Berlin. Der Verein CFC Hertha 06 aus Charlottenburg-Wilmersdorf steht nach antisemitischen Äußerungen zweier Spieler erneut in der Kritik. In der ARD-Dokumentation „Judenhass auf Deutschlands Sportplätzen“ äußerte sich der Vereinsvorsitzende Ergün Çakir: „Mein Sohn wird sein komplettes Leben die Juden hassen - das weiß ich 100-prozentig.“ Wenn man mit jemandem darüber reden wolle, gebe es keinen, mit dem man sich hinsetzen und reden könne, sondern die sagten von vornherein: "Wir sind Juden, wir haben das Recht, wir können alles machen, was wir wollen." Was ihn sehr enttäusche, sei, dass die Deutschen da mitspielen würden.
Hintergrund ist das Urteil des Berliner Sportgerichts gegen zwei Jugendspieler des Vereins CFC Hertha 06, die nach antisemitischen Attacken in einem A-Jugendspiel im November für zwei Jahre gesperrt wurden. Der Verein musste 1500 Euro Strafen zahlen und bekommt drei Punkte abgezogen.
Lesen Sie dazu:Makkabi-Präsident: Projekte gegen Antisemitismus greifen
Ein Spieler soll im November während der Partie gegen den jüdischen Verein TuS Makkabi einen Hitlergruß gezeigt haben. Ein anderer Hertha-Spieler habe gedroht, die Fahne und die Spieler des TuS Makkabi verbrennen zu wollen.
Der kritisierte Vereinsvorsitzende Ergün Çakir sieht seine Aussagen in der ARD-Dokumentation aus dem Zusammenhang gerissen. "Ich habe das falsch rübergebracht", sagte er gegenüber der Berliner Morgenpost. Er schäme sich für den Vorfall im November und wolle alles dafür tun, dass so etwas nie wieder auf dem Platz passiert. Zurücktreten wolle er als Vereinsvorsitzender nicht.
Innensenat: Polizei ermittelt wegen antisemitischer Äußerungen der Spieler
Auch Innensenat und Polizei beschäftigen sich inzwischen mit den Vorfällen. Ein Sprecher des Innensenats bestätigt auf Nachfrage der Berliner Morgenpost, dass aufgrund der Äußerungen der beiden Spieler bereits Ende November ein Ermittlungsverfahren beim Landeskriminalamt im Bereich Staatsschutz wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet wurde. Auch die Äußerungen des Vorsitzenden seien an die Polizei weitergeleitet worden, auch wenn nach einer Ersteinschätzung die Äußerungen die Schwelle zur Strafbarkeit nicht überschreiten würden.
Für die zuständige Bezirksbürgermeisterin und Sportstadträtin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Heike Schmitt-Schmelz, habe der Vorsitzende mit seinen Äußerungen in der ARD-Dokumentation erneut „die Grenze des Erträglichen überschritten“. Ergün Çakir, der gleichzeitig der Vater eines der gesperrten Jugendspieler ist, verteidige und rechtfertige damit die Aussagen der beiden Jugendlichen.
Sportstadträtin fordert Konsequenzen und droht mit Entzug von Sportplätzen
Sie sei bereits über den Vorfall mit den beiden Jugendspielern "zutiefst bestürzt", teilte Schmitt-Schmelz mit. "Dass nun auch noch der Vereinsvorsitzende nicht erkennt, dass das, was in seinem Verein geschehen ist, in keiner Weise mit dem vereinbar ist, wofür die Bundesrepublik seit den Verbrechen der Schoah steht, erschüttert nicht nur mich umso mehr!", heißt es weiter. Sie erwarte, dass der Verein sich umgehend "in aller Deutlichkeit" von seinem Vorsitzenden distanziere und sich mit den Strukturen innerhalb des Vereines auseinandersetze. „Sollte dieser Vorfall im Verein keine nachhaltigen Konsequenzen haben, lasse ich bereits Maßnahmen prüfen, die bis zum Entzug der Sportflächen und auch der öffentlichen Sportförderung gehen.“ Auch der Berliner Fußball-Verband soll weitere Sanktionen prüfen.
Zudem werde der Landessportbund Berlin den Verein um Stellungnahme bitten und auf dieser Grundlage gemeinsam mit dem Berliner Fußball-Verband auch über die Konsequenzen für den Vorsitzenden des CFC Hertha 06 entscheiden. Der Innensenat werde den Sportbund zudem bitten, zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß weitere Sachverhalte bekannt sind.
Lesen Sie dazu:1052 antisemitische Vorfälle in Berlin erfasst
„Der Rechtsstaat muss sich nicht nur wehrhaft zeigen, sondern auch konsequent gegen Antisemitismus vorgehen – er muss handeln. In unserer demokratischen Vielfaltsgesellschaft gibt es keinen Platz für Hass und Hetze, ob auf dem Sportplatz, in der Schule, bei der Arbeit oder anderswo“, so ein Sprecher des Berliner Innensenats. Antisemitische Vorfälle hätten in Berlin in den vergangenen Jahren zugenommen.
Lesen Sie mehr aus Charlottenburg-Wilmersdorf.