Newsblog

Amokfahrt in Berlin: Täter in der Psychiatrie

| Lesedauer: 40 Minuten
Ulrich Kraetzer, Alexander Rothe, Michael Bee, Andreas Gandzior, Philipp Siebert, Uta Keseling, Jessica Pillatzki und Joachim Fahrun

Bei der Amokfahrt nahe dem Breitscheidplatz in Berlin wurden 32 Menschen verletzt. Alle News im Blog.

  • Bei der Amokfahrt am Mittwoch am Kurfürstendamm in Berlin ist der Täter in zwei Menschengruppen gefahren. Eine Gruppe bestand aus Schülern und Lehrern.
  • 32 Menschen wurden der Polizei zufolge verletzt. Eine Lehrerin starb.
  • Die Berliner Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Es habe sich erhärtet, dass eine psychische Erkrankung Anlass sei für die Tat.
  • Der Täter - ein 29 Jahre alter, in Berlin lebender Deutsch-Armenier - kommt in eine Psychiatrie.
  • Die Morgenpost berichtet über die Todesfahrt in der City West, die Reaktionen und weiteren Ermittlungen im Newsblog. Eine Zusammenfassung des tödlichen Unglücks am Breitscheidplatz lesen Sie hier.

News vom 10. Juni 2022: Mann vorher mehrfach psychologisch auffällig

13.08 Uhr: Vor der Todesfahrt vom Ku'damm in Berlin ist der beschuldigte 29-Jährige mehrfach psychologisch auffällig gewesen. Der sozialpsychiatrische Dienst des Bezirkes Charlottenburg-Wilmersdorf habe seit 2014 mehrfach eingreifen müssen, sagte der Bezirksstadtrat für Jugend und Gesundheit, Detlef Wagner (CDU), am Freitag. Das letzte Mal sei dies Anfang 2020 der Fall gewesen. Zuvor hatte der RBB berichtet. Eine konkrete Anzahl der Einsätze nannte Wagner mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nicht.

Der 29-Jährige ist auf Antrag der Berliner Staatsanwaltschaft in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Die Ermittler gehen davon aus, dass eine psychische Erkrankung zu der Todesfahrt geführt hat.

Nach RBB-Informationen ist der Deutsch-Armenier 2020 an eine psychiatrische Klinik überstellt worden, wo eine Einweisung geprüft werden sollte. Was dann geschah, ist nicht bekannt. „Wir sind immer die Erstintervenierenden“, erklärte Wagner.

Die Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen würden etwa von der Polizei um Hilfe gebeten, wenn Beamte bei einem Einsatz den Eindruck hätten, beim Täter lägen psychologische Probleme vor. Das Team gebe dann eine Einschätzung ab, ob der Betroffene beispielsweise in einer psychiatrischen Klinik vorgestellt werden solle. „Danach sind wir raus“, so Wagner. Der sozialpsychiatrische Dienst sei nicht eingebunden in den Fortgang des Falles. Darum existierten keine weiteren Akteneinträge.

Dies sei auch im Fall des 29-Jährigen so, erklärte der Bezirksstadtrat. Nach Anfang 2020 gebe es keine weiteren Eintragungen. „Der Mann ist - jedenfalls laut unseren Akten - nicht mehr mit psychischen Problemen in Erscheinung getreten“, so Wagner.

Nach Berliner Todesfahrt und Zugunglück: Schweigeminute im Bundesrat

10.32 Uhr: Der Bundesrat hat nach der tödlichen Autofahrt eines psychisch kranken Mannes in Berlin und dem tödlichen Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen eine Schweigeminute eingelegt. „Wir verurteilen die Gewalttat am Ku'damm, wir trauern um die Toten in Berlin und in Bayern, wir fühlen mit den Verletzten und den Angehörigen der Opfer“, sagte Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Die Linke) am Freitag vor der Bundesratssitzung. Im Anschluss erhob sich das Plenum.

Todesfahrt in Berlin - Bezirk will dortigen Autoverkehr verengen

9.10 Uhr: Nach der tödlichen Autofahrt eines psychisch kranken Mannes in Berlin soll der Autoverkehr rund um den Breitscheidplatz verlangsamt und zurückgedrängt werden. Auf beiden Seiten des Platzes mit der Gedächtniskirche sollten Autospuren entfernt werden, um eine direkte und gerade Fahrt Richtung Breitscheidplatz zu verhindern, sagte die Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Kirstin Bauch (Grüne), am Freitag im RBB-Inforadio.

Dafür gebe es Konzepte, die zum Teil bekannt seien und jetzt schnell umgesetzt werden müssten. Nördlich des Platzes sollte die Budapester Straße verengt werden mit nur noch einer Spur in jede Richtung, sagte Bauch. Für den südlichen Bereich an der Tauentzienstraße, die jetzt betroffen war, gebe es ein Konzept des Senats, bei dem die Einmündung der Rankestraße und der Mittelstreifen umgebaut werden.

Am Mittwoch war der Autofahrer auf dem Ku'damm und der Tauentzienstraße in zwei Menschengruppen gefahren. Die Lehrerin einer Schulklasse aus Hessen starb, ein Lehrer und sieben Schüler kamen mit schweren Verletzungen in Krankenhäuser, weitere Menschen wurden verletzt. 2016 war auf der anderen Seite der Gedächtniskirche ein islamistischer Attentäter auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz gefahren. Rund um den Platz wurden danach schweren Absperrungen aufgestellt.

