Berlin. In einem Jahr soll das Humboldt Forum im Berliner Schloss öffnen – zumindest in Etappen.

Die Hand eines Gorillas, die Marmorstatue des Kurfürsten Friedrich III. und die Safetür des legendären Berliner Technoclubs „Tresor“ haben eines gemeinsam: Sie alle sind Exponate, die in gut einem Jahr im Humboldt Forum im teilrekonstruierten Berliner Schloss zu sehen sein sollen. Unter dem Motto „Erste Vorboten“ werden sie in den kommenden Monaten in Ausstellungen und Gesprächen mit zwölf weiteren Objekten präsentiert, die für das Konzept des künftigen Kulturzentrums stehen sollen. Generalintendant Hartmut Dorgerloh stellte die ausgewählten Exponate am Dienstag öffentlich vor.

Mehr als 20.000 Objekte werden ausgestellt

Insgesamt werden in dem Museums- und Kulturzentrum mit einer Ausstellungsfläche von 40.000 Quadratmetern mehr als 20.000 Objekte aus Asien, Afrika, Amerika, Ozeanien und aus Berlin zu sehen sein. Der wilde Mix ergibt sich aus den künftigen Nutzern. Das sind die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin, das Stadtmuseum Berlin, die gemeinnützige Landesgesellschaft Kulturprojekte Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin sowie federführend die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss.

Und damit deren Sammlungen nun nicht wie ein zusammengewürfeltes Sammelsurium daherkommen, gab sich Dorgerloh am Dienstag alle Mühe, die ausgewählten Objekte miteinander in Verbindung zu bringen. „Exemplarisch stehen diese Vorboten für die Vielfalt der Themen aus Wissenschaft und Kunst, Natur und Kultur, Geschichte und Gesellschaft sowie für die verschiedenen Perspektiven von gestern und heute, nah und fern, die im Humboldt Forum in der Mitte Berlins neu zusammenfinden“, erläuterte der Generalintendant. Der Anspruch sei, mit den unterschiedlichen Akteuren ein gemeinsames Angebot zu formen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigt eine Figur aus Guatemala.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigt eine Figur aus Guatemala. © dpa | Arne Immanuel Bänsch

Ob das gelingt, davon können sich die Berliner ab sofort überzeugen. Bis Mai 2019 sollen „15 Humboldt Forum Highlights“, die laut Dorgerloh ausgewählt wurden, weil sie zwar nicht die teuersten, schönsten oder größten Objekte, aber die aussagekräftigsten sind, in Gesprächen und Ausstellungen auf der Museumsinsel und am Kulturforum präsentiert werden. Im Fokus soll dabei jeweils die Frage stehen, welchen Stellenwert diese Exponate für die Menschen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung hatten – und was sie heute für die Menschheit bedeuten.

Auch eine Primatenhand wird zu sehen sein

Makaber und irritierend beispielsweise wirkt das sogenannte Nasspräparat der rechten Hand eines Gorillas, die später auf der Ausstellungsfläche der Humboldt-Universität (HU) gezeigt wird. Wie kommt die Primatenhand hierher? Warum wird sie so gezeigt? „Solche Fragen wollen wir anregen und dabei ganz bewusst auch auf die gewaltvollen Formen der Auseinandersetzung mit der Natur eingehen“, sagte HU-Kurator Gorch Pieken. 1904 hatte das Zoologische Institut die Hand für seine Lehrsammlung erworben, um sie für vergleichende Studien mit einer Menschenhand heranzuziehen. Im Humboldt Forum soll sie nun auch beispielhaft für eine Praxis des Sammelns und Forschens stehen, die unter den Bedingungen des Kolonialismus zur Ausbeutung von Natur und Gesellschaften beitrug.

Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums und Chefkurator Berlins im Humboldt Forum, hat sich für die Stahltür des legendären Technoclubs „Tresor“ als exemplarisches Exponat seiner später 4000 Quadratmeter umfassenden Berlin-Schau entschieden. Dieses könne durchaus als „Paradiestor“, als Tor in die Freiheit für eine ganze Generation in den 90er-Jahren gelten, der Technoclub sei ein weltweit bekannter Mythos, sagte Spies. Künftig wird die Clubtür in der Berlin-Ausstellung im ersten Geschoss im Humboldt Forum zu sehen sein.

Die Stahltür des Technoclubs „Tresor“ soll den Besuchern einen ersten Eindruck der Berlin-Ausstellung im ersten Stock vermitteln.
Die Stahltür des Technoclubs „Tresor“ soll den Besuchern einen ersten Eindruck der Berlin-Ausstellung im ersten Stock vermitteln. © picture alliance / dpa/ Soeren Stache | picture alliance / dpa/ Soeren Stache

Mit dem Gemälde „Guten Tag“, das Wolfgang Mattheuer 1975 im Auftrag der DDR-Regierung für die Gemäldegalerie im Palast der Republik gemalt hat, wird ein Kunstwerk zumindest wieder geografisch an den Ort zurückkehren, für den es einst gedacht war. „Wir werden das Bild in der Ausstellung zur Geschichte des Ortes im zweiten Stock zeigen“, sagte Alfred Hagemann, der Leiter des Bereichs Gesichte des Ortes.

Das Ethnologische Museum hat als „Highlights“ Objekte ausgewählt, die lange nicht zu sehen waren und die laut Direktor Lars-Christian Koch eine besondere Aussagekraft haben. Dazu gehört etwa eine Kriegsvase der Maya. Wichtiges Anliegen der Museen sei, auch von der Geschichte und Herkunft der Objekte zu erzählen, sagt Koch mit Blick auf die laufende Debatte um Deutschlands koloniales Erbe. Inzwischen ist offenbar auch sicher, dass das Humboldt Forum nicht, wie ursprünglich geplant, zum 250. Geburtstag Alexander von Humboldts am 14. September eröffnen wird. Dies sei, so heißt es beim Bauherrn, der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, hinter vorgehaltener Hand, ohnehin eher „eine Wunschvorstellung von Wilhelm von Boddien“, dem Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss gewesen. Den Eröffnungstermin setze aber der Bauherr.

Schrittweise Eröffnung des Gebäudes Ende 2019

„Wir werden den Geburtstag gebührend im Humboldt Forum feiern können“, sagte Generalintendant Hartmut Dorgerloh. Die reguläre Eröffnung erfolge allerdings erst „schrittweise“ Ende 2019 und werde sich voraussichtlich bis 2020 hinziehen. „Bei der Größe dieses Hauses wäre es unterverantwortlich, alle Bereiche zugleich in Betrieb zu nehmen“, sagte Dorgerloh weiter. Derzeit werde eine regelrechte Choreografie der Eröffnung erarbeitet.

Veranstaltungen und Ausstellungen unter: humboldtforum.com/highlights

Mehr zum Thema:

Technoclub Tresor reif fürs Museum