Berlin. Als der Bentley abfuhr, stand Petra Kohlberger glücklich vor dem Brandenburger Tor. Mehr als fünf Stunden hatte sie auf den König gewartet, dann ergriff sie die Initiative, als er an ihr vorbeikam. Aus der zweiten Reihe rief sie König Charles III. die Worte „Willkommen in Berlin“ auf Englisch zu. Daraufhin reichte er ihr seine Hand. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier machte ihr anschließend sogar noch ein Kompliment wegen ihres Hutes. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte die 66-Jährige im Anschluss. Es sei das erste Mal, dass sie einen Staatsbesuch live erlebt habe. Dabei habe sie sich gewundert, wie volksnah sich der britische König in Berlin zeigt. „Diese Geschichte werde ich immer wieder gerne erzählen“, sagte sie.
Die Berlinerin war an diesem Mittwochnachmittag eine von hunderten Menschen, die den König und seine Frau Camilla beim „Empfang mit militärischen Ehren“ am Brandenburger Tor aus nächster Nähe erleben konnte. Auf dem Pariser Platz waren zwei Besucherzonen hinter Absperrungen eingerichtet, die Plätze waren begrenzt. Als Besucher musste man in der Regel sehr früh kommen, um überhaupt einen Platz zu erhalten.
Die Seehafers haben einfach Glück und müssen nicht stundenlang anstehen
Oder man hatte einfach Glück – so wie Rudi und Rita Seehafer. Das Ehepaar war für einen Urlaub in der Stadt und hatten gelesen, dass König Charles III. am Mittwoch in Berlin empfangen wird. „Da dachten wir uns, dann schauen wir eben auch mal vorbei.“ Als sie ankamen, staute sich die Menschenschlange vor dem Brandenburger Tor. Über 1000 Menschen standen an, versuchten reinzukommen. Doch das Ehepaar lief erst einmal neugierig daran vorbei – bis zur Sicherheitsschleuse am blauen Zelt. Ehe sich die beiden 70-Jährigen verguckt hatten, erzählt Rudi Seehafer, sprach ein Polizist sie an und meinte: „Kommen sie vor.“ Dann waren sie im Sicherheitsbereich. „Wir wollten ein bisschen Kultur tanken in Berlin“, sagte Rudi Seehafer. Nun sahen sie ganz nebenbei auch den König – aus nächster Nähe.
Anders ging es vielen anderen. Sie warteten schon teils seit 8 Uhr morgens vor dem kleinen Zelt, in dem die Kontrollen stattfanden. Eine Gruppe Jugendlicher erlaubte sich einen Scherz und stand mit Kronen einer Schnellrestaurant-Kette an, ein bärtiger Mann trug eine britische Flagge über seinen Schultern. Fast zwei Stunden tat sich nicht viel, ehe gegen 11 Uhr die ersten Menschen durch die Sicherheitsschleuse konnten. Sie war ähnlich wie an einem Flughafen, Polizisten durchleuchteten die Taschen und Rucksäcke, Flaschen und gefährliche Gegenstände mussten draußen bleiben. Anschließend wurde man an entweder an die rechte oder linke Seite des Pariser Platzes gelotst. Und dann stand man dort. Stunden vergingen. Was für die Besucher besonders zum Problem wurde: Es gab keine Toiletten. Die umliegenden Häuser ließen sie nur in äußersten Notfällen rein, und das Gelände verlassen wollte man auch nicht.
Blockabsatz von Camilla gefallen Berlinerin nicht
Aber die kleinen Strapazen hätten sich definitiv gelohnt, sagten Christine Veauthier und Jörg Hoppenstedt. Die beiden führten sogar eine kleine Unterhaltung mit dem König, als er an ihnen vorbeischritt. Hoppenstedt sagte ihm nämlich, er werde auch zu seiner Krönung nach Großbritannien fahren. „Kommst du tatsächlich?“, fragte ihn König Charles daraufhin. Mit Camilla konnten sie allerdings kein Wort wechseln, da sie auf der anderen Seite des Pariser Platzes Hände schüttelte. Christine Veauthier analysierte aber ihr Outfit. „Camilla sah schon mal besser aus“, sagte sie. Der Blockabsatz und die Schuhe hätten ihr nicht gefallen.
Royal-Fan schenkt Camilla einen Brief und hofft auf eine Antwort aus dem Palast
Auf der anderen Seite sprach Petra Nagel wohl am längsten mit Camilla. Nagel ist ein großer Fan der Royals, fuhr schon zu Geburtstagen der Queen nach England. „Schön Sie nach 14 Jahren wiederzusehen“, sagte sie zu Camilla am Brandenburger Tor. Sie erwiderte, dass auch sie sich freue, sie wiederzusehen. Dann schenkte ihr Nagel einen Blumenstrauß in den Unionjack-Farben, darin einen Brief. Jedes Mal, gebe sie den britischen Royals einen Brief, sagt sie. Zwei Wochen später erhalte sie dann ein Dankesschreiben aus dem Palast.
Nach etwa einer halben Stunde war dann alles vorbei. Der König und Camilla fuhren ab. Doch was bleibt, sind für viele die Erinnerungen an die Gespräche und den Händedruck. Der fühlt sich übrigens rau und etwas schlaff an.
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