Berlin. In einer umstrittenen Kita-Broschüre wird erklärt, wie Erzieher rechte Eltern erkennen können. Falko Liecke (CDU) sieht das kritisch.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung ist mit ihrer Klage gegen den Neuköllner Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) vor dem Berliner Verwaltungsgericht gescheitert. Der Jugendstadtrat von Berlin-Neukölln darf weiterhin öffentlich von der Nutzung der im Internet verfügbaren Broschüre „Ene mene muh - und raus bist Du!“ der Amadeu-Antonio-Stiftung abraten. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 11. April entschieden, den Antrag der Stiftung abzulehnen, dem Bezirksamt Neukölln bestimmte Äußerungen bezüglich der Broschüre zu untersagen. Gegen den Beschluss ist noch das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

Liecke darf weiter von Nutzung abraten

Das Bezirksamt Neukölln darf damit weiterhin die Auffassung vertreten, die Broschüre vermittle einseitig Vorurteile und rege zur Bespitzelung ganzer Familien an. Das Bezirksamt Neukölln darf außerdem weiterhin von der Nutzung der Broschüre abraten.

Ein Unterlassungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, hieß es am Dienstagnachmittag vom Verwaltungsgericht. Der Jugendstadtrat habe sich in amtlicher Eigenschaft geäußert.

Liecke hatte in einer Pressemitteilung Ende November 2018 verkündet: „Neukölln rät von der Nutzung der Broschüre ab.“ Darin erklärt die Amadeu-Antonio-Stiftung an Fallbeispielen unter anderem, wie Erzieher in Kindergärten rechte Elternhäuser erkennen können. In dem konkreten Fall ging es um ein Mädchen mit Zöpfen und einer Vorliebe für Handarbeit und ihren Bruder, der körperlich gedrillt werde. Über die Broschüre entzündete sich damals eine bundesweite Debatte. Beides zusammen könne laut Stiftung ein Hinweis auf rechtsextreme Eltern sein.

Liecke hatte gesagt, dass die Broschüre Vorurteile bekämpfen wolle, aber selbst welche vermittle. Der Politiker hatte nach seinen Äußerungen eine Unterlassungsaufforderung kassiert. Der Anwalt der Stiftung argumentierte, dass Liecke sich privat so äußern könne, aber nicht im Namen des Bezirkes.

Aussage darf als Bespitzelung bezeichnet werden

Wäre Liecke dieser Aufforderung nicht nachgekommen, wäre ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro fällig geworden. Diese Summe hätte Liecke aber erst zahlen müssen, wenn die Stiftung vor dem Berliner Verwaltungsgericht mit seinem Eilantrag durchgekommen wäre.

Das Gericht geht in seiner Begründung sogar noch einen Schritt weiter: Die Pressemitteilung von Liecke enthalte weder wahrheitswidrige Tatsachenangaben noch unvertretbare Wertungen. „So werde etwa deutlich, dass es eine Empfehlung darstelle, die Broschüre nicht zu nutzen. Darüber hinaus sei die Bewertung vertretbar, dass die Broschüre einseitig Vorurteile schüre bzw. vermittle“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Die Empfehlung der Broschüre, bei einzelnen Eltern „genauer hinzuschauen“, dürfe negativ als „Bespitzelung“ bezeichnet werden. Die Wertung, dass es nicht Aufgabe von Erzieherinnen und Erziehern sei, die politische Gesinnung der Eltern zu überprüfen, knüpfe in sachlicher Form laut Verwaltungsgericht hieran an.

Die Äußerungen des Stadtrates seien auch nicht unverhältnismäßig. Er habe kein Verwendungsverbot der Broschüre ausgesprochen. Seine Äußerungen nähmen auch keinen lenkenden Einfluss auf die öffentliche Meinung, da es zu der Broschüre bereits vielfältigen öffentlichen Äußerungen gäbe.

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