Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat den an der Räumung des linken Neuköllner Kiezladens "Friedel 54" beteiligten Polizisten seinen Respekt ausgesprochen. Die Beamten seien "angemessen und besonnen" mit der Situation umgegangen, hieß es in einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung.
"Einen Extraweg für einige wenige, die glauben, sie könnten die Spielregeln des Zusammenlebens einseitig bestimmen, darf es nicht geben", sagte Geisel weiter. Die Themen steigende MIeten und Verdrängung müssten diskutiert werden, allerdings auf friedlichem Wege.
Die Polizei hatte am Mittag den Neuköllner Kiezladen "Friedel 54" geräumt und dem Gerichtsvollzieher Zutritt verschafft. Dieser soll die Räumlichkeiten (etwa 70 Quadratmeter) wiederum dem neuen Eigentümer übergeben. Die letzten fünf Besetzer wurden gegen 13 Uhr aus dem Haus gebracht. "Sie waren aber weder einbetoniert noch angekettet“, sagte die Sprecherin.
Polizeihunde sollen Demonstranten attackiert haben
Zuvor hatten Unterstützer der Besetzer Fotos von angeketteten und einbetonierten Armen im Internet veröffentlicht. Die Anwälte des Ladens und Politiker der Linken hatten die Polizei aufgefordert, den Einsatz zu beenden, um die Gesundheit der vermeintlich einbetonierten Menschen nicht zu gefährden.
Die Demonstranten, die die Straße vor dem Neuköllner Haus blockierten, waren am Donnerstagmorgen weggedrängt und weggetragen worden. Dabei kam es auch zu Rangeleien und Handgreiflichkeiten zwischen Blockierern und Polizisten.
Die Stimmung war angespannt, es gab Sprechchöre und laute Proteste. Gegen 10 Uhr traf der Gerichtsvollzieher am Haus ein. Die Beamten öffneten die Tür und drangen mit dem Gerichtsvollzieher in den Hauseingang vor. Bei der Aktion sollen einige Demonstranten verletzt worden sein, hieß es. Lukas Theune, Anwalt der Hausbewohner, sagte gegenüber Medienvertretern, die Polizei sei teilweise rücksichtslos vorgegangen, Polizeihunde hätten Demonstranten attackiert. Auch Sanitäter übten nach Informationen der Berliner Morgenpost Kritik am Vorgehen der Polizisten. So seien sie nicht unverzüglich zu Verletzten vorgelassen worden.
Demonstranten setzten nach Angaben der Polizei einen Türknauf unter Strom. „Lebensgefahr für unsere Kollegen“, schrieb die Polizei am Donnerstag auf Twitter. Dazu zeigte sie das Foto einer Hinterhof- oder Kellertür. „Zum Glück haben wir das vorher geprüft“, schrieb die Polizei. Der Strom im Haus sei abgestellt worden, sagte ein Sprecher. Sowohl der Anwalt der Bewohner als auch der Abgeordnete Hakan Tas (Die Linke), der sich während der Räumung vor Ort befand, bestreiten dies.
Friedel 54“ ist ein Symbolprojekt der linken und linksradikalen Szene gegen die Verdrängung aus dem Kiez. Der sogenannte Kiezladen wurde seit Jahren für Versammlungen, Diskussionen, Filmvorführungen und zum Feiern genutzt.
Neue Eigentümer des Hauses hatten den Gewerbemietvertrag zuletzt gekündigt, der Kiezladen aber zog, anders als vorgesehen, nicht aus. In den frühen Morgenstunden hatte die Polizei die Friedelstraße abgesperrt. 100 bis 200 Demonstranten hatten sich aber bereits am Vorabend und in den Nacht vor dem Kiezladen versammelt. Sie weigerten sich, den Bereich zu verlassen, obwohl die Polizei sie mehrfach dazu aufforderte. 500 Beamte waren im Einsatz.
Die Einsatzkräfte, die mit Helm und Schutzausrüstung agierten, drangen auch in benachbarte Häuser ein und positionierte sich auf umliegenden Dächern. Über dem Kiezladen standen Bewohner des Hauses auf den Balkonen. „Wir bleiben alle“ hatten sie auf Transparente geschrieben.
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