News vom 9. Juni 2022: Giffey und Ministerpräsident Rhein legen Blumen in Berlin nieder

20.54 Uhr: Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) haben am Donnerstagabend Blumen für die Opfer der Todesfahrt in Berlin niedergelegt. „Ich empfinde ganz tiefe Trauer, wenn ich diesen Ort sehe, und mein Herz ist wirklich schwer, seitdem ich die Nachrichten erfahren habe“, sagte Rhein. Ein Mensch habe „eine ganze Schule, einen ganzen Ort und vor allem eine ganze Familie“ in eine Tragödie gestürzt.

Rhein lobte die professionellen Abläufe während des Einsatzes in der Hauptstadt. „Das hat den Menschen in Bad Arolsen, das hat den Schülern, das hat auch diesem Lehrerkollegium insgesamt einen großen Halt gegeben.“ In seelsorgerischer Hinsicht werde nun alles getan, was möglich sei. Es sei zudem ein gut ausgestatteter Opferfonds“ aufgelegt worden, der verhältnismäßig voraussetzungslos Auszahlungen vornehmen werde.

Ermittlungen müssten nun zeigen, ob hinter der Tat möglicherweise noch mehr stehe als die psychische Erkrankung des Fahrers, sagte Giffey. „Für uns war wichtig, dass wir hier gerade an diesem Ort wirklich aus den Lehren der Amoktat und dieses Anschlages aus 2016 gelernt haben.“ Vieles sei seither anders organisiert worden, der Plan sei am Mittwoch „in vorbildlicher Weise“ umgesetzt worden.

Beschuldiger nach Todesfahrt in Psychiatrie

18.52 Uhr: Nach der Todesfahrt in Berlin kommt der festgenommenen 29-Jährige wie von der Staatsanwaltschaft beantragt in ein psychiatrisches Krankenhaus. „Das Amtsgericht Tiergarten hat soeben den von der StA beantragten Unterbringungsbefehl erlassen“, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend per Twitter mit. Bei den weniger schwer verletzten Personen sei jedoch kein Tötungsvorsatz mehr angenommen worden, erklärte Behördensprecher Sebastian Büchner.

Dem Fahrer werde nun ein vollendeter Mord vorgeworfen und in 17 Fällen versuchter Mord sowie gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Die Mordmerkmale seien Heimtücke und Begehung mit gemeingefährlichen Mitteln.

Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft von versuchtem Mord in 31 Fällen gesprochen. Nach jüngsten Angaben der Behörde wurden bei der Todesfahrt am Mittwoch neben der toten Lehrerin 32 Menschen verletzt, davon 17 schwer. Dazu zählen laut Staatsanwaltschaft 7 Jugendliche einer Schulklasse aus Hessen und ihr Lehrer sowie 9 Passanten.

Opferbeauftragter: Länderübergreifende Hilfe nach Todesfahrt

16.17 Uhr: Die Hilfe für die Opfer der Todesfahrt am Ku'damm ist nach Angaben des Berliner Opferbeauftragten landesübergreifend angelaufen. „Das ganze Hilfssystem ist am Mittwoch hochgefahren worden“, sagte Roland Weber am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Es habe zwischenzeitlich ein erstes Online-Treffen zur Koordinierung der Beteiligten des Netzwerks gegeben, ein zweites sei am Abend geplant. „Da sind alle wichtigen Netzwerk-Partner an Bord“, schilderte Weber. Dazu gehörten etwa der Bundesopferbeauftragte und sein Team sowie die Opferbeauftragte des Landes Hessen wegen der zahlreichen Betroffenen aus deren Bundesland.

Das Gesetz über die psychosoziale Notfallversorgung für das Land Berlin (PSNVG) ermögliche einen reibungslosen Austausch von wichtigen Informationen ohne gegen den Datenschutz zu verstoßen, erklärte der Rechtsanwalt. Es sei eine Folge der Erfahrungen bei der Betreuung von Opfern nach dem islamistischen Anschlag 2016 auf einen Berliner Weihnachtsmarkt. „Seitdem hat sich die Situation deutlich verbessert“, so Weber, der das Amt des Opferbeauftragten seit 2012 ausübt. So sei es heute etwa möglich, dass Behörden wie die Unfallkasse oder das Versorgungsamt früh beteiligt seien.

Nach Angaben Webers werden die Opfer des Todesfahrt zunächst von Ärzten und Seelsorgern der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) betreut. Als Anlaufstelle für Menschen, die etwa als Augenzeugen noch gesundheitliche Probleme bekommen, empfahl er zunächst den Berliner Krisendienst. Zudem gibt es für Opfer solch dramatischer Ereignisse inzwischen eine Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen. Nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft wurden neben der getöteten Lehrerin aus Hessen mehr als 30 Menschen verletzt.

Schulpsychologen kümmern sich um Opfer, Angehörige und Freunde

15.43 Uhr: Die Opfer, Angehörigen, Augenzeugen und Freunde an der Kaulbach-Schule in Bad Arolsen werden nach der Todesfahrt in Berlin von einem Team von Schulpsychologen betreut. Nach der Tat waren fünf Mitglieder des Schulpsychologischen Kriseninterventionsteam (SKIT) an die nordhessische Schule gekommen. Eine Kollegin sei noch am Abend nach Berlin in das Hotel gefahren, in dem die Schülerinnen und Schüler untergebracht waren, teilte das hessische Kultusministerium der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag in Wiesbaden mit.

