Berlin. Das Duschmobil, das im Rahmen der „Aktion Warmes Essen“ vor der Pauluskirchengemeinde hält, können bislang nur die Frauen nutzen.

Alle Tische sind noch leer, aber schön vorbereitet. Mit gelben Tischdecken, auf denen Kürbisse, Blumen und herbstliche Gestecke stehen. Kurz nach zwölf Uhr kommen die ersten Gäste mit ihren Tabletts. Es gibt einen Käsebratling, Reis und Gemüse, dazu ein Stück Pflaumenkuchen oder einen Salat. Renate ist seit Jahren Stammgast bei der „Aktion Warmes Essen“ an der Kirchstraße. Ihre Rente ist klein, viel kann sie sich nicht leisten. Dreimal in der Woche radelt die 81-Jährige deshalb mittags in die Paulus-Kirchengemeinde in Zehlendorf zum Essen. Montags nutzt sie das Duschmobil, das auf dem Parkplatz im Hof Halt macht.

Vor 30 Jahren wurde die Aktion von der evangelischen Paulusgemeinde gegründet. Zum Jubiläum fand gerade einen Festgottesdienst statt und eine Feier mit 200 Personen. Wohnungslose und Menschen mit einem geringen Einkommen werden mit einem warmen Essen, mit Kleidung und Beratung unterstützt. Von Anfang fand das Angebot im bürgerlichen Zehlendorf einen großen Zulauf. Von Jahr zu Jahr sind es mehr Menschen geworden, die in der Schlange vor der Essensausgabe stehen.

„In diesem Jahr mussten wir wieder eine Bedürftigkeitsprüfung einführen“, sagt Schwester Heike Erpel, Leiterin der Aktion Warmes Essen. Seit fünf Jahren läuft das Projekt in Kooperation mit der milaa gGmbH, einer Tochter des Evangelischen Diakonievereins Zehlendorf. Es sei ausgeufert, aus der ganzen Stadt wären sie in den Südwesten gekommen, erzählt die Schwester. Dafür sieht sie zwei Gründe: Die Armut nimmt zu und die Ausgabestelle in Zehlendorf ist ruhiger als andere, zum Beispiel am Bahnhof Zoo, „da ist der Ton etwas rauer“.

Mehr als 80 Mahlzeiten pro Ausgabetag sind nicht zu schaffen

Etwa 70 bis 80 Menschen werden dreimal pro Woche mit einer Mahlzeit versorgt, mehr ist nicht zu schaffen. Die Gäste ziehen eine Wartemarke, so kann der Andrang kontrolliert werden. Das Essen wird frisch von einer Köchin zubereitet, es ist gesund und abwechslungsreich. An einem Tag kommt das Duschmobil vorbei.

Allerdings steht es nur Frauen zur Verfügung. „Wir haben aber mehr obdachlose Männer“, sagt Heike Erpel. Die bräuchten mindestens genauso dringend eine Dusche, „im Sommer zum Abkühlen und im Winter, um wieder warmzuwerden“.

Deshalb würde sie es begrüßen, wenn das Duschmobil an allen drei Tagen der Essensausgabe Station auf dem Parkplatz der Kirche machen würde: montags für die Frauen und mittwochs und freitags für die Männer. Noch ist es ein Wunsch, aber an dem Konzept, den Kosten und dem benötigten Personal arbeitet sie. Denn das gesamte Projekt wird hauptsächlich über Spenden und Sponsoren finanziert. Auch Berliner helfen e.V., der Verein der Berliner Morgenpost, unterstützt das Projekt.

Noch ein weiteres Problem drückt die Jubiläumsstimmung in diesem Jahr: Die Bedürftigen werden auch mit Kleidung, Schlafsäcken, Bettwäsche versorgt, aber „die Nachfrage nach Zelten ist in diesem Jahr so hoch wie nie zuvor, weil es wieder so viele Obdachlose gibt“, sagt die Leiterin. Das alles lagert in der Kleiderkammer, die sich im Keller der Kirche befindet.

Kleiderkammer könnte in die alte Rathauskantine ziehen

Der Raum ist zu klein, feucht und nur über eine gefährliche Treppe zu erreichen. Jedes Mal müssen die Sachen nach oben geholt werden, um sie an die Bedürftigen weiterzugeben. Eine Lösung für das Problem bietet sich an: Gegenüber der Pauluskirche steht der alte Ratskeller leer. Den großen Raum der ehemaligen Rathauskantine würden die Mitarbeiter gern nutzen.

Eine Anfrage bei Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg läuft, noch steht die Antwort aus. Zumal es auch nur eine Zwischenlösung sein kann. Denn das Rathaus soll in den nächsten Jahren um- und ausgebaut werden.

Immerhin: Die Spendenbereitschaft ist in Zehlendorf groß. Diese Sorge haben die Projektverantwortlichen nicht. Lebensmittelspenden kommen zum Beispiel von der Tafel, Butter Lindner am Teltower Damm lässt alles abholen oder liefert, was nicht verkauft wurde. Dazu gehört neben Kuchen, Wraps und Salaten auch dunkles und helles Brot. Zehlendorfer Nachbarn würden paketweise Kaffee vorbeibringen, sagt Heike Erpel. So können die Gäste nach dem Essen noch eine Tasse heißen Kaffee trinken.

Viele freiwillige Helfer unterstützen das Projekt

Viele freiwillige Helfer unterstützen das Projekt. So wie Carsten, der dreimal die Woche kommt und als Springer überall mit anpackt, wo Hilfe gebraucht wird. Irina ist seit einem Jahr dabei. Die 65-Jährige war Krankenschwester und wollte noch etwas tun. „Weil ich noch Kraft habe und es ein Leben lang gewohnt bin, mit Menschen zu arbeiten“, sagt Irina.

Die Gäste bräuchten nicht nur Essen, sondern auch ein gutes Wort, eine persönliche und freundliche Ansprache. Und schon wendet sie sich einem langjährigen Gast zu und sagt besorgt: „Na, dir geht es heute gar nicht gut, das sieht man.“ Der Mann mit den weißen langen Haaren nickt.

Renate ist Gast und Helferin zugleich. Die 81-Jährige war Försterin und hat im Hof der Pauluskirche einen kleinen, aber sehr bunten Garten angelegt. Astern blühen gerade, Pfefferminze, Fuchsien und Hainveilchen sind angepflanzt. An den beiden Wochentagen, an denen Renate nicht in die Pauluskirche kommt, unterstützt sie als Ehrenamtliche eine andere gemeinnützige Essensausgabe am Südwestkorso.

Aktion Warmes Essen, ganzjährig montags, mittwochs und freitags von 12 bis 13.30 Uhr, in der Evangelischen Pauluskirche Zehlendorf, Kirchstraße 6. Die Kleiderkammer öffnet montags, freitags gibt es einen Büchertisch. Das Angebot richtet sich an wohnungslose Menschen und Menschen mit geringem Einkommen.