Berlin. In Berlin herrscht Platznot: In Neukölln können weitere 400 Geflüchtete unterkommen, aber das ist nicht genug. Wie geht es weiter?
4000 geflüchtete Menschen warten momentan weiterhin auf eine Unterkunft in Berlin. Derweil leben sie unter prekären Bedingungen in provisorisch aufgebauten Zeltlagern. Allein jeden Tag kommen 100 bis 200 Menschen aus der Ukraine in Berlin an und warten auf einen Platz, den es in der Hauptstadt jedoch nicht gibt.
Das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) hatte sich deshalb im Oktober zum Ziel gesetzt, innerhalb von drei Monaten 10.000 neue Plätze zu schaffen. Während 6000 bereits neu dazugekommen sind, bleiben für die verbliebenen 4000 Plätze nur noch wenige Wochen. 900 Plätze hat das LAF diese Woche geschaffen. 500 davon in Mitte und 400 in der Neuköllner Gemeinschaftsunterkunft in der Haarlemer Straße 89-91.
Neukölln: Gemeinschaftsunterkunft Haarlemer Straße erweitert
Bis heute lebten im Altbau der Neuköllner Unterkunft 582 Asylbewerberinnen und -bewerber. Das zweite Areal auf dem Gelände – der Neubau – konnte durch den Aufbau von Duschcontainern nun wieder in Betrieb genommen werden. Damit bietet die Einrichtung jetzt eine Kapazität für bis zu 400 weitere Menschen, die ab diesem Freitag einziehen sollen. Betrieben wird die Neuköllner Unterkunft vom Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung Berlin (LfG-B).
In Neukölln gibt es vergleichsweise wenige Anlagen für Geflüchtete, prozentual decken sie den Anteil von Unterkünften mit 3,83 Prozent (im Vergleich dazu Pankow: 15 Prozent, Lichtenberg und Hellersdorf: 14 Prozent). Das sei so gewachsen, „weil Neukölln schon ein migrantisch herausgehobener Bezirk ist und man da gesagt hat, man teilt geflüchtete Personen eher auf andere Bezirke auf”, so Pressesprecher des LAF Sascha Langenbach.
Geringere Anteile an Unterkünften gebe es dagegen in Mitte, Charlottenburg und Kreuzberg – aber das könne sich auch bald ändern, denn man arbeite hart daran, überall in der Stadt Orte zu finden, an denen man die wartenden Geflüchteten unterbringen könne.

99 Prozent der Gemeinschaftsunterkünfte ausgelastet
Der Platzmangel ist akut: „Wir haben enormen Druck und einen enormen Zulauf”, sagt Langenbach. 86.000 neu registrierte Menschen und dazu noch 11.000 Asylbewerber dieses Jahr – „das sind die Zahlen und die Menschen, mit denen wir konfrontiert sind”, so der Sprecher weiter.
Man habe also im Grunde eine ganze Stadt in Berlin aufgenommen, für die man eine Infrastruktur auf die Beine stellen muss. Alle hätten einen guten Grund, zu kommen, aber der Platz fehlt: „Die Auslastung in unseren Unterkünften beträgt über 99 Prozent.“
Auf vorherige Infrastrukturen wie Hostels, in denen man zuvor übergangsweise Menschen untergebracht hatte, könne man auch nicht mehr zurückgreifen. Denn Touristinnen und Touristen sind nach der Coronapandemie wieder in die Stadt zurückgekommen und Hostels verfügten über keine freien Plätze mehr.
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10.000 Plätze in drei Monaten
Langenbach gibt an, dass die Aufmerksamkeit für die Brisanz zu gering ist: „Wir haben es nicht geschafft, medial und öffentlichkeitswirksam ein Verständnis dafür zu schaffen, was 10.000 Plätze in drei Monaten heißt.” Deshalb sei man nun auf der Suche nach geeigneten Orten. Momentan baut das LAF Zelte in Tegel und zwei Hangars auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof auf.
Es gebe auch noch viele Orte, für die noch Verträge liefen: „Wir arbeiten wirklich verdammt hart daran, dass die Menschen so gut ankommen können, wie es geht”, sagt Langenbach. Aber der Flüchtlingsstrom würde auch am ersten Januar weiterfließen, gibt er zu bedenken.
Wohin also mit den Menschen und wie mit der akuten Platznot umgehen? Auf diese Fragen werde es in Zukunft noch unangenehme Antworten geben, aber immerhin sei man daran gewöhnt, mit Krisen umzugehen, so Langenbach.