Acht Schulpsychologinnen seien am Tag nach der Tat an der Schule in Bad Arolsen. Eine Schulpsychologin sei am Donnerstag noch immer in Berlin und unterstütze die dortigen Familien mit den teilweise schwer verletzten Schülerinnen und Schülern. Eine weitere Schulpsychologin aus Hessen könne bei Bedarf zusätzlich in Berlin psychologisch Eltern und die verletzten Kinder unterstützen. Eine größere Zahl von hessischen Schulpsychologinnen und -psychologen des SKIT sei zudem weiterhin in Rufbereitschaft, berichtete das Ministerium.

Ermittler: Psychische Erkrankung Anlass für vorsätzliche Tat

15.21 Uhr: Die Berliner Staatsanwaltschaft geht bei der Amokfahrt am Ku'damm in der Hauptstadt von einer vorsätzlichen Tat aus. Es habe sich erhärtet, dass eine psychische Erkrankung Anlass sei für die Tat, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner, am Donnerstag. Bei der Durchsuchung des Wohnung des 29 Jahre alten Fahrers seien Medikamente gefunden worden. Der Beschuldigte habe seine Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund. „Aber auch ein Unfall wird sich vor diesem Hintergrund ausschließen lassen“, so Büchner.

Staatsanwaltschaft: Amokfahrer fuhr in zwei Menschengruppen

15.20 Uhr: Bei der Amokfahrt am Mittwoch in Berlin ist der Täter in zwei Menschengruppen gefahren. Das sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner, am Donnerstag. Der Mann sei „bewusst mit einem Fahrzeug“ in eine erste Gruppe von Menschen an der Ecke Kudamm und Rankestraße sowie dann auf der Tauentzienstraße in eine Gruppe von Schülern und Lehrern gefahren. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm einen Mord sowie 31 Fälle von versuchtem Mord vor und außerdem einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Die Mordmerkmale seien Heimtücke und Begehung mit gemeingefährlichen Mitteln.

Staatsanwaltschaft beantragt Unterbringung in Psychiatrie

15.02 Uhr: Nach der Amokfahrt in Berlin beantragt die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Fahrers in einer psychiatrischen Anstalt. Das teilte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner, am Donnerstag mit. Der sogenannte Unterbringungsbefehl sei in Arbeit. Die Entscheidung eines Ermittlungsrichters werde noch am selben Tag erwartet. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass der festgenommene 29-Jährige an einer paranoiden Schizophrenie leide.

Polizei: Indizien für Vorsatztat

13.28 Uhr: Polizei und Staatsanwaltschaft Berlin gehen davon aus, dass der 29-jährige Deutsch-Armenier offenbar vorsätzlich in die Menschen gefahren ist. In einer Mitteilung heißt es, dass Indizien dafür vorlägen, dass es sich um eine "Vorsatztat eines mutmaßlich psychisch erkrankten Mannes" handeln könnte. Es werde aber weiter in alle Richtungen ermittelt.

Bei der Amokfahrt seien, so die Polizei, der Kollege der getöteten Lehrerin sowie sieben Jugendliche schwer verletzt worden. Sieben weitere Schüler wurden demnach leicht verletzt. Außerdem seien 17 weitere Passanten unterschiedlich schwer verletzt worden. 50 Personen habe man psychologisch betreut.

Der Verdächtige sei wegen seiner Verletzungen in einem Krankenhaus behandelt und danach der Kriminalpolizei überstellt worden. Die Ermittlungen hat eine Mordkommission gemeinsam mit der Bereitschaftsstaatsanwältin übernommen.

Bundesinnenministerin Faeser besucht Tatort

13.18 Uhr: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich am Donnerstag in Begleitung von Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik den Tatort in Charlottenburg zeigen lassen. Faeser sprach von einer furchtbaren Tat, "die mich zutiefst erschüttert". Sie teilte den Angehörigen der Toten und der Verletzten die "tief empfundene Anteilnahme der Bundesregierung" mit. Faeser: "Es ist ein unfassbarer Ort, wo das erneut passiert ist. Ich bin auch gekommen, um den Einsatzkräften zu danken, die in kürzester Zeit eine unübersichtliche Lage im Griff hatten. Ich wünsche ihnen, dass sie das gut verkraften. Es ist auch für Polizei und Rettungsdienste sehr schwer, damit umzugehen, was sich hier Furchtbares ereignet hat." Faeser sagte weiter, nach jetzigem Stand sei wohl kein politischer Grund für die Tat zu sehen.

Justizsenatorin zur Hilfe für Betroffene und Angehörige

12.10 Uhr: Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) sicherte den Verletzten, Angehörigen und anderen Betroffenen der Todesfahrt die notwendige Unterstützung zu. Nach Erstversorgung nehme die zentrale Anlaufstelle für die Betroffenen von Terroranschlägen und Großschadensereignissen in der Justizverwaltung ihre Arbeit auf. Diese Stelle sei als Konsequenz aus dem Terroranschlag von 2016 eingerichtet worden. „Betroffene müssen sich nicht mehr alleine auf die Suche nach medizinischer, psychosozialer und finanzieller Hilfe gehen“, sagte Kreck.

Berlin habe vorher wegen des Fehlens einer solchen Einrichtung „zu Recht“ in der Kritik gestanden. Nun zeige Berlin „Empathie durch Organisation“, sagte die Senatorin. Man verfüge jetzt über „Mittel und Maßnahmen, um Betroffene langfristig zu begleiten.“ Heilen brauche Zeit. „Es ist wichtig, dass staatlicherseits langfristig und zeitlich unbeschränkt Unterstützung zugesichert wird, über Tage, Wochen oder Jahre“, so die Justizsenatorin.

