Potsdam

Abriss der Fachhochschule Potsdam rückt immer näher

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Jens Anker
Der Abriss des sanierungsbedürftigen DDR-Gebäudes rückt immer näher. Aktivisten besetzten das Gebäude Mitte Juli

Der Abriss des sanierungsbedürftigen DDR-Gebäudes rückt immer näher. Aktivisten besetzten das Gebäude Mitte Juli

Foto: Ralf Hirschberger/ dpa

Potsdams Oberbürgermeister Jakobs lehnt das Kaufangebot einer Initiative ab. Der Abriss des sanierungsbedürftigen Gebäudes rückt näher.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat dem Kaufangebot für die Fachhochschule in der historischen Mitte Potsdams eine klare Absage erteilt. Damit rückt der Abriss des sanierungsbedürftigen DDR-Gebäudes näher. Das Angebot der Initiative „Stadtmitte für Alle“ sei zu spät eingegangen und wirtschaftlich nicht belastbar. „Es gibt keinerlei Veranlassung, von den bisherigen Plänen zur Gestaltung der Potsdamer Mitte abzurücken“, sagte Jakobs.

Damit geht der Streit über die Zukunft der Fachhochschule in die nächste – und wohl letzte – Runde. Die Stadt will das Gebäude abreißen und die Wiederherstellung der historischen Mitte rund um den Landtag, das Museum Barberini und die Nikolaikirche vorantreiben. Dazu hat die Stadt eine Ausschreibung auf den Weg gebracht, bislang sind 45 Angebote von interessierten Investoren eingegangen.

Abriss des alten Gebäudekomplexes noch in diesem Herbst

Auf dem 25.000 Quadratmeter großen Areal ist der Neubau von bis zu 40 Häusern entlang der Friedrich-Ebert-Straße, des Alten Marktes, des Platzes der Einheit, Am Kanal und der früheren Kaiserstraße geplant. „Auf diesem wichtigen innerstädtischen Bereich geht es um die Entwicklung neuer urbaner Innenstadtquartiere“, sagte Jakobs. „Dazu gehören Wohnungen, kleine Läden, Restaurants, Cafés, Ateliers und Raum für Kunst und Kultur.“ Bei der Ausschreibung sollen nicht die finanziell lukrativsten Angebote zum Zuge kommen, sondern diejenigen mit dem besten Nutzungskonzept. Der Abriss des alten Gebäudekomplexes soll noch in diesem Herbst erfolgen.

Die Gegner der Neubaupläne wollen dagegen das umstrittene Gebäude in schlichter DDR-Architektur erhalten und für eine öffentliche Nutzung umgestalten. In der vergangenen Woche hatte die Initiative der Stadt ein Angebot für die Fachhochschule in Höhe von sechs Millionen Euro unterbreitet. Das Gebäude soll ein Ort der Begegnung und sozialer Innovation werden – mit Kino, Hörsaal, Turnhalle und begrüntem Dach.

Aktivisten geben sich kämpferisch

Auch nach der Absage des Oberbürgermeisters an ihr Kaufangebot geben sich die Aktivisten kämpferisch. „Wir sehen das anders“, sagt André Tomczak von der Initiative. Auch wenn die Ausschreibung für die geplante Neubebauung auf den Weg gebracht sei, könnte die Stadt neue Beschlüsse herbeiführen und den Abriss stoppen. „Die Grundstücke sind noch nicht rechtsverbindlich verkauft“, sagt Tomczak am Dienstag, räumte aber gleichzeitig ein: „Die Zeit wird knapper und knapper.“ Deswegen soll der öffentliche Druck auf die Stadt erhöht werden. Am ersten Septemberwochenende planen die Aktivisten ein Sportfest auf dem Alten Markt. „Wir wollen zeigen, was alles möglich wäre und was durch einen Abriss an öffentlichen Funktionen verloren gehen würde“, sagt Tomczak.

Die Initiative will der Stadt nun ein finanziell neu unterlegtes Angebot vorlegen. Doch die Absage des Oberbürgermeisters an die Pläne ist deutlich: „Ausgeschrieben sind Lose auf Grundstücke, die neu bebaut werden sollen“, sagte Jakobs. „Die Initiative möchte dagegen etwas kaufen, das gar nicht zum Verkauf steht.“

Das Gebäude in der Friedrich-Ebert-Straße wurde zwischen 1971 und 1977 für das damalige Institut für Lehrerbildung errichtet. Seit der Wende diente es als einer von zwei Standorten für die damals neu gegründete Fachhochschule Potsdam. Bis zuletzt waren hier die Fachbereiche Sozialwesen und Informationswissenschaften untergebracht. Derzeit steht das Gebäude leer und ist eingezäunt.

Der Wiederaufbau der Mitte wurde 1990 beschlossen

Schon unmittelbar nach der deutschen Einheit hatte die Stadt die „behutsame historische Rekonstruktion“ der alten Mitte beschlossen. Seitdem sind dort der neue Landtag im Gewand des historischen Stadtschlosses und der Palast Barberini am Alten Markt neu entstanden. Bis 2020 soll auch der 90 Meter hohe Turm der Garnisonkirche als Wahrzeichen Potsdams wiedererstehen. Die Bauarbeiten dafür sollen in diesem Herbst beginnen. Der Turm war 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt worden.

Planungen: Bereits unmittelbar nach dem Fall der Mauer hatte Potsdam den behutsamen historischen Wiederaufbau der alten Mitte beschlossen. Die Pläne mündeten in einem Leitbautenkonzept, das von Potsdams Stadtverordnetenversammlung mehrfach bestätigt und konkretisiert wurde. Ziel ist die „historisch getreue Rekonstruktion aller Fassaden und der inneren Struktur der Gebäude“. Neben der Wiederherstellung von städtischen Gebäuden wird es auch eine neue Verkehrsführung im alten Potsdamer Stadtzentrum geben, die sich an den historischen Vorbildern orientiert.

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