CDU-Landeschefin

Nicht allen gefällt Ludwigs Rambo-Stil

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Gudrun Mallwitz

Foto: Massimo Rodari

Mit ihren Aussagen bringt Brandenburgs CDU-Landeschefin Saskia Ludwig alle gegen sich auf - auch die eigene Partei. Viele sehnen sich nach dem einstigen Harmoniekurs, den selbst ihr umtriebiger Vorgänger Jörg Schönbohm zumeist fuhr.

Zu konservativ, zu provokant, zu unberechenbar. Das war Jörg Schönbohm für viele in der märkischen Union. Er führte die Christdemokraten in Brandenburg 1999 erstmals in die Regierung. Irgendwann dachten sie aber, sie wären ohne den polarisierenden Ex-Bundeswehrgeneral erfolgreicher. Auch er hatte wohl genug von dem ständig zerstrittenen Landesverband.

Fünf Jahre nach seinem Abschied von der Spitze der Landespartei stehen Schönbohm und sein Wertekonservatismus zumindest bei der derzeitigen Parteiführung plötzlich wieder hoch im Kurs. Vor allem Partei- und Fraktionschefin Saskia Ludwig begreift sich offenbar als politische Enkelin Schönbohms – und eifert ihm in vielerlei Hinsicht nach. Mit ihren Kapriolen sorgt die 43-Jährige derzeit für fast so viel Aufregung wie Schönbohm in seinen wildesten Zeiten. Sie bringt alle gegen sich auf: die SPD als derzeit einzigen möglichen Koalitionspartner, die restliche Opposition von FDP und Grünen, aber auch die Bundes-CDU und Teile der eigenen Landespartei.

Vorläufiger Höhepunkt: Ausgerechnet im Rechtsaußen-Blatt „Junge Freiheit“ erklärte die CDU-Chefin die FPD für tot und forderte die Union auf, deren Wähler zu übernehmen – ohne Rücksicht auf Parteichefin Angela Merkel, die als Kanzlerin mit den Liberalen im Bund regiert. Und auch ohne Rücksicht auf die Landes-FDP, die sich bis dato im Landtag mit der CDU und den Bündnisgrünen als schlagkräftige Opposition gegen Rot-Rot verbunden sah.

Für Merkel ist die eigenwillige CDU-Chefin in Brandenburg damit wahrscheinlich kein Problem. Saskia Ludwig kann ihr mit ihrem kleinen Landesverband kaum gefährlich werden. Obwohl Saskia Ludwig auch im Bundesvorstand der Partei nicht alles mitmacht. So stimmte die Märkerin gegen den von Merkel vorangetriebenen Ausstieg aus der Atomenergie. Auch die Familienpolitik von Schwarz-Gelb ist wie die Euro-Politik der Kanzlerin nicht im Sinne Ludwigs.

Wie Schönbohm gehört Saskia Ludwig dem Berliner Kreis an – einem Zusammenschluss von Merkel-kritischen konservativen Politikern in der CDU.

Fischen im Rechtspopulistischen

Richtig geknallt hat es in der sogenannten Jamaika-Opposition im Landtag. Die FPD ist schwer beleidigt, und ihr Fraktionschef Andreas Büttner kündigte an, dass es vorerst keine weiteren gemeinsamen Initiativen mit der CDU geben werde. Auch Grünen-Chef Axel Vogel kritisierte Ludwigs „Fischen im rechtspopulistischen Bereich“. Die Wahl des Mediums für ihren Aufsatz sei die eigentliche Botschaft, empörte sich Vogel. Sie verwische die Grenze zwischen Rechts und Rechtsextrem. Damit die Opposition in den zweieinhalb Jahren bis zur nächsten Landtagswahl aber nicht in einer Blockadehaltung verharrt, schlug der Grünen-Chef vor, dass sich die Fraktionsvorstände zusammensetzen.

Mit dem einstigen Koalitionspartner SPD hat Ludwig es sich schon lange verdorben. Seit sich Matthias Platzeck 2009 nach zehn Jahren gemeinsamen Regierens für die Linkspartei entschieden hat, haut Ludwig drauf, so sehr es auch nur geht. Nicht allen in der Partei gefällt ihr Rambo-Stil. Viele sehnen sich zurück in die Regierung und zu dem einstigen Harmoniekurs, den selbst der umtriebige Schönbohm in der damaligen Koalition zumeist fuhr. Er fasste freiwillig nicht einmal das hochstrittige Thema Stasi an – dem damaligen Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) und dem Koalitionsfrieden zuliebe. Als Innenminister ließ er gar Stasi-belastete Polizeibeamte ungehindert Karriere machen.

Seine politische Enkelin hingegen kennt bei der Frage kein Pardon: Stasi-Spitzel haben ihrer Ansicht nach weder an führenden Stellen in der Landesverwaltung noch in der Politik etwas zu suchen. Und wenn Ludwig eine Meinung hat, dann steht diese meist ohne Einschränkung.

Die CDU-Chefin schlägt derzeit alle Warnungen in den Wind, sie schmiede die SPD mit ihren Attacken nur noch stärker an die Linke. Sie sagt, sie wolle aufräumen in der verfilzten märkischen Politik. Regelmäßig liefern sich Saskia Ludwig und Regierungschef Platzeck im Landtag harte, längst ins Persönliche gehende Gefechte. Die SPD lässt keinen Zweifel mehr daran, dass sie sich eine große Koalition mit Ludwig an der Spitze der CDU nicht vorstellen kann.

Erklärtes Ziel der CDU-Vorsitzenden ist der Politik- und irgendwann auch der Machtwechsel. Nach einer aktuellen Umfrage würden derzeit 34 Prozent der Wahlberechtigten die SPD in Brandenburg wählen. Die Ludwig-CDU liegt bei immerhin 24 Prozent und damit vor den Linken (21 Prozent). Bei der Landtagswahl 2009 wählten nur 19 Prozent die Union.

Allerdings sind auch die CDU-Mitglieder keineswegs von Ludwigs Brachial-Oppositions-Kurs überzeugt. Ratlos beobachten sie, wie die Vorsitzende sich seit Monaten mit allen anlegt: auch mit den Journalisten. Mit mehreren lag sie juristisch im Clinch.

Magere Wahlergebnisse

Beim Parteitag im Oktober wurde Ludwig mit nur knapp 70 Prozent ein zweites Mal als Landeschefin wiedergewählt, in der Fraktion erhielt sie mit 68 Prozent noch weniger Zustimmung. Sie irritiert mit ihren Extrem-Positionen. Deshalb erwartete die Fraktion jüngst auch ein klares Bekenntnis zum künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld. Die CDU-Chefin macht keinen Hehl daraus, dass sie den Standort Schönefeld für falsch hält. „Ich bin gegen Denkverbote“ sagt sie.

Im Frühjahr erwartet Saskia Ludwig ihr zweites Kind. Dann ist erst mal Pause. In den vergangenen Monaten tourte sie viel durchs Land – wie einst Jörg Schönbohm, als er als Ex-Innensenator nach Brandenburg kam und Stolpes absolute Mehrheit brechen wollte. Er hatte Erfolg damals. Der hohe Wähler-Zuspruch war allerdings nicht von Dauer.