Berlin. Justizsenatorin Felor Badenberg will Betroffenen von Zwangsräumungen in Berlin mehr Hilfestellungen leisten. Das ist ihr Vorschlag.

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für CDU) will Betroffenen von Zwangsräumungen in Berlin mehr Hilfestellungen leisten. „Da müssen wir als Gesellschaft etwas tun“, sagte sie am Mittwoch in einer Sitzung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz. Ein mögliches Instrument sieht Badenberg in der Einführung einer verpflichtenden Bestimmung zu einer mündlichen Verhandlung bei einer anstehenden Räumungsklage.

Bislang entscheiden die Gerichte darüber, ob eine mündliche Verhandlung stattfinden soll oder ob die Betroffenen in einem schriftlichen Vorverfahren informiert werden. Dabei werden sie aufgefordert, schriftlich anzuzeigen, ob sie sich gegen die Klage verteidigen wollen. Badenberg äußerte allerdings erhebliche Zweifel an diesem Verfahren, da es passieren könne, das Menschen in solchen Situation ihren Briefkasten erst gar nicht mehr öffnen.

Vorschlag soll bei Justizministerkonferenz diskutiert werden

Sollte eine solche verpflichtende mündliche Verhandlung im Falle von Zwangsräumungen eingeführt werden, gebe es laut der Justizsenatorin auch die Möglichkeit für Sozialämter tätig zu werden. Sie könnten in einem weiteren Schritt informiert werden, um entsprechende Beratungsangebote für Betroffene anzubieten. Badenberg kündigte an, den Vorschlag bei der anstehenden Justizministerkonferenz am 10. November diskutieren zu wollen.

Berlins ehemalige Justizsenatorin Lena Kreck
Berlins ehemalige Justizsenatorin Lena Kreck © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Mit dem Vorschlag erteilte Berlins Justizsenatorin aber einem anderen Pilotprojekt eine Absage. Die ehemalige Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) hatte in ihrer Amtszeit das Pilotprojekt „Zustellung von Räumungsklagen durch Justizbedienstete“ auf den Weg gebracht. Dieses sollte ebenfalls Zwangsräumungen verhindern. Gerichtsvollzieher sollten durch eine persönliche Zustellung der Räumungsklagen auf die Not der Betroffenen aufmerksam gemacht werden – und das womöglich in ihre Entscheidungsfindung mit einfließen lassen. Das Projekt sollte zunächst im Bezirk Lichtenberg getestet werden, ehe es womöglich über die ganze Stadt erstreckt wird.

Badenberg äußert Zweifel am Pilotprojekt

Zu diesem Vorschlag äußerte Badenberg Bedenken. Sie verwies auf die Neutralität und Unparteilichkeit der Justizangestellten, die gewahrt werden müssen. Sie sagte auch, dass diese keine Beratungskompetenz für solche Fälle hätten. Sie äußerte auch Zweifel daran, ob die Betroffenen von Räumungsklagen tatsächlich Hilfsangebote in Anspruch nehmen würden, wenn sie eben ein „Schriftstück“ ohne jegliche Beratung entgegennehmen würden.

Der rechtspolitische Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg, lobte den Vorschlag der Justizsenatorin. „Dieser Alternativweg lässt sich hören“, sagte er. Aber er verwies darauf, dass beide Projekte parallel umgesetzt werden könnten. Man hätte das vorgeschlagene Pilotprojekt zwei Jahre laufen lassen und anschließend auswerten können, so Schlüsselburg.

Hintergrund der Diskussion war ein Vorfall vom 25. Juli

Spezialeinsatzkräfte sind in Spandau im Einsatz.
Spezialeinsatzkräfte sind in Spandau im Einsatz. © Morris Pudwell

Hintergrund der Diskussion war ein Vorfall mit einem tragischen Ende am 25. Juli. Damals sollte eine Zwangsräumung der Wohnung eines 62-Jährigen am Brunsbütteler Damm in Spandau durchgeführt werden. Als eine Gerichtsvollzieherin an der Tür klingelte, soll der Mann gedroht haben, zu schießen. Daraufhin verständigte die Gerichtsvollzieherin die Polizei. Der Einsatz zog sich über Stunden. Am Ende drangen sie in die Wohnung ein, der Mann konnte aber nur noch leblos am Boden aufgefunden werden. Er soll sich nach Angaben der Polizei mit einer Waffe erschossen haben.

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