Innensenatorin - Mobiltelefon und Computer des Fahrers werden untersucht

11.51 Uhr: Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Todesfahrt vom Mittwoch auf Kurfürstendamm und Tauentzienstraße nach den bisherigen Erkenntnissen als „Amokfahrt einer psychisch beeinträchtigten Person bezeichnet“. Gegen den 29 Jahre alten Deutsch-Armenier, der 2015 in Deutschland eingebürgert worden sei, lägen polizeiliche Erkenntnisse vor. Es gehe um Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Beleidigung, aber nicht um verfassungsfeindliche Aktivitäten. Sie dankte den Passanten, die den Verdächtigen festgehalten und der Polizei übergeben sowie erste Hilfe für die Verletzten geleistet hätten.

Der Verdächtige werde heute einem Richter vorgeführt, sagte Spranger. Die Mordkommission ermittele auf Hochtouren. Derzeit würden Mobiltelefon und Computer des Mannes untersucht.

Spranger nannte die Zahl von 29 Verletzten. Davon seien 14 Schülerinnen aus Schulklasse aus Nordhessen. Sieben der Jugendlichen lägen im Krankenhaus, auch ihr Lehrer sei schwer verletzt in der Klinik. Zum Teil seien die Verletzungen lebensbedrohlich, sagte Spranger. Darüber hinaus gebe es eine „Vielzahl von Betroffenen mit seelischen Verletzungen“. Berlin habe aber aus den Erfahrungen vom Anschlag am Breitscheidplatz 2016 gelernt, wie wichtig eine schnelle Betreuung der Opfer sei. Die Umsetzung habe am Mittwoch „sehr gut geklappt“.

Spranger sagte, „unser tiefes Mitgefühl gelte den Angehörigen der getöteten Lehrerin, „unsere Gedanken sind auch bei den Verletzten und ihrer Familien. Viele Angehörige seien noch gestern nach Berlin gekommen, einige seien aber auch schon wieder mit ihren Kindern auf dem Rückweg nach Hessen. „Wir tun für sie alles, was wir können. Die Ereignisse erschüttern uns zutiefst“, so die Senatorin.

Erzbischof Koch ruft zu Schweigeminute an Schulen auf

11.47 Uhr: Erzbischof Heiner Koch hat alle Schulen aufgerufen, am Freitag um 10.30 Uhr eine Schweigeminute einzulegen. „Besonders erschreckt und erschüttert hat mich, dass eine Schulklasse Opfer der Amokfahrt wurde", so Koch laut Mitteilung. "Ich bin im Gebet bei den Eltern, die ihre Kinder auf eine Klassenfahrt nach Berlin geschickt hatten, vor allem bei denen, die noch um das Leben ihrer Kinder bangen, bei den Angehörigen der getöteten Lehrerin und natürlich bei der ganzen Klasse: Alle Schülerinnen und Schüler sind tief verletzt, einige von ihnen auch schwer körperlich." Er kündigte an, dass man sich an allen katholischen Schulen und im Religionsunterricht an allen öffentlichen Schulen im Religionsunterricht im Gebet mit der Klasse und der Schulgemeinschaft in Bad Arolsen verbinden werde.

Blumen an der Rankestraße niedergelegt

11.37 Uhr: An der Kreuzung zur Rankestraße sind an mehreren Ampeln Blumen abgelegt und Kerzen angezündet worden.

In der Douglas-Filiale sind Handwerker dabei, die zerstörte Scheibe mit Holzbrettern zu verdecken. In dem Geschäft sieht man aber noch die ins Innere des Ladens gedrückten Regale mit Kosmetikartikeln und zerfetzte Dekoration. Wer vor dem Eingang stehen bleibt, wird gebeten, weiterzugehen.

Nach Todesfahrt weiter Spurensicherung - Fahrer in Polizeigewahrsam

11.21 Uhr: Nach der Todesfahrt in Berlin hat sich der Fahrer des Autos am Donnerstag nicht mehr im Krankenhaus, sondern im Polizeigewahrsam befunden. Das sagte ein Polizeisprecher. Noch im Lauf des Tages wurde erwartet, dass die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl beantragt, um den 29-jährigen Deutsch-Armenier in Untersuchungshaft zu nehmen. Zunächst wollte sich die Staatsanwaltschaft aber nicht äußern. Für den frühen Nachmittag (14.30 Uhr) kündigte sie eine Stellungnahme im Landgericht an.

Eine Mordkommission des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) ermittelte am Donnerstag weiter zum genauen Ablauf der Tat. Unter Umständen soll sie wegen der vielen Opfer, Zeugen und sonstigen Hintergründe personell aufgestockt werden.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) sprachen inzwischen von einer Amokfahrt eines psychisch gestörten Menschen. Die Polizei nutzte den Begriff „Amoktat“ zunächst bewusst nicht. „Es gibt Tendenzen in diese Richtung, wir legen uns da aber noch nicht fest.“

Am Tatort am Ku'damm und der Tauentzienstraße arbeitete am Donnerstag erneut die Spurensicherung der Kriminalpolizei. Auch das sichergestellte Auto sollte noch einmal „intensiv durchsucht“ werden, so der Sprecher. Die Polizei bat Zeugen, sich zu melden und auch mögliche Videos und Fotos der Tat an eine Internetseite der Polizei zu schicken.

Die Polizei sah weiterhin keinen politisch-extremistischen Hintergrund der Tat. „Hinweise auf eine politische Motivation haben wir derzeit nicht.“ Die im Auto gefundenen Plakate mit Äußerungen zur Türkei stünden „inhaltlich nicht im Zusammenhang mit der Tat“. Unklar war auch, wem sie gehören. Besitzerin des Autos ist die Schwester des Fahrers.

