Berlin. Was gerade angesagt ist? Da muss Gerhard Muthenthaler nicht lange überlegen. Er stellt eine handliche Kiste auf den Tresen und packt den Inhalt aus: Malzextrakt, Flüssighopfen, Hefe, ein Druckventil und ein Fünf-Liter-Fass als Gärbehälter. Das „Braufässchen“ geht im Erfinderladen in Prenzlauer Berg weg wie warme Semmeln. „Zutaten zusammenkippen und nach einer Woche ist das Bier fertig“, sagt Muthenthaler, der den Laden gemeinsam mit seinem Freund Marijan Jordan betreibt.
Die beiden Männer kennen sich seit ihrer Studienzeit, haben selbst viel getüftelt – und festgestellt, wie schwierig es ist, eine Erfindung auf den Markt zu bringen. Als sie den Dreh raus hatten, überlegten sie sich, den vielen anderen Daniel Düsentriebs dieser Welt auf die Sprünge zu helfen. Mehr als 20 Jahre ist es her, seit sie sich als Erfinder-Berater selbstständig machten. Viel wurde über sie berichtet, als öffentlich wurde, dass sie aus dem versteigerten Dorf Alwine in der brandenburgischen Provinz ein "Erfinderdorf" machen möchten.
Wie aber kamen sie auf ihren Erfinderladen? „Der Anstoß war, dass viele Erfinder bei Einkäufern großer Handelshäuser abblitzen, weil sie die Produktkapazitäten nicht liefern können oder einfach zu unbekannt sind“, sagt Muthenthaler. „Wir kümmern uns darum, dass aus Ideen Produkte werden“, ergänzt Jordan.
Die Auswahl reicht von Solarladern bis zu fiesen Samenmischungen
Ob die beim Kunden ankommen, lasse sich am besten feststellen, indem man sie verkaufe. So entstand die Idee für den Erfinderladen als „Testmarkt für viele kleine Helferlein für den Alltag“. Der sei eine Mi-schung aus Galerie künftiger Dinge und Ladengeschäft. „Was hier landet, das kann sich beweisen“, sagt Jordan.
Um die 350 Produkte präsentieren Muthenthaler und Jordan in ihrem Geschäft – vom Solarlader („Zusammengefaltet so klein wie eine Brieftasche und aufgeklappt bei vollem Sonnenschein so leistungsfähig wie ein Handy-Netzsteckerteil“) bis hin zu Rache-Seedbombs mit Unkraut-Saat, der fiesen Variante der Saatbomben mit Ablegern von Brennnesseln, Löwenzahn und Vogelmiere „für ganz besondere Mitmenschen“. Ein echter Renner sei auch die „Drachenhaut“ – ein Minidach, mit dem Radfahrer ihre Oberschenkel bei Regen trocken halten können.
Muthenthaler legt eine der gelben Pelerinen wie einen Gürtel um, die auf den ersten Blick aussehen wie eine wetterfeste Grillschürze, und schnappt sich das vor dem Laden abgestellte Fahrrad seines Mitarbeiters. „Jetzt einfach die Drachenhaut am Lenker oder an den Daumen befestigen und entspannt mit trockenen Hosen durch die Stadt radeln“, sagt er. Es klingt ein bisschen so, als würde er gerade ein Werbevideo drehen.
Handarbeit ist angesagt
Absolut im Trend liege derzeit auch alles, was „mit Handarbeit zu tun hat“, ergänzt Marijan Jordan. Ob es nun der Buttershaker sei, in dem aus Schlagsahne und Kräutern ruckzuck das passende Mitbringsel für den Grillabend entstehe, oder der Gin-Baukasten, mit dessen Hilfe Spirituosenfans binnen 24 Stunden ein pfeffrig-scharfes oder zitronig-fruchtiges Schnäpschen mixen können. Auch die beiden Käsesets zum Herstellen von Frischkäse oder Mozzarella kämen gut an. „Reicht für sieben Kilo Käse“, liest Muthenthaler die Produktbeschreibung auf dem Karton. „Das sollte fürs Erste genug sein, oder?“
Nicht alles aus dem Sortiment des Erfinderladens stammt allerdings von Erfindern, die Muthenthaler und Jordan betreuen. Manchmal sind es einfach nützliche Dinge, die sie selbst praktisch finden. Üblicherweise führen sie die Produkte nur so lange, bis die Erfinder „über den Kleinserienstatus hinaus sind“ und in größeren Stückzahlen produzieren können, „dann haben wir unseren Job erledigt“. Wenn es die Dinge dann auch anderswo zu kaufen gibt, sortieren Muthenthaler und Jordan sie wieder aus – außer es sind ihre persönlichen Höhepunkte.
Zu einem solchen könnten sich für Muthenthaler gerade die „Kippcaps“ entwickeln, bunte Flaschenaufsätze, die verhindern, dass Wespen und anderes Ungeziefer im Getränk landen. „Ideal für jede Gartenparty“, schwärmt er. Jordan hat einen ganz anderen Favoriten: den Blumentopf mit integrierter Spardose. Nicht nur, weil das Geld da gut versteckt sei. „Man kommt nur schwer wieder ran, weil dann ja die ganze Erde rausfällt – zum Sparen sehr effektiv.“
Erfinderladen Lychener Str. 8, Prenzlauer Berg, Mo.–Sbd. 11–20 Uhr, Tel. 54 71 33 06, www.erfinderladen-berlin.de
Das Dorf Alwine erfindet sich neu