Berlin. Zu den Fällen von religiöser Diskriminierung und Mobbing an der Tempelhofer Paul-Simmel-Grundschule hat am Mittwochabend ein Krisengespräch in der Senatsbildungsverwaltung stattgefunden. Dabei haben Schulleitung und Bildungsverwaltung „den Eltern ausdrücklich unser Bedauern ausgesprochen, dass es diese Entwicklung gab“, teilte Verwaltungssprecher Thorsten Metter am Donnerstag der Berliner Morgenpost mit.
„Es war ein wichtiger und intensiver Austausch“, so Metter. An dem Gespräch haben die Eltern des betroffenen Mädchens, die Schulaufsicht, der Schulleiter sowie die Antidiskriminierungsbeauftragte der Verwaltung, Saraya Gomis, teilgenommen. Das Gespräch sollte zunächst nach den Osterferienstattfinden, es sei aber auf Wunsch der Bildungsverwaltung vorgezogen worden, erläuterte der Sprecher.
Wie berichtet, ist das Mädchen nach Angaben seines Vaters in den vergangenen Jahren mehrfach von muslimischen Mitschülern bedroht worden. Den ersten Vorfall habe es vor zwei Jahren gegeben, den zweiten vor einem Jahr. Seiner Tochter seien Schläge und sogar der Tod angedroht worden – weil sie nicht an Allah glaube. Vor etwa zwei Wochen sei sie von einem Mitschüler gefragt worden, ob sie Jüdin sei. Als sie dies bejahte, habe der Junge mehrfach über den Pausenhof gerufen: „Sie ist eine Jüdin.“
Neue Diskussion um Antisemitismus
Das löste eine neue Diskussion um Antisemitismus an Berliner Schulen aus. Der Vater warf Schule und Schulaufsicht vor, auf diese Vorfälle nur unzureichend reagiert und diese verharmlost zu haben. Seine konkreten Vorschläge seien ignoriert worden. Für Ärger sorgte schließlich eine E-Mail des Rektors, die er in der vergangenen Woche an die Eltern der Schule geschrieben hatte. Dort führte er aus, das Mädchen sei von Mitschülern „zum Thema Glaube und Religion angesprochen worden“.
Der Schulleiter habe in dem Gespräch am Mittwoch eingeräumt, dass diese Formulierung „irritierend und falsch“ gewesen sei, erklärte Thorsten Metter. Es sei der Eindruck entstanden, dass die Schule das Problem nicht ausreichend ernst nehmen würde. Das bedauere der Rektor. Er habe deutlich gemacht, dass die Schule und er als Schulleiter religiöses Mobbing nicht tolerieren würden.
In einem Brief an die Elternvertreter der Schule, der der Berliner Morgenpost vorliegt, sprach er zudem erstmals davon, dass mehrere Schüler von den Vorfällen betroffen waren. "Kinder unserer Schule wurden von einigen Kindern allein aus dem Grund, dass sie nicht an Allah glauben, bedrängt", schreibt er darin. Es tue ihm außerordentlich Leid, was den Schülern widerfahren sei. Um wie viele Schüler es sich dabei handelt, bleibt im Brief jedoch unklar.
Es sei vereinbart worden, dass die Schule weitere Maßnahmen ergreift, sagte der Verwaltungssprecher. So werde eine Schulkonferenz zu diesem Thema einberufen, dazu würden auch Experten eingeladen. Mit diesen externen Fachleuten werde „die notwendige Organisationsentwicklung der Schule“ begleitet. Dabei werde auch untersucht, wie die Schule auf religiöse Diskriminierung reagiert. In dem Gespräch seien zudem erste konkrete Maßnahmen vereinbart worden, die das friedliche Zusammenleben aller am Schulleben Beteiligten stärken sollen. „Es geht dabei insbesondere um Demokratie- und Werteerziehung“, so Metter. Schulaufsicht und Antidiskriminierungsbeauftragte würden diesen Prozess begleiten.
Modellprojekt zu demokratischen Grundwerten
Möglicherweise kommt dabei „Hands for Kids“ zum Einsatz. Das Modellprojekt wurde vom Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum), dem American Jewish Committee (AJC) und weiteren Partnern entwickelt. Es regt eine möglichst frühzeitige aktive Auseinandersetzung von Kindern mit demokratischen Grundwerten an und richtet sich vornehmlich an Grundschüler.
In sechs Wochen soll es ein weiteres Gespräch mit den betroffenen Eltern geben, kündigte die Bildungsverwaltung an.
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