Abtransport ins Lager

Güterbahnhof Moabit: Gedenken an die Opfer des Holocaust

| Lesedauer: 3 Minuten
Birgit Lotze
Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) bei ihrer Ansprache zum Holocaustgedenktag. Die Stelle am Güterbahnhof Moabit war einer der zentralen Orte in Berlin für die Verschleppung von Juden in Vernichtungslager. Mit dabei: 80 Gedenkende, darunter Musiker Berthold Pesch (li.).

Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) bei ihrer Ansprache zum Holocaustgedenktag. Die Stelle am Güterbahnhof Moabit war einer der zentralen Orte in Berlin für die Verschleppung von Juden in Vernichtungslager. Mit dabei: 80 Gedenkende, darunter Musiker Berthold Pesch (li.).

Foto: Birgit Lotze

32.000 Jüdinnen und Juden wurden von den Nationalsozialisten vom Güterbahnhof Berlin-Moabit deportiert. Heute ist dort ein Gedenkort.

Berlin.  Etwa 80 Menschen haben am Internationalen Holocaustgedenktag in Moabit der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Am Güterbahnhof Berlin-Moabit begann für Tausende Berliner Jüdinnen und Juden die Shoah. Heute ist an der Stelle am Gleis 69 ein Gedenkort für die Opfer des Massenmords. Dort fand der Abtransport in die Lager statt.

Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) erinnerte daran, dass der Güterbahnhof Moabit ein Berliner Beispiel ist für die grausamen nationalsozialistischen Verbrechen und die systematisch geplante und industriell durchgeführte Vernichtung von Juden. Meist seien es Juden gewesen, die in den Tod geschickt wurden, aber auch Roma, Sinti, sogenannte Asoziale und sexuelle Minderheiten. An letztere wurde am Holocaustgedenktag 2023 erstmals gedacht. Stefanie Remlinger erinnerte daran, dass der Paragraph 175, der die „widernatürliche Unzucht“ zwischen Männern unter Strafe stellte, auch lange nach Kriegsende noch galt – in der von den Nationalsozialisten verschärften Form.

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Zwischen März 1942 und Januar 1944 wurden vom Güterbahnhof Moabit aus mehr als 32.000 jüdische Bürgerinnen und Bürger in Ghettos und Vernichtungslager verschleppt – nach Theresienstadt, Riga, Raasiku und Auschwitz. Bei der Gedenkveranstaltung präsentierten Schülerinnen und Schüler der Arbeitsgruppe Erinnern der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule ein eigenes Projekt. Im Zentrum standen zwei jüdische Lehrer ihrer Schule und deren Erfahrungen während des Nationalsozialismus in Moabit.

Stefanie Remlinger eröffnete am Gedenkort auch eine temporäre Ausstellung, die vom Mitte-Museum und dessen Leiter Nathan Friedenberg initiiert worden ist. Die Ausstellung thematisiert die Chronologie der antijüdischen Gesetzgebung zwischen 1933 und 1945 und verweist auf die Deportationen.

Inzwischen wurde ein Runder Tisch für den Gedenkort eingerichtet

Thomas Abel vom Verein Gleis 69 berichtete auf der Gedenkveranstaltung, dass inzwischen ein Runder Tisch für die Erhaltung des Gedenkortes eingerichtet worden ist. Beteiligt seien nicht nur die Vertreter des Bezirks und des Kulturreferats, sondern auch die Deutsche Bahn und Lidl.

Dass auf einem schmalen Verbindungsweg zwischen Ellen-Epstein-Straße 1 und Quitzowstraße 23 – gängige Erklärung ist: „zwischen Lidl und Hellweg“ – ein Stück des ehemaligen Güterbahnhofs Berlin-Moabit als Gedenkort weiterhin erlebbar ist, ist auf viele Vorstöße seit dem Jahr 1987 zurückzuführen. Denn der Standort lag auf Bahngelände, konnte also nicht vom damaligen Bezirk Tiergarten oder von Vereinen gestaltet werden. Zwei der drei Gleise, von denen die Deportationszüge gestartet waren - die Gleise 81 und 82 - waren damals bereits abgebaut.

Stimmen für eine Gedenkstätte wurde lange nicht gehört

Nach dem Mauerfall wurde zwar vieles in der Gegend umgestaltet, eine Gedenkstätte blieb aber weiterhin unberücksichtigt. Erst 2015 wurde am historischen Ort des ehemaligen Güterbahnhofs ein Gedenk- und Lernort eingerichtet. Dort noch sichtbar ist der ehemalige östliche Teil des Gleises 69, von dem heute nur noch das Stück am Gedenkort übrig ist.

Seitdem verändert sich der Ort nach und nach, am auffälligsten ist wohl die Arbeit „Hain“ des Künstlerkollektivs Raumlabor Berlin. Das Kollektiv pflanzte 20 Waldkiefern, sie werden in den nächsten Jahren einen Teil des historischen Areals zusehends hervorheben.

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