Polizei Berlin: Sechs Opfer weiterhin in lebensbedrohlichem Zustand

11.16 Uhr: Nach der Todesfahrt in Berlin befinden sich laut Polizei weiterhin sechs Menschen in einem lebensbedrohlichen Zustand. Neben der toten Lehrerin seien nach neuesten Informationen 29 Menschen verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Dazu zählten auch Menschen, die unter Schock stünden.

Neben den Betroffenen aus der Schülergruppe, mit der die getötete Lehrerin aus Hessen in Berlin unterwegs war, gebe es derzeit 14 weitere Betroffene. Weitere Schwankungen bei den Zahlen sind nach Angaben von Polizei und Feuerwehr wegen der dynamischen Entwicklung möglich.

Von der Schülergruppe aus Hessen befinden sich laut Polizei noch sieben Jugendliche und ein Lehrer im Krankenhaus. Nach Angaben der Feuerwehr (Stand Mittwochabend) wurden insgesamt 22 Menschen in Berliner Krankenhäusern im Zusammenhang mit der Todesfahrt behandelt.

„Wir selbst haben vor Ort 17 Menschen versorgt und in Krankenhäuser gebracht“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Davon seien sechs Betroffene lebensbedrohlich und drei schwer verletzt gewesen. Weitere Menschen hätten sich eigenständig in Kliniken gemeldet.

Ein Großteil der Betroffenen sei verletzt worden, als der Fahrer an der Ecke Ku'damm/Rankestraße in die Menschengruppe gefahren sei. Weitere Verletzte habe es gegeben, als der Wagen knapp 200 Meter weiter auf an der Ecke Tauentzienstraße/Marburger Straße im Schaufenster einer Parfümerie landete.

Elf Notfallseelsorger nach tödlicher Amokfahrt im Einsatz

10.45 Uhr: Nach der Amokfahrt am Mittwoch waren vor Ort elf Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger im Einsatz. Sie hätten Augenzeugen betreut, darunter einige der unverletzten Schülerinnen und Schüler aus Hessen, sagte der Beauftragte der evangelischen Landeskirche für die Berliner Notfallseelsorge, Justus Münster, am Donnerstag im RBB-Inforadio.

Aufgabe der Notfallseelsorge sei es bei solchen Ereignissen, den Menschen zu helfen, das Passierte zu begreifen und „im Hier und Jetzt anzukommen“, sagte der Pfarrer. In solchen Situationen werde der Mensch auf seine Grundfunktionen zurückgeworfen. „Manche reagieren sehr emotional und aufgebracht, andere sind in sich versunken. Wir versuchen, einen Zugang zu ihnen zu bekommen und ein Gesprächsangebot aufrechtzuerhalten“, sagte Münster.

Diese Reaktionen des Körpers seien normal, „nicht normal sei das Ereignis“, sagte der Pfarrer weiter. Das müsse verarbeitet werden: „Wir besprechen dann mit den Menschen, was sie gesehen und erlebt haben.“

Parlamentspräsident - "Es tut mir leid, dass Berlin die Opfer nicht schützen konnte"

10.25 Uhr: Abgeordnetenhaus-Präsident Dennis Buchner hat am Donnerstag zum Beginn der Plenarsitzung des Landesparlaments allen Angehörigen der Toten und der Verletzten der Amokfahrt vom Kurfürstendamm seine Anteilnahme ausgesprochen.

Es seien im Frühsommer Hunderte Gruppen junger Menschen unterwegs, sagte Buchner. Unzählige Schulen holten nach, was während der Pandemie unmöglich gewesen sei. „Endlich kehrt ein Stück Jugend und Freiheit zurück. Berlin sei auch für die Jugend ein Sehnsuchtsort, auch für die Klassenfahrt. Solche Tage habe auch die Schulklasse aus Nordhessen bei uns verbringen wollen.

„Wir sind in Gedanken bei den Angehörigen der getöteten Lehrerin und wir bangen mit den Verletzten“, sagte Buchner. Und man denke an die, die Zeugen des schrecklichen Geschehens geworden seien.

„Es tut mir leid, dass wir die geliebten Menschen in unserer Stadt nicht vor dieser Tat schützen konnten“, sagte Buchner an die Angehörigen gerichtet: „Das lässt viele von uns mit einer Ohnmacht zurück.“ Nur wenn alle zusammenhielten, „können wir das Leid etwas erträglicher machen“. Dabei könne es auch um finanzielle Unterstützung gehen.

Der Parlamentspräsident dankte allen, die „in kürzester Zeit am Ort waren und geholfen haben“.

Die Vorbereitungen, die Berlin nach dem Anschlag von 2016 getroffen habe, habe sich bewährt. Die Opfer hätten Verletzungen erlitten, von denen sie sich vielleicht nie mehr erholen würden. „Sie alle sollen wissen: Das Parlament und die Menschen in unserer Stadt sind für sie da, nicht nur mit Gedanken und gebeten, sondern mit tatkräftiger Unterstützung.

Senat unterstützt Betroffene und Angehörige

10 Uhr: Der Senat unterstützt die Betroffenen und Angehörigen der Todesfahrt am Kudamm. Die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen und deren Angehörigen bietet dafür zusätzliche Angebote, wie die Senatsjustizverwaltung mitteilte. „Unser Mitgefühl gilt den Opfern der schrecklichen Tat und ihren Angehörigen. Mit der Zentralen Anlaufstelle bieten wir den Betroffenen langfristig Unterstützung und Beistand an. Wir haben aus den Ereignissen im Nachgang des terroristischen Anschlags auf den Breitscheidplatz gelernt und lassen die Betroffenen und Opfer nicht im Stich, sondern vermitteln konkrete Hilfen", teilte Justizsenatorin Lena Kreck mit. Die Anlaufstelle war im Sommer 2018 als Konsequenz aus dem Breitscheidplatz-Anschlag eingerichtet worden.

