Charlottenburg. Brötchen, Briefmarken, ein heißer Kaffee oder eine Flasche Wein für das abendliche Rendezvous: Seit mehr als zehn Jahren versorgt die "Sternschnuppe" an der Nehringstraße 11 die Bewohner des Klausenerplatz-Kiezes mit Dingen des tägliches Bedarfs. Außerdem gibt es eine Poststation. Bei den Schülern der benachbarten Nehring-Grundschule ist der kleine Tante-Emma-Laden aber vor allem wegen der großen Auswahl an Süßigkeiten beliebt. Obwohl statt Tante Emma eher "Onkel Meti" passender wäre. Denn unter diesem Namen ist der Betreiber, der namentlich nicht genannt werden will, den meisten im Kiez bekannt.
"Ich hab den Namen von meinem Vorgänger übernommen", sagt Onkel Meti. Dieser habe den Laden vor ihm mehr als 20 Jahre betrieben. Lebensmittel würden an der Nehringstraße 11 aber schon seit mehr als sechs Jahrzehnten verkauft. Damit drohte nun Schluss zu sein. 2012 kaufte der schwedische Immobilienkonzern "Akelius" das Haus. Im Juni wurde der Sternschnuppe zum 28. Februar 2019 gekündigt. Zwar hätte Onkel Meti den Mietvertrag verlängern können. Allerdings habe er die Frist dafür schlicht versäumt, wie er heute einräumen muss.
Onkel Meti kann für eine höhere Miete bleiben
Während mit der Sternschnuppe für Schüler und Kiezbewohner eine Nahversorgungsinstitution wegzubrechen drohte, stand Onkel Meti vor der Frage, wie er zukünftig seine Familie ernähren soll. Am Dienstag dann die gute Nachricht: Akelius habe angeboten, den Mietvertrag nun doch um zweimal fünf Jahre zu verlängern, wie Onkel Meti der Berliner Morgenpost sagte. "Ich bin glücklich und erleichtert, weil ich weiß wie es weitergeht." Allerdings solle die Miete von derzeit sieben auf 15 Euro pro Quadratmeter steigen, so Onkel Meti weiter. "Das kann ich aber verkraften."
Grund zur Freude gibt es auch bei der Mieterwerkstadt Charlottenburg. Die Initiative setzt sich nicht nur für eine Milieuschutzsatzung für den Klausenerplatz-Kiez ein, sondern hat sich mit mehreren Kundgebungen sowie einem Schreiben an Akelius auch für einen Verbleib der Sternschnuppe stark gemacht. "Das war unser Ziel, mehr geht doch nicht", freut sich Aktivist Klaus Helmerichs. Es sei ein gutes Beispiel dafür, dass man durch Engagement etwas erreichen kann.
Immer mehr Kleingewerbe verschwindet aus dem Kiez
"Ein Teil der Gentrifizierung ist die Verdrängung von Kleingewerbe", begründet Helmerichs das Engagement für Onkel Metis Laden. Das sei ein wichtiger Teil der Vielfalt im Kiez. Die gebe es zwar noch, aber die Einschläge kämen näher. So sei jüngst einem Frisör an der Sophie-Charlotten-Straße 24 gekündigt worden. Aus dem Haus an der Danckelmannstraße 19 hätten zuletzt ein Arzt und ein Laden für afrikanische Kunst ausziehen müssen. Für die dort neu geschaffenen Wohnungen würden Mietpreise von 16 Euro pro Quadratmeter aufgerufen, beklagt Helmerichs.
Verglichen mit dem, was Akelius jüngst an der Nehringstraße 11 verlangt, scheint das jedoch noch preiswert. Der Tischler neben der Sternschnuppe musste bereits im vergangenen Mai ausziehen. Auch hier wurde Gewerbe in Wohnraum umgewandelt. Eine dieser Wohnungen wurde im August zu einem Quadratmeterpreis von 36,11 Euro kalt angeboten und ist mittlerweile augenscheinlich vermietet.