Flughafen-Skandal

Lärmschutz-Streit gefährdert neuen Starttermin des BER

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Joachim Fahrun und  Viktoria Unterreiner

Der BER -Start ist um acht Monate verschoben. Es könnte noch später werden, weil die Flughafengesellschaft den Schallschutz aufweichen will.

Der Streit um Lärmschutz am neuen Flughafen BER gefährdet nach Ansicht von Politikern den neuen Starttermin im März 2013. Um die Rechte der Betroffenen zu klären ist ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig. Das sagte Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Mittwoch im Landtag in Potsdam. Dieser Prozess könne sich bis zum nächsten Sommer hinziehen, da zunächst Unterlagen begutachtet und Betroffene angehört werden müssen. Erst dann würden Anwohner erfahren, ob sie möglicherweise Anspruch auf Entschädigung haben, weil ihnen mehr Schallschutz zusteht.

Grund für die erneute Debatte ist ein Antrag der Flughafengesellschaft. Sie will eine Änderung des bereits genehmigten Planfeststellungsbeschlusses erreichen und den Schallschutz aufweichen. Andernfalls drohen ihr zusätzliche Zahlungen in Millionenhöhe.

Grüne fordern Rücknahme des Antrags

Dieses Verhalten kritisieren Oppositionspolitiker. „Eine jetzige Änderung der Planfeststellung gefährdet den Eröffnungstermin am 17. März 2013 erneut“, sagte Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Er fordert die Flughafengesellschaft auf, ihren Antrag auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses umgehend zurückzunehmen.

Der Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Harald Wolf, bezeichnet den Antrag als „ausgesprochen unglücklich“. Er schaffe Unsicherheit und halte die Betroffenen davon ab, die angebotenen Lärmschutzmaßnahmen anzunehmen. „Die Folge sind erneute Klagen und das ist ein Risiko für den Eröffnungstermin“, sagt Wolf.

Die Flughafengesellschaft widerspricht dieser Aussage. „Da der kritische Grenzwert wegen der höheren Zahl an Flugbewegungen sowieso erst 2015 erreicht wird, ist der jetzige Änderungsantrag auch kein Risiko für den Eröffnungstermin im kommenden Jahr“, sagte Rainer Schwarz, der Chef des Flughafens.

Kosten für Lärmschutz könnten sich verdoppeln

Bei der Auseinandersetzung geht es im Kern darum, wie oft die Bürger im Einfluggebiet durch den Fluglärm gestört werden dürfen. Die Flughafengesellschaft will erreichen, dass Fluglärm in den Häusern bis zu sechs Mal am Tag lauter als 55 Dezibel sein darf. Bei dieser Lautstärke ist es nicht mehr möglich, ein normales Gespräch zu führen. Darauf ist das bislang mit 157 Millionen Euro veranschlagte Schallschutzprogramm der Flughafengesellschaft ausgelegt. Sie beruft sich darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss in dieser Frage nicht eindeutig sei. Dieser schreibt vor, dass es tagsüber nicht lauter als 55 Dezibel sein darf.

Doch laut Flughafengesellschaft sei die Formulierung teilweise unklar gewählt. Zumal in der Nacht die strittigen 55 Dezibel sechs Mal erreicht werden dürfen. Sie sieht daher nicht ein, wieso der geltende Beschluss nachts eine deutlich strengere Regel vorschreibt als tagsüber. Falls der Flughafen nicht recht bekommt, müsste der Schallschutz bei vielen Betroffenen nachgebessert und Fenster ausgetauscht werden. Das dürfte die Kosten für den Lärmschutz nach derzeitiger Schätzung auf bis zu 300 Millionen Euro erhöhen.

Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD) stimmte das Abgeordnetenhaus unterdessen darauf ein, dass in das Projekt mehr Steuergeld fließen könnte als geplant. Der Regierende Bürgermeister hob im Hauptausschuss aber hervor: „Das muss immer das letzte Mittel sein.“ Vorher müsse die Flughafengesellschaft alle Möglichkeiten ausschöpfen, Zusatzkosten selbst aufzufangen.