Baumfällung

Aufschub für die Eschenallee in Prenzlauer Berg

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Wollen die Bäume am Schulneubau in Prenzlauer Berg erhalten: Sabine Opderbeck und Nicolas Scharioth.

Wollen die Bäume am Schulneubau in Prenzlauer Berg erhalten: Sabine Opderbeck und Nicolas Scharioth.

Foto: Marc R. Hofmann / BM

Bäume in Prenzlauer Berg sollen Schulweg weichen. Nach Protesten wird über Alternativen beraten. Jetzt äußert sich auch der Senat.

Berlin.  „Lebe, Natur, Erde“, steht mit Kreide geschrieben auf drei Eschen an der Kniprodestraße in Berlin-Pankow: Dabei ist ein Großteil der ursprünglich 26 Bäume der „Eschenallee“ dem Schicksal der Fällung nur vorerst entgangen.

Auf der jüngsten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) votierten die Ortspolitiker mehrheitlich dafür, ihren Verbleib noch einmal zu debattieren. Anwohner der Initiative Pro Kiez Bötzowviertel hatten zuvor mehr als 1400 Unterschriften gesammelt und sich für den Erhalt stark gemacht. Grund für die geplante Fällung ist eine Abwägung für einen barrierefreien Schulweg und den Klimaschutz.

Ein neuer Planungsstand für den angrenzenden Neubau könnte jetzt jedoch Raum für einen Kompromiss schaffen, wie auch der Senat betont, der sich jetzt zu Wort gemeldet hat. Auf einem Teil der Werneuchener Wiese entsteht eine sogenannte Drehscheibe als Ausweichquartier für die sanierungsbedürftige Schulen des Bezirks Pankow.

Eschenallee in Prenzlauer Berg soll erhalten bleiben

„Der Schuleingang ist nicht mehr an der Kniprodestraße geplant“, begründet Anwohnerin Sabine Opderbeck ihr Eintreten für die Bäume. Während bei der Entscheidung der BVV Pankow für die Fällung einer Baumreihe im Mai 2022 noch von einer Erschließung der im Bau befindlichen Schule über die entsprechende Straße ausgegangen worden war, sei diese nun hauptsächlich über die Margarete-Sommer-Straße geplant. Das sei den Politikern im Frühjahr jedoch nicht bekannt gewesen.

Im Anbetracht vieler kranker Bäume im Bezirk Pankow ist der Verlust der Eschen mit diesem Wissensstand nicht zu rechtfertigen, sagt Opderbeck. Während zwei von ihnen im Zuge der Bauarbeiten der fast fertiggestellten Schule bereits gefällt wurden, bescheinigt ein Gutachten den erst 27 Jahre alten verbliebenen Exemplaren eine gute Gesundheit. Sie könnten noch 30 Jahre weiterleben. Neu gepflanzte Bäume brauchen hingegen Jahrzehnte, bis sie die gleiche klimaschützende Wirkung entfalten, so Opderbeck. Das merke man im Sommer gleich am Temperaturunterschied unter dem Blätterdach.

Parteien sind sich uneins über Fällung der Bäume

Bezirksverordneter Axel Lüssow schlägt in dieselbe Kerbe: „Hier geht es um die Fällung von gesunden Bäumen für eine temporäre Schuldrehscheibe, die 15 Jahre auf der Grünfläche steht.“ Das sei besonders bedenklich, weil zum Beispiel in Spandau die Hälfe von 500 neugepflanzten Bäumen gleich wieder vertrocknet seien.

Auch wenn für Wolfram Kempe (Linke) die Schulwegsicherheit oberste Priorität habe, bekennt auch er, von der Erschließung der Schule hauptsächlich über eine andere Straße im Frühjahr nichts gewusst zu haben.

Die zuständige Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) ist anderer Meinung. Sie betont, das Fällungsvorhaben des Bezirks sei in den vergangenen zwei Jahren ausführlich in den jeweiligen Ausschüssen besprochen worden. „Ich gehe davon aus, dass jeder Bezirksverordnete entschieden hat, weil er sich gut informiert gefühlt hat“, so die Stadträtin.

Das sieht auch die SPD so: „Das Thema wurde über zwei Jahre mehrfach in den Ausschüssen diskutiert“, sagt Roland Schröder. Da sich im Untergrund Bauschutt befinde und der bislang unasphaltierte Weg durch die Nutzung als Schulweg verdichtet werde, dürfte sich die Lebensdauer der Eschen ohnehin verkürzen. Auch sind es keine Bäume, „die zur Klimaanpassung geeignet sind“, so Schröder. Für ihn ist zudem die Margarete-Sommer-Straße durch die Zufahrt der dortigen Tankstelle als Schulweg nicht sicher.

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Trotz seiner Einlassung entschieden sich die Bezirksverordneten im Anschluss mit 28 zu 20 Stimmen für eine Neuberatung. Federführend im Ausschuss für Mobilität und öffentliche Ordnung, mitberatend im Ausschuss für Schule und Sport. Endgültig entschieden wird über das Schicksal der Eschenallee also frühestens Anfang 2023.

Senat äußert sich zu den Plänen des Bezirksamtes Pankow

Auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Politikerin Daniela Billig hat sich die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität und Verbraucher jetzt ebenfalls zu dem Thema geäußert. Demnach laufe ein intensiver Austausch zwischen Senat, dem Bezirk Pankow und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG).

Ziel ist es, „attraktive Anlagen für den Fuß- und Radverkehr zu schaffen und dabei auch den Anforderungen des Klima- und Umweltschutzes gerecht zu werden“, antwortet Staatssekretärin Meike Niedbal auf die Anfrage der Abgeordneten. Die hohe „Flächenkonkurrenz“ an dem Standort erschwere die Lösungsfindung, der Erhalt der Bäume stehe aber an erster Stelle.

Um all diesen Ansprüchen gerecht zu werden, schlägt die Senatsverwaltung dem Bezirk eine Variante zur „vertiefenden Erörterung“ vor, bei der der Gehweg hinter den beiden Baumreihen über das Grundstück der Schule führen könnte. Entschieden werden muss jedoch halbwegs zeitnah, denn zum neuen Schuljahr im August soll die Schule laut Plan bereits eröffnen. Am besten mit möglichst sicherem Schulweg.