsfähigkeit
Außerdem verlangt Amann von den Firmen terminsichernde Vereinbarungen. Auch das stößt nicht überall auf Zustimmung, zumal sie an der Zahlungsfähigkeit des Flughafens zweifeln. „Das Krisenmanagement der Verantwortlichen und vor allem des Regierenden Bürgermeisters hat die Verhandlungsposition der Flughafengesellschaft nachhaltig geschwächt“, sagte der Abgeordnete Martin Delius (Piraten) am Mittwoch, der den Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des BER-Debakels leitet. Seiner Ansicht nach habe schon die Entlassung der Generalplaner die Fortführung der Bauarbeiten massiv gefährdet. „Den Vogel schoss allerdings der Aufsichtsratsvorsitzende Wowereit ab, als er öffentlich die Baufirmen selbst für die Verschiebung der BER-Eröffnung verantwortlich machte“, so Delius. „Für einen solchen Bauherren will niemand gerne arbeiten.“ Für ihn sei nachvollziehbar, „dass jetzt die Baufirmen an der finanziellen Standfestigkeit der Flughafengesellschaft zweifeln“. Die Flughafengesellschaft wies die Vorwürfe der Bauunternehmen am Mittwoch zurück.
Noch gibt es eine Haushaltssperre des Bundes
Insgesamt stellen der Bund, Berlin und Brandenburg dem BER nochmals 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung – unter anderem für Weiterbau und besseren Schallschutz. Berlin hat seinen Anteil in Höhe von 444 Millionen Euro bereits im Nachtragshaushalt berücksichtigt. Das Geld soll nach und nach bei Bedarf an die Flughafengesellschaft ausgezahlt werden. Auch Brandenburg hat die Mittel in den Doppelhaushalt eingestellt. Der Bund muss entsprechend seiner Anteile weitere 312 Millionen für den BER einplanen. Doch diese Mittel sind bislang mit einer Sperre versehen. Mit Ausnahme der SPD hatten sich alle Haushaltspolitiker für diese Sperre ausgesprochen. Sie wollten sich dadurch ein gewisses Druckmittel bewahren um zu beobachten, wie sich die Lage am BER weiterentwickelt.
Nun könnten sie nach Informationen von Morgenpost Online dazu gezwungen sein, die Gelder doch schon früher freizugeben. Am 14. Dezember wird der Bundesrat über den Nachtragshaushalt des Bundes beraten. Wenn die Länderkammer den Etat genehmigt, müsste der Haushaltsausschuss anschließend die Sperre aufheben. Das könnte dann frühestens bei der darauf folgenden Sitzung im Januar erfolgen. Bis dahin sollte es zwar Klarheit über das Ergebnis der nun anstehenden Brandschutztests geben. Doch ob der Starttermin im Oktober 2013 dann noch gilt, ist fraglich.
Kosten könnten um weitere 250 Millionen Euro steigen
Daneben droht eine neue Kostenexplosion – um bis zu 250 Millionen Euro. Dies berichtet die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf eine Sitzung des Projektausschusses. Die Mehrkosten fielen an, weil die Bauunternehmen bisher nicht alle Forderungen offen gelegt hätten.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dementierte den Bericht am Donnerstagvormittag. Dem Berliner Radiosender 104.6 RTL sagte er, dass es sich nicht um Kosten handle, die zusätzlich zu den 1,2 Milliarden Euro Hilfen von Bund, Berlin und Brandenburg entstünden. Wowereit betonte, dass in den Zusatzgeldern bereits Reserven angelegt worden seien.
Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), Mitglied im Aufsichtsrat und Vorsitzender des Projektausschusses, sagte am Donnerstag: Die 1,2 Milliarden Euro, die von den Gesellschaftern bereit gestellt wurden, werden derzeit von der EU notifiziert. Sie sind auch mit etwaigen Nachforderungen ausreichend, um eine termingerechte Fertigstellung unter Berücksichtigung des Schallschutzes zu ermöglichen.
Untersuchungsausschuss kommt nur schleppend voran
Auch der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Aufklärung des BER-Debakels kommt nur schleppend voran. So sind etwa bei den Grünen erst 45 Aktenordner mit Dokumenten eingegangen. Dabei soll es sich vorwiegend um Papiere aus der Zeit handeln, als die Entscheidung für den Standort in Schönefeld getroffen wurde. Die nächste und gleichzeitig auch letzte Sitzung vor Weihnachten findet am 7. Dezember statt. Danach trifft sich der Ausschuss erst wieder am 11. Januar 2013. In diesem Jahr werden daher sehr wahrscheinlich keine Zeugen mehr befragt werden. Andreas Otto, der für die Grünen im Untersuchungsausschuss sitzt, sieht dafür die Regierungskoalition in der Verantwortung. Diese habe „Verzögerungstaktik“ angewandt, kritisierte der Grünen-Abgeordnete.