Reinickendorf
U-Bahn Berlin

U6 ab heute gesperrt: Das muss man wissen

| Lesedauer: 5 Minuten
Dirk Krampitz
Die BVG wird ab Juni 2021 die Brücke an der Seidelstraße abreißen und neu aufbauen. Die Brücke ist einsturzgefährdet. Die Illustration zeigt, wie die geplante Stahlkonstruktion aussehen wird.

Die BVG wird ab Juni 2021 die Brücke an der Seidelstraße abreißen und neu aufbauen. Die Brücke ist einsturzgefährdet. Die Illustration zeigt, wie die geplante Stahlkonstruktion aussehen wird.

Foto: BVG

Ab Kurt-Schumacher-Platz fährt die U-Bahn bis 2025 nicht mehr. Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten für alle Fahrgäste.

Berlin.  Im Norden Berlins beginnen am Montag für 25.000 Fahrgäste pro Tag äußerst unerfreuliche zweieinhalb Jahre bis zum Frühjahr 2025: Die U6 wird zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel saniert und dafür auf diesem Teilstück die ganze Zeit komplett gesperrt. Es gibt Schienenersatzverkehr. Nach den Bauarbeiten in Mitte vor zehn Jahren ist nun der nördliche Abschnitt dran. Die Kosten für die Sanierung werden sich am Ende geschätzt auf 90 bis 100 Millionen Euro belaufen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Sanierung.

Warum ist die U6 gerade dort so kaputt?

Die U6 wurde 1923 als erste Großprofillinie eröffnet und zählt zu den ältesten Strecken Berlins. Er war die erste unterirdische Nord-Süd-Verbindung in Berlin. 1958 wurde der Abschnitt zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Tegel als Teil der ersten Neubaulinie nach dem Krieg in Betrieb genommen. Damit ist der zu sanierende Teil zwar „erst“ 65 Jahre alt, liegt aber zum großen Teil an der Oberfläche und ist so stärker Witterungseinflüssen ausgesetzt.

Welche Arbeiten werden durchgeführt?

Die Tunnelportale an den Bahnhöfen Borsigwerke und Kurt-Schumacher-Platz müssen instandgesetzt werden, die über zwei Kilometer lange Strecke dazwischen muss neu verlegt werden. Denn es gibt Absenkungen am bisherigen Bahndamm um bis zu zehn Zentimeter. Darum muss er abgetragen und neu aufgeschüttet und auf 2,3 Kilometer Dammstrecke mit 1100 Stahlrohren verstärkt werden. Die Rohre werden im Abstand von drei Metern in den Boden gerammt. Insgesamt werden 6,5 Kilometer Gleis und acht Weichen neu verlegt, sowie zahlreiche Stromversorgungs-, Kommunikations- und Zugsicherungsanlagen erneuert. Vier Bahnhöfe werden von Grund auf instandgesetzt. Zudem bekommen die Stationen Holzhauser Straße und Borsigwerke Aufzüge.

Was ist das größte Teil-Projekt?

Eindeutig der Neubau einer Brücke über die Seidelstraße. Das allein soll schon zwei Jahre dauern. Das bisherige Bauwerk ist eine der ältesten Spannbetonbrücken Berlins, die wegen ihres 65 Meter langen Bogens und ihrer Schrägstellung als Baudenkmal eingetragen ist. Doch sowohl beim Entwurf als auch bei der Ausführung des Bauwerks wurden Fehler gemacht, sodass nur rund 20 Jahre nach der Eröffnung die erste Sanierung anstand. Trotz einer weiteren Sanierung durften seit Anfang der 90er-Jahre die U-Bahnen die Brücke nur mit Tempo 30 befahren.

Wann wird die Brücke abgerissen?

An einem Wochenende im März 2023 wird die Seidelstraße gesperrt und die Brücke mit „kontrolliertem Einsturz“, wie es seitens der BVG heißt, abgerissen. Der Neubau wird eher funktional ausfallen: Eine Stahlbrücke mit Pfeiler auf dem Mittelstreifen der Seidelstraße.

Wie funktioniert der Schienenersatzverkehr (SEV)?

Es werden bis zu 20 barrierefreie Busse zwischen Alt-Tegel und Kurt-Schumacher-Platz fahren, tagsüber mit Abständen zwischen einer und drei Minuten. Damit die Busse gut durch die Straßen kommen, wurden zwischen Eichborndamm und An der Mühle in beiden Richtungen Bussonderfahrstreifen eingerichtet. Für Autos bleibt in der Regel ein Fahrstreifen pro Richtung. Einige Parkplätze und Ladezonen wurden entfernt.

Wie viel länger braucht der SEV?

Von der Straße 462 am U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz soll der Bus laut Fahrplan in 16 Minuten nach Alt-Tegel fahren. Zum Vergleich: Die U6 braucht für diese Distanz sieben Minuten. Inklusive Anschlusszeiten werden Fahrgäste für die Teilstrecke wohl insgesamt 15 Minuten länger benötigen – insgesamt also 22 Minuten.

Gibt es Alternativen zum SEV?

Die BVG richtet an den U-Bahnhöfen Alt-Tegel, Borsigwerke, Holzhauser Straße, Scharnweberstraße, Kurt-Schumacher-Platz (alle U6), Rathaus Reinickendorf (U8) und an den S-Bahnhöfen Karl-Bonhoeffer-Klinik, Eichborndamm und Tegel (S25) „Jelbi“-Punkte ein, an denen rund 200 kostenpflichtige Roller und Räder gemietet werden können.

Wird die S25 zur Entlastung den Takt erhöhen?

Leider ist das nicht möglich, weil sie nach der Wende nur eingleisig wieder in Betrieb genommen wurde, darum ist ein schnellerer Takt als 20 Minuten nicht möglich. Zudem gibt es auf der S25 zeitweise parallel Bauarbeiten: Am S-Bahnhof Wollankstraße werden voraussichtlich ab Juni 2023 zwei nebeneinander liegende Brücken erneuert. Nach den bisherigen Zeitplänen soll das bis kurz vor Weihnachten 2024 dauern.

Warum werden nicht Teilabschnitte der U6 früher wieder freigegeben?

Die Brückenbauarbeiten werden sich über den kompletten Zeitraum erstrecken. Es ist den U-Bahnzügen also nicht möglich, diesen Punkt zu passieren, weshalb eine stückweise Eröffnung der Strecke ausscheidet.

Wie dauerhaft ist die Sanierung?

„Das ist schwer zu sagen und hängt auch von der Witterung ab, der die Strecke ja dauerhaft ausgesetzt ist. Wir gehen davon aus, dass viele Jahrzehnte vergehen, ehe solch eine Maßnahme wieder nötig sein wird“, heißt es seitens der BVG. Speziell die neue Trogbrücke mit Stahl-Verbundquerschnitt werde aber sehr viel haltbarer als die alte sein.

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