Berlin. Zum Prozessauftakt erklärt Kläger André Gaufer, warum er auf seinen Kaufvertrag besteht. Wie der erste Verhandlungstag endet.

Mit zwei dicken Aktenordnern unter dem Arm kam André Gaufer zum Prozess. Begleitet wurde er nicht nur von seinem Rechtsanwalt, sondern auch von zwei Herren, mit denen er sein Problem teilt. Auch sie haben eine Wohnung im Steglitzer Kreisel gekauft, auch sie sollen nachträglich Änderungen zum Kaufvertrag unterschreiben, auch sie weigern sich. Stellvertretend für die anderen hat André Gaufer auf Erfüllung seines Kauf- beziehungsweise Notarvertrages nun geklagt. Am Mittwoch startete der Prozess gegen die Adler Group am Landgericht Berlin am Tegeler Weg.

Nach etwa einer Stunde war die erste Anhörung vorbei. Mit dem Ergebnis: Eine Güteverhandlung ist gescheitert. Und beide Seiten haben sozusagen Hausaufgaben aufbekommen. Sie müssen Unterlagen und Dokumente bis zum 19. April nachreichen. „Recht dünn“ fand die Richterin die Angaben, mit denen die Adler Group schriftlich ihr Vorgehen begründete – also warum sie darauf pocht, dass die Käufer der Eigentumswohnungen Nachträge unterschreiben müssen, die sich von den ursprünglichen Kaufverträgen unterscheiden. So ist weder ein Tiefgaragenstellplatz noch der Fahrrad-Fahrstuhl Bestandteil des Ergänzungsvertrages. Warum war die Änderung der Verträge nötig? Auf diese Frage reichte der Richterin nicht, dass es unter anderem „technisch erforderlich“ gewesen sein soll.

Prozess um Steglitzer Kreisel: Rechtsanwalt ist optimistisch nach der ersten Verhandlung

Diese Bemerkung der Richterin stimmt Gaufer und seinen Rechtsanwalt zuversichtlich. „Aus rechtlicher Sicht sind wir optimistisch“, sagte Rechtsanwalt Stephen Lietz nach der ersten Anhörung. Es sei juristisch eine gute Etappe gewesen. Auch André Gaufer erklärte, sich richtig gut zu fühlen. „Die Richterin hat durchblicken lassen, dass sie unsere Argumentation stützt“, so Gaufer. Die Anwältin, die die Adler Group vertrat, wollte sich nach der Verhandlung nicht äußern. Sie schüttelte nur den Kopf und bedeutete damit, dass von ihr kein Kommentar zu bekommen sei. Das war alles. Ohnehin muss sie noch Vollmachten nachliefern, dass sie die Adler Group vertritt. Die hatte sie zum Prozessauftakt noch nicht im Original dabei, weil sich ein Geschäftsführer derzeit auf einem Auslandsaufenthalt befindet – auf der Immobilienmesse im französischen Cannes.

André Gaufer kommt mit zwei dicken Aktenordnern ins Landgericht Berlin am Tegeler Weg.
André Gaufer kommt mit zwei dicken Aktenordnern ins Landgericht Berlin am Tegeler Weg. © Katrin Lange | Katrin Lange

André Gaufer will in dem Prozess durchsetzen, was 2018 beim Kauf seiner knapp 70 Quadratmeter großen Wohnung im 19. Stock des Steglitz Kreisels vertraglich mit der CG-Gruppe vereinbart wurde. Und dazu gehört ein Stellplatz in der Tiefgarage, den er sich genau ausgesucht hat. So sollte er zum Beispiel nicht weit entfernt vom Fahrstuhl sein. Doch nach mehreren Eigentümerwechseln war die Adler Group sein neuer Vertragspartner. Und die änderte die Baupläne. Daraufhin sollten die Käufer der Wohnungen – von 330 sollen 150 verkauft beziehungsweise reserviert sein – Nachträge unterschreiben, in denen nun aufgrund der neuen Baupläne neue Konditionen vereinbart waren.

André Gaufer besteht auf seinen ursprünglichen Vertrag

Einige Käufer unterschrieben, einige traten von den Kaufverträgen zurück. Gaufer tat weder das eine noch das andere. Er will die Wohnung zu den ursprünglichen Bedingungen. Daraufhin trat die Adler Group einseitig von dem Vertrag zurück. In der Verhandlung erzählte er, dass ihm gesagt wurde, dass er verpflichtet sei, den vorgelegten Nachtrag zu unterschreiben. „Das sehe ich nicht so“, sagt Gaufer, der Geschäftsführer der PROfinance GmbH in Lichterfelde ist, die sich auf Fondsvermittlung spezialisiert hat. Er wolle seinen Vertrag erfüllt haben. Dazu gehöre sein eigener Tiefgaragenstellplatz, der im Grundbuch eingetragen ist und nicht nur ein Nutzungsrecht dafür.

Genau wie André Gaufert geht es Joachim Holzberg und Georg Ullrich. Auch sie waren zum Prozess gekommen, „denn sie können nicht einfach die Bauunterlagen ändern“, sagt Holzberg. Er hat ebenfalls in der 19. Etage eine Wohnung gekauft, Ullrich in der 17. und 25. Etage. Beide haben die Nachträge auch nicht unterschrieben. Sie geben sich kampfesbereit: „Wenn es sein muss, bereiten wir eine Sammelklage vor“, sagen die Herren.

Bevor die Verhandlung fortgesetzt werden kann, müssen nun beiden Seiten nachliefern: Die Anwältin der Adler Group die Vollmachten und eine ausführliche Begründung für die Änderungen der Kaufverträge. Gauferts Rechtsanwalt Stephen Lietz muss das Grundbuch einsehen, um herauszufinden, wer dort genau als Eigentümer eingetragen ist. Gaufer hatte den Vertrag mit der „Steglitzer Kreisel Turm GbR“ gemacht. Im Falle eines Schadenersatzes zum Beispiel ist es wichtig, wer verklagt wird und wer dafür aufkommt.

Läuft alles planmäßig, also anders als auf der Baustelle des Steglitzer Kreisels, sollte es vor der Sommerpause noch einen zweiten Verhandlungstermin geben. Bereits 2021 sollten die Wohnungen in dem Hochhaus an der Schloßstraße fertig sein. Jetzt geht die Adler Group davon aus, dass das gesamte Projekt 2025 abgeschlossen ist.

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