Strich Kürfürstenstraße

Mitte-Bürgermeister will Straßenprostitution verbieten

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Yannick Höppner

Käuflicher Sex: Auch der Straßenstrich an der Kurfürstenstraße und die Anwohner sollen von dem reformierten Gesetz profitieren

Käuflicher Sex: Auch der Straßenstrich an der Kurfürstenstraße und die Anwohner sollen von dem reformierten Gesetz profitieren

Foto: Reto Klar

Stephan von Dassel (Grüne) will den Straßenstrich an der Kurfürstenstraße verbieten. Dafür brauche er aber den Senat.

Berlin. Seit Jahrzehnten stehen junge Frauen kaum bekleidet an der Kurfürstenstraße und verkaufen ihren Körper. Der Straßenstrich ist berüchtigt und auch als Umschlagplatz für Drogen bekannt. Doch damit soll Schluss sein. Der Bezirksbürgermeister von Mitte will ein Verbot der Straßenprostitution.

„Sie werden nicht mit der Schlagzeile rausgehen: Stephan von Dassel von den Grünen fordert Sperrgebiet“, betonte der Bezirksbürgermeister zu Beginn des Pressegesprächs am Freitag. Doch dann forderte der Bezirksbürgermeister eben genau das. Er sprach sich für die Befreiung der innerstädtischen Straßen von Prostitution aus – mithilfe einer Verbotszone. Die Politik solle Farbe bekennen und sich „nicht weiter wegducken“, so von Dassel. Spielplätze und Schulen einzuzäunen, werde die Prostitution nicht verschwinden lassen. Ihm fehle schlichtweg der Glauben, dass sich die Situation, insbesondere an der Kurfürstenstraße, ohne ein Verbot ändern könne.

Dass er sich dabei im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes nicht beliebt mache, sei ihm bewusst. Der Zeitpunkt aber sei Absicht. „Wenn es eine Zeit gibt, in der man kontrovers über gesellschaftliche Themen diskutieren kann, dann ist es der Wahlkampf“, sagte von Dassel. Ob es am Ende zu einer prostitutionsbefreiten Zone kommt, läge am Ende beim Senat, sagte von Dassel. Die eine Straßenseite der Kurfürstenstraße gehört jedoch zum Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg. Dessen Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD), teilt die Meinung ihres Kollegen nicht. Sie spricht sich stattdessen für einen „runden Tisch Sexarbeit“ aus und sagt: „Ich glaube nicht, dass man für so ein kompliziertes Problem so eine einfache Lösung hinkriegt.“

FDP-Innenexperte Luthe fordert mehr Kontrollen

Der FDP-Innenexperte Marcel Luth­e hält von diesem Vorschlag nichts. „Ich finde es bemerkenswert, dass der Bezirk Mitte das Thema über viele Jahre kaum verfolgt und urplötzlich zum Wahltermin die grüne Verbotsautomatik einsetzt“, sagte Luthe der Berliner Morgenpost. Der Abgeordnete verweist auf eine ihm aktuell vorliegende Antwort des Justizsenats auf seine parlamentarische Anfrage. Danach wurden in den vergangenen sechseinhalb Jahren in ganz Berlin lediglich in zwei Fällen gegen des Verdachts von jugendgefährdender Prostitution eingeleitet. Beide Verfahren – von 2011 und 2016 – wurden eingestellt.

Der Straftatbestand der jugendgefährdenden Prostitution liegt unter anderem vor, wenn jemand in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter achtzehn Jahren bestimmt ist, dem ältesten Gewerbe der Welt in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet. Seine Schlussfolgerung: „Es muss nicht gleich pauschal Prostitution in der Innenstadt verboten werden“, so Luthe, „sie muss nur kontrolliert und reguliert und es müssen offensichtliche Straftaten auch endlich bekämpft werden. Das sei bisher offensichtlich trotz klarer Verbote nicht passiert. In dem Kiez um die Kurfürstenstraße befinden sich zwei Grundschulen und das Französische Gymnasium.

Grundsätzlich ist die Prostitution in Deutschland erlaubt. Die Behörden eines Bundeslandes können jedoch die Ausübung der Prostitution in bestimmten Gebieten durch eine Rechtsverordnung verbieten. Der Sprecher der Berliner Innensenatsverwaltung, Martin Pallgen, sagte auf Anfrage der Berliner Morgenpost: „Stadtweit einen Sperrbezirk einzurichten, kann nur auf der Landesebene geregelt werden.“ Er fügte hinzu: „Meines Wissens gibt es im Senat derzeit keine Mehrheiten dafür.“ Auch müssten die Fachverwaltungen Gesundheit, Arbeitsschutz und Jugendschutz vor einer solchen Entscheidung eingebunden werden.

Der Kiez rund um den Straßenstrich um die Kurfürstenstraße ist dabei, sich stark zu verändern. Es entstehen immer mehr teure Wohnungen. Unlängst haben sich deshalb die Anwohner unter dem Motto „Wir bleiben!“ für einen Milieuschutz ausgesprochen. Der Bezirk Mitte hatte das Quartier 2015 zwar untersucht, dabei aber festgestellt, dass die Kriterien dafür nicht ausreichend erfüllt seien.

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