Auch Franziska Giffey spricht von "Amoktat"

7.50 Uhr: Der tödliche Vorfall mit einem Auto am Berliner Kudamm wird von der Politik als Amoktat eingestuft. Nach Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) am Donnerstagmorgen entsprechend: „Das hat sich gestern Abend verdichtet“, sagte Giffey im RBB-Inforadio. Durch die Ermittlungen der Polizei sei klar geworden, „dass es sich um die Amoktat eines psychisch schwer beeinträchtigten Menschen handelt“. Mit Hilfe eines Dolmetschers werde versucht, mehr „aus den teilweise wirren Äußerungen, die er tätigt, herauszufinden“.

Ob die Plakate mit Bezug zur Türkei, die in dem Tatfahrzeug des Deutsch-Armeniers lagen, eine Rolle gespielt hätten, werde noch ermittelt. Giffey sprach von einem „dunklen Tag in der Berliner Stadtgeschichte“.

Auto rast in Menschenmenge: Scholz spricht von "Amoktat"

22.53 Uhr: Der tödliche Vorfall mit einem Auto nahe der Berliner Gedächtniskirche sorgt für Entsetzen – und wird von Bundeskanzler Olaf Scholz nun als „Amoktat“ bezeichnet. „Die grausame Amoktat an der Tauentzienstraße macht mich tief betroffen“, schrieb der SPD-Politiker am Mittwochabend bei Twitter. Der Fahrer des Autos, das eine Schülergruppe erfasst und die Lehrerin in den Tod gerissen hatte, war nach jüngstem Kenntnisstand wohl psychisch beeinträchtigt.

„Die Reise einer hessischen Schulklasse nach Berlin endet im Alptraum. Wir denken an die Angehörigen der Toten und an die Verletzten, darunter viele Kinder. Ihnen allen wünsche ich eine schnelle Genesung“, so Scholz weiter.

Giffey zu Vorfall nahe Gedächtniskirche: Gibt kein Bekennerschreiben

22.26 Uhr: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat bekräftigt, dass in dem Wagen kein Bekennerschreiben gefunden wurde. „Es gibt entgegen der Aussagen, die zwischendurch mal kamen, kein Bekennerschreiben“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwochabend im ZDF-„heute journal“. Es seien auf der Rückbank des Wagens lediglich zwei Plakate gefunden worden. Es sei noch nicht geklärt, ob diese im Zusammenhang mit dem Vorfall stünden, wem sie gehörten und ob dahinter eine politische Aussage stehe. „Wir haben in den ersten Vernehmungen da auch noch keine klaren Aussagen bekommen.“ Die Polizei ermittelt nach Giffeys Worten in alle Richtungen.

Polizeipräsidentin: Mordkommission ermittelt in alle Richtungen

20.59 Uhr: Die Berliner Polizei betont die Offenheit der Ermittlungen. Man ermittele wirklich in alle Richtungen, sagte Barbara Slowik am Mittwochabend im RBB. Psychische Beeinträchtigungen des 29 Jahre alten Fahrers seien zwar nicht auszuschließen, aber alle anderen Hintergründe ebenso wenig. Die Polizei schließe im Moment „gar nichts“ aus.

Die Ermittlungen würden von einer Mordkommission geführt, sagte Slowik. „Hinweise auf eine politische Tat haben wir derzeit so nicht, dass wir jetzt den Staatsschutz sozusagen die Ermittlungen übernehmen lassen würden.“ Die Polizei werde etwa das Auto des Fahrers noch kriminaltechnisch untersuchen. Ermittler setzen Slowik zufolge auch auf Fotos und Videos, die von Zeugen auf einer Hinweisplattform hochgeladen werden könnten. Dies helfe immens für eine schnelle Auswertung.

Andacht in Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche

20.42 Uhr: Nach dem tödlichen Auto-Vorfall in Berlin haben zahlreiche Menschen in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche der Toten und Verletzten gedacht. Unter den Gästen waren unter anderem Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (beide SPD), aber auch Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei. Auch viele Bürgerinnen und Bürger drückten bei der Andacht ihre tiefe Anteilnahme aus.

Auf arglose Menschen sei bei dem Vorfall am Mittwoch „brutale Gewalt“ eingebrochen, sagte die Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein bei der Andacht. „Eine solche Situation verschlägt uns die Sprache.“ Viele Zeugen und Betroffene hätten noch die Schreie der Menschen in den Ohren, sagte Trautwein.

„Das war eine sehr berührende Andacht, die ja auch nochmal für viele Menschen die Möglichkeit war, diesen Tag heute irgendwie zu verarbeiten“, sagte Giffey. Unter den Besuchern des Gottesdienstes seien auch einige gewesen, die schon im Dezember 2016 in der Nähe der Gedächtniskirche unterwegs waren. Dort war damals ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. „Es war gut, dass wir hier zusammengekommen sind. Aber es ist schwer, an so einem Tag auch Trost zu finden“, sagte Giffey.

