Berlin. Die Zahl der Lehramtsstudierenden nimmt leicht zu, aber nur ein Bruchteil tritt am Ende in den Schuldienst ein. Was die Gründe sind.

Im vergangenen Jahr haben 1023 Studierende ein Master-Lehramtsstudium abgeschlossen. 800 davon seien in den Berliner Schuldienst eingetreten, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung. Das bedeutet einen Anstieg der Absolventenzahlen. In den beiden Jahren davor schlossen 907 und 820 Studierende ihr Lehramtsstudium ab. 1329 Studierende haben ein Bachelor-Studium abgeschlossen und könnten in einen Master-Lehramtsstudiengang wechseln.

In Zukunft soll die Zahl der Lehramts-Absolventen in Berlin aber noch deutlich erhöht werden. Das hat die Wissenschaftssenatorin zusammen mit den Hochschulen verabredet. Neues Ziel ist es, dass jährlich 2500 Lehrkräfte in der Hauptstadt ausgebildet werden. Dazu stellt der Senat das entsprechende Geld in den Hochschulverträgen zur Verfügung.

Zahl der Bewerber leicht gesunken

Doch das ist nicht leicht. „Um das Ziel zu erreichen, 2500 Lehrkräfte pro Jahr auszubilden, ist eine große Anstrengung notwendig“, sagte Czyborra. Nach Angaben der Wissenschaftssenatorin ist die Zahl der Bewerber für ein Lehramtsstudium leicht zurückgegangen, und nur ein knapp ein Drittel der Studierenden tritt das zugesagte Lehramtsstudium auch tatsächlich an. 12.000 Abiturienten haben sich an den beiden Hochschulen HU und FU für ein Lehramtsstudium beworben, 7728 haben eine Zusage erhalten. Aber nur 2326 haben das Studium in diesem Jahr auch angetreten.

Abbrecherquote liegt unter 20 Prozent

Als positiv bewertet Czyborra, dass die Abbrecherquote gesunken sei. Sie liegt ihren Angaben nach bei Studierenden der Grundschulpädagogik bei unter 20 Prozent. Für die Studierenden eines Oberschulstudiengangs lassen sich laut Czyborra keine verlässlichen Angaben machen, da hierfür zwei Fächer studiert werden müssen und die Fluktuation hoch ist. Bei Abbrüchen ist unklar, ob Studierende ihre Fächerkombination änderten, in einen anderen Studiengang wechselten, oder ganz aufhörten.

Trotz aller Bemühungen in den vergangenen Jahren fehlen an den Berliner Schulen derzeit rund 700 Lehrkräfte. Zum neuen Schuljahr sind nach Angaben der Bildungsverwaltung insgesamt 2446 volle Stellen an den Berliner Schulen besetzt worden. Von den neu eingestellten Lehrkräften hätten allerdings nur 1121 ein lehramtsbezogenes Studium absolviert, das entspricht knapp 46 Prozent. 529 der Neueinstellungen seien Quereinsteiger und 818 sogenannte sonstige Lehrkräfte.

Vor allem an den Grundschulen ist die Zahl der nicht ausgebildeten Lehrkräfte hoch: 423 Vollzeitstellen wurden mit 785 „sonstigen Lehrkräften“ besetzt, die zum Teil in Teilzeit arbeiten. Auch an den Integrierten Sekundarschulen gibt es viele „sonstige Lehrkräfte“ in den Kollegien. Hier wurden 218,7 Vollzeitstellen mit 369 sonstigen Lehrkräften besetzt. An den Gymnasien liegt die personelle Ausstattung berlinweit im Durchschnitt bei 98,5 Prozent, an den Grundschulen bei 97,9 Prozent, an den Integrierten Sekundarschulen bei 96,7 Prozent und an den Förderschulen bei 95,1 Prozent.

Reform des Lehramtsstudiums geplant

Um den Lehrerberuf attraktiver zu machen, wird derzeit an einer Reform der Studiengänge gearbeitet. Für angehende Grundschullehrkräfte hat sich der Studienplan bereits geändert. Es wird mehr Gewicht auf die Didaktik gelegt. Insgesamt soll das Studium künftig praxisorientierter werden. Bislang findet das Praxissemester erst kurz vor Studienende statt – und schreckt viele Studierende vor einem Wechsel in den Schuldienst ab.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) will die Zahl der unbeschulten Flüchtlingskinder senken. Deswegen ist ein Bildungsstandort auf dem ehemaligen Flughafen Tegel geplant.
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) will die Zahl der unbeschulten Flüchtlingskinder senken. Deswegen ist ein Bildungsstandort auf dem ehemaligen Flughafen Tegel geplant. © Funke | Annette Riedl

Lehrermangel ist auch ein Grund dafür, dass immer noch viele Flüchtlingskinder auf ein Bildungsangebot warten. Die Kapazitätsgrenze für Aufnahmen in Willkommensklassen oder den Regelschulbetrieb ist nach Angaben von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) in den meisten Bezirken überschritten. „Derzeit erfüllen wir unsere verfassungsgemäße Verpflichtung nicht, geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Recht auf Bildung zu gewähren“, sagte Günther-Wünsch am Dienstag.

In Tegel sollen bis zu 430 Kinder unterrichtet werden

Deswegen will der Senat Unterricht in den Großunterkünften auf den ehemaligen Flughäfen in Tempelhof und Tegel ermöglichen. Noch in diesem Jahr sollen erste Angebote in Containern in Tegel zur Verfügung stehen. Dazu laufen derzeit erste Gespräche mit interessierten Lehrkräften.

In Tegel leben derzeit 202 Kinder zwischen 0 und 5 Jahren, 561 Kinder zwischen 6 und 16 Jahren und 202 Jugendliche im Alter von 17 und 18 Jahren. In diesem Jahr sollen die ersten 288 Schulplätze in Tegel eingerichtet werden, insgesamt plant die Bildungsverwaltung mit 430 Plätzen auf dem ehemaligen Flughafen. Die Einrichtung in Tegel soll als Filiale einer Schule in der Nähe organisiert werden. Derzeit würden im Bezirk dazu Gespräche geführt, sagte Günther-Wünsch.

In Tempelhof ist der Bedarf bei weitem nicht so hoch. Hier sind nach Angaben der Bildungssenatorin nur 20 bis 30 schulpflichtige Kinder untergebracht. Insgesamt warten derzeit noch rund 900 geflüchtete Kinder und Jugendliche auf ein angemessenes Bildungsangebot.

Lehrkräfte für Tätigkeit in Tegel gesucht

Die Lehrkräfte für die zentrale Bildungseinrichtung in Tegel sollen vor allem aus dem Kreis der Willkommensklassen gewonnen werden. Dazu läuft eine Online-Dauerausschreibung, auf die sich Interessierte ohne Frist bewerben können. Die Klassen sollen jeweils von zwei Lehrkräften unterrichtet werden. Einer erfahrenen Lehrkraft sollen muttersprachliche Lehrerinnen zur Seite stehen. Das soll zunächst mit ukrainischen Lehrkräften getestet werden, die den Großteil der Schülerinnen und Schüler in Tegel ausmachen.