Autofahrt in Menschengruppe: SEK-Einsatz in Wohnung des Fahrers

20.15 Uhr: Nach dem tödlichen Auto-Vorfall nahe der Berliner Gedächtniskirche hat die Polizei mit Unterstützung eines Spezialeinsatzkommandos die Wohnung des Fahrers durchsucht. Den Einsatz im Stadtteil Charlottenburg, über den zuvor die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, bestätigte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Zudem habe die Polizei Kontakt zur Schwester des Fahrers gehabt, hieß es. Weitere Einzelheiten gab es zunächst nicht.

Nach dpa-Informationen aus Polizeikreisen soll der Verdächtige psychisch auffällig sein. In dem Wagen, den der 29-Jährige, in Berlin lebende Deutsch-Armenier fuhr, waren neben Schriftstücken auch Plakate mit Aufschriften gefunden worden.

Berlin: Auto fährt in Menschenmenge - die Bilder

Todesfahrt in Berlin: Karte zeigt Ablauf der Ereignisse

Auto rast am Breitscheidplatz in Schülergruppe - lesen Sie auch:

Todesfahrt in Berlin: Die Ereignisse von Mittwoch im Überblick

In Berlin ist am Mittwochvormittag ein Autofahrer nahe der Gedächtniskirche in eine Schülergruppe gerast. Eine Frau kam ums Leben, es gab mehrere Verletzte. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach am Abend von einer "Amoktat eines psychisch beeinträchtigten Menschen."

Diese Einschätzung sei auf Grundlage der neusten Erkenntnisse im Lagezentrum der Innenverwaltung getroffen worden, erklärte ein Sprecher der Innenverwaltung. Er betonte auch, dass dies der derzeitige Stand sei. Die Polizei selbst bestätigte diese Einschätzung auf Anfrage zunächst nicht.

Zuvor hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im RBB betont, dass man in alle Richtung ermittle. Psychische Beeinträchtigungen des 29 Jahre alten Fahrers seien zwar nicht auszuschließen, aber alle anderen Hintergründe ebenso wenig. Die Polizei schließe im Moment „gar nichts“ aus.

Autofahrt in Menschengruppe: Lehrerin aus dem hessischen Bad Arolsen kommt ums Leben

Die Lehrerin sei mit einer zehnten Klasse einer Schule aus dem nordhessischen Bad Arolsen in Berlin gewesen, teilte die hessische Landesregierung mit. "Die Schüler aus Hessen würden psychologisch betreut", sagte Innensenatorin Spranger.

Dirk Richter, Sprecher der Polizeidirektion Waldeck-Frankenberg, bestätigte der Berliner Morgenpost, dass es sich um eine Schulklasse der Haupt- und Realschule Kaulbachschule in Bad Arolsen handelt. Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse seien mit ihren Lehrern auf Abschlussfahrt in Berlin. An der Schule in Bad Arolsen sind seinen Angaben zufolge mehrere Polizeikräfte im Einsatz, um die Angehörigen der Schülerinnen und Schüler zu betreuen. Ein Ermittlerteam sei auf dem Weg nach Berlin.

Auto raste in Menschenmenge und einen Block weiter in einen Laden

Der silberfarbene Renault Clio hatte die Menschen gegen 10.30 Uhr an der Ranke- Ecke Tauentzienstraße überfahren. Das Auto war dann weitergefahren und hatte einen Block weiter das Schaufenster einer Douglas-Filiale an der Marburger Straße durchbrochen. In dem Geschäft gab es einer Douglas-Sprecherin zufolge keine Verletzten.

Einsatzkräfte, die den Menschen halfen, waren schnell vor Ort. Insgesamt waren 130 Polizisten im Einsatz, die Feuerwehr mit 100 Einsatzkräften, um den Verletzten zu helfen.

Berlin: Auto fährt in Menschenmenge - 29-Jähriger festgenommen

Ein Augenzeuge, der sich auf der Mittelinsel gegenüber der Douglas-Filiale befand, berichtete, wie der Fahrer von mehreren Personen an der Flucht gehindert worden sei, nachdem er in die Fensterscheibe des Geschäfts gekracht war. Angeblich hätte ihm jemand ein Bein gestellt.

Im Laufe des Tages mehrten sich die Zweifel, dass es sich um einen Unfall oder um einen medizinischen Notfall des Fahrers handeln könnte. So ist der Fahrer des Unglückfahrzeuges offenbar bereits mehrfach psychisch auffällig geworden. Das verlautete aus Polizeikreisen. Außerdem soll er mehrfach mit Raubdelikten aufgefallen sein. Erkenntnisse über politisch motivierte Straftaten liegen über den Mann dagegen nicht vor.

Unfallfahrer im Krankenhaus - Kein Bekennerschreiben

Wie Spranger am Nachmittag mitteilte, befinde sich der Tatverdächtige derzeit im Krankenhaus. Zum Grund dafür machte sie keine Angaben. Ein Feuerwehrsprecher sagte, aufgrund des Unfallbildes und der Zeugenaussagen hätten innere Verletzungen nicht ausgeschlossen werden können.

Im Wagen seien Plakate gefunden worden, auf denen kritische Aussagen über die Türkei stehen sollen, so Spranger weiter. Die Polizei hatte zuvor bereits Berichte dementiert, wonach ein Bekennerschreiben im Auto gefunden worden sei. „Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht“, sagte auch Spranger. Die genaue Motivation des Fahrers müsse untersucht werden. Eine Polizeisprecherin sagte: „Welcher Art die Äußerungen auf Schriftstücken und Plakaten sind, die im Auto gefunden wurden, prüfen wir noch.“

Tauentzien in Berlin: Polizei erweitert Sperrkreis für Ermittlungen

Für Aufregung sorgte am Nachmittag die Nachricht von der Räumung des Europa Centers, das gegenüber der Stelle liegt, an der die Schreckensfahrt des Clio endete. Polizeisprecher Cablitz versicherte zunächst, es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Der Clio solle geborgen werden, und weil eine vorsätzliche Tat bis zur Stunde nicht ausgeschlossen werden könne, habe die Polizei entschieden, das weitere Umfeld zu räumen. Später hieß es von einer Sprecherin, das Center sei teilweise geräumt worden.

Im Rahmen der Ermittlungsarbeit erweiterte die Polizei zudem den Sperrkreis, auch der U-Bahn-Verkehr zwischen Zoologischer Garten und Wittenbergplatz wurde unterbrochen. Es kam auch zu Einschränkungen im Bus-Betrieb. Die Linien M19, M29, M46, 100 und 200 wurden umgeleitet, einige Haltestellen wurden nicht bedient.

Nahe Breitscheidplatz: Augenzeugen beschreiben ihre Erlebnisse

Mitarbeiter eines nahe liegenden Büros erzählten, dass sie das Geschrei an der Ranke- Ecke Tauentzienstraße vernommen haben. Der Angestellte eines italienischen Restaurants berichtete ebenfalls von schreienden Menschen und einem darauffolgenden Geräusch eines schnell anfahrenden Autos.

Augenzeuge Frank W. saß gerade am Brunnen auf dem Breitscheidplatz, als er dumpfe Aufprallgeräusche und lautes Geschrei hörte. „Ich sah eine Person und Material durch die Luft fliegen.“ Danach habe der Fahrer versucht, Kontrolle über das Auto zu bekommen und Gas gegeben. „Die Fenster waren kaputt und der Wagen bereits verbeult von den ganzen Einschlägen.“

Ein Augenzeuge, dessen Fahrzeug von dem Unfallfahrzeug gestreift wurde, berichtete der Berliner Morgenpost, dass das Unglücksfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von etwa 150 km/h auf der Tauentzienstraße gefahren sei. Eine unabhängige Bestätigung für diese Angabe gab es zunächst nicht.

Augenzeugin: Auto fuhr mit unvermindeter Geschwindigkeit auf Bürgersteig

Eine Zeugin, die auf der Rankestraße unterwegs war, erzählte, dass das Auto vom Kurfürstendamm mit „unverminderter Geschwindigkeit“ auf den Bürgersteig fuhr und in eine Schulklassen-Gruppe samt Lehrer raste. „Ich dachte, er wäre bei Rot über die Ampel gefahren, so schnell fuhr er“, so die Berlinerin, die namentlich nicht zitiert werden möchte. „Das Nummernschild des Wagens lag direkt vor meinem Füßen.“ Sie sei zur Gruppe geeilt und habe den verletzten Jugendlichen, die aus Hessen kämen und zwischen 15 und 16 Jahre alt seien, seelischen Beistand geleistet.

Auch in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche nahe dem Unglücksort wurden zahlreiche Menschen seelsorgerisch betreut. Die Gebäude seien für die Notfallseelsorge bereitgestellt worden.

Berliner Polizei: Telefonangebot für Angehörige eingerichtet

Die Polizei richtete eine Telefonhotline ein. „Unsere Personenauskunftsstelle für Angehörige ist erreichbar unter 030 - 84854460“, twitterte die Polizei. Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verwies auf die Nummer: „Uns ist besonders wichtig, dass nicht die Angehörigen aus irgendwelchen, ja, anderen Kanälen - Twitter und hochgeladene Bilder oder sonstwas - davon erfahren, sondern dass wir die Information machen.“ Deswegen sei auch die Zusammenarbeit mit der hessischen Polizei wichtig.

Polizeipräsidentin Slowik nannte die Nummer ebenfalls - dort erhalte man Auskünfte. Sie rief zur Unterstützung der Ermittlung auch dazu auf, über ein Portal Hinweise an die Polizei zu liefern, etwa Video- und Bildmaterial.

Video zeigt gefesselten Mann

Ein Video bei Twitter zeigte einen Verletzten neben der Douglas-Filiale, der von Ersthelfern versorgt wurde. Das Video zeigt zudem einen Mann mit offenbar auf dem Rücken gefesselten Händen, den ein Polizist festhält, gekleidet in ein gelbes Poloshirt, eine blaue Joggingjacke und blaue Hose sowie roten Turnschuhen, der von der Polizei abgeführt wird und bei dem es sich um den Fahrer des Clio handeln könnte.

Auf dem Video ist zu hören, wie der Mann mehrfach zu Umstehenden sagt: "Bitte helfen" oder "Bitte Hilfe". Der Filmende antwortet darauf: "Was helfen? Du hast zwei fast umgebracht." Später sagt der Filmende zudem, der Mann habe "richtig Gas gegeben". Der Tweet mit dem Video wurde später wieder gelöscht, verbreitete sich aber weiter auf Twitter.

Das Video zeigt auch, wie Ersthelfer an der Marburger Straße sich um einen Boden liegenden Mann kümmern und ihm zureden: "Halt durch, halt durch", ist zu hören. Kurz darauf ertönen im Hintergrund die Martinshörner.

Trauer um Opfer in der Gedächtniskirche

Um der am Mittwochvormittag durch einen Autofahrer getöteten Frau und Verletzten zu gedenken, kamen am Abend rund 100 Besucher in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz zusammen. Darunter Betroffene, Einsatzkräfte und Politiker.

Todesfahrt in Berlin war offenbar "Amoktat"
Todesfahrt in Berlin war offenbar "Amoktat"