Senatskanzlei

Krankentransporte doch Aufgabe der Gesundheitsverwaltung

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Wer ab Montag bei der KV einen Krankentransport erbittet, dem wird nicht mehr weitergeholfen.

Wer ab Montag bei der KV einen Krankentransport erbittet, dem wird nicht mehr weitergeholfen.

Foto: Kai Kitschenberg / FFS

Im Streit zwischen Innen- und Gesundheitsverwaltung legt sich die Senatskanzlei fest. Keine Lösung in Sicht.

Berlin.  Im Zuständigkeitsstreit bei der Frage der Vermittlung und Beauftragung von Krankentransporten hat die Senatskanzlei nun klar Position bezogen. „Laut aktueller Geschäftsverteilung des Senats wäre die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (SenWGPG)“ zuständig, wie eine Sprecherin der Berliner Morgenpost auf Anfrage mitteilte. In ihre Verantwortung falle die Zusammenarbeit zwischen den Kassen, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sowie den entsprechenden Verbänden.

Nachdem die KV in der vergangenen Woche ankündigte, ab Montag unter ihrer Notfallnummer 116117 keine Krankentransporte mehr zu vermitteln, verwies das Haus von Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) auf die Senatsinnenverwaltung. Die sei nach dem Rettungsdienstgesetz zuständig und hätte im Rahmen eines Sicherstellungsauftrags schon längst tätig werden müssen. Nach Ansicht der Senatskanzlei offenbar eine Fehlannahme.

„Die Vermittlung und die Beauftragung von Krankentransporten unterfallen nach rechtlicher Auffassung der Senatskanzlei nicht dem Begriff ,Rettungsdienst’“, heißt es von dort weiter. „Daher findet das Rettungsdienstgesetz in diesem konkreten Fall keine Anwendung.“ Mit diesem Argument hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) die Forderungen aus dem Gesundheitsressort bereits länger zurückgewiesen, die jedoch insistierte.

Überlastung: KV vermittelt Patienten seit Montag keinen Krankentransport mehr

Bereits im Dezember hatte die KV nach übereinstimmenden Angaben von Beteiligten in internen Gesprächen angekündigt, die Vermittlung von Krankentransporten perspektivisch einstellen zu wollen. Diese Leistung wurde bislang freiwillig angeboten. Sie sei allerdings mit einem so erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden, „dass unser medizinisch ausgebildetes Fachpersonal nicht zur Entgegennahme der Anrufenden mit akuten gesundheitlichen Beschwerden zur Verfügung stehen kann“, wie die KV in der vergangenen Woche mitteilte.

Zwar handelt es sich dabei mit rund 17.000 nur um einen Bruchteil der rund eine Million Krankentransporte, die jährlich in Berlin durchgeführt werden. Der Großteil davon findet jedoch zwischen Kliniken statt – etwa weil ein Patient verlegt wird oder für eine bestimmte Untersuchung in ein anderes Krankenhaus muss. Sie sind also ein Stück weit planbar.

Das Angebot der KV richtete sich jedoch an den Versicherten zu Hause, der etwa aus eigener Kraft nicht mehr zum Hausarzt gelangt. Für ihn fällt nun eine Möglichkeit weg, sich zentral und zeitnah einen Krankentransport zu organisieren. Zwar bleibt ihm neben dem Anruf bei seiner Krankenkasse auch weiterhin die Möglichkeit, sich direkt bei den Transportunternehmen in Berlin zu melden, was jedoch nicht annähernd so einfach sein dürfte.

Keine Leitstelle: Mehr als 90 Unternehmen nicht miteinander vernetzt

„Es kann dabei vorkommen, dass der Patient auch mal eine Stunde oder länger warten muss“, sagte Axel Pfeifer, Betriebsleiter des Kranken-Transportunternehmens Hinz aus Wedding, der Berliner Morgenpost in der vergangenen Woche. Denn die Wagen seines Unternehmens seien von morgens an ständig im Einsatz. Möglicherweise würde er dann auch zehn Firmen oder mehr hintereinander anrufen, die aufgrund mangelnder Kapazitäten eine Absage erteilen, und schließlich vermutlich den Rettungsdienst der Feuerwehr rufen. Dort blickt man mit Sorgen auf die zusätzliche Belastung durch den Rückzug der KV.

Das Angebot in Berlin ist dabei keineswegs zu klein, allerdings vollkommen unübersichtlich. Die mehr als 90 privaten Krankentransportunternehmen sind nicht miteinander vernetzt und nirgendwo etwa in einer gemeinsamen Leitstelle zusammengefasst. Auch die KV habe nach eigenen Angaben jede Anfrage an mehrere Unternehmen weiterleiten müssen.

Das Angebot, eine solche Leitstelle aufzubauen und zu betreiben, gibt es allerdings auch bereits seit Wochen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Berlin hatte angeboten, die Aufgabe zu übernehmen. Anders als die KV werde man das allerdings nicht ehrenamtlich und nebenher tun können, sondern mindestens mit einem festen Mitarbeiterstab von sechs bis acht Kräften, wie ein DRK-Sprecher sagte.

Kassen fordern Feuerwehr auf, die Vermittlung zu übernehmen

Eine Idee, die auch die Berliner Krankenkassen unterstützen, die letztlich dafür bezahlen müssten. „Die Mitarbeiter dieser Leitstelle könnten die Ressourcen der Fahrzeuge besser planen, indem sie diese miteinander vernetzen und eine Übersicht über alle freien Krankentransport-Kapazitäten schaffen“, teilten sie auf Anfrage mit. Um das Angebot im Detail zu bewerten, müsse allerdings zunächst ein klarer Auftrag dafür seitens des Senats vorliegen.

Anders als die Senatskanzlei sehen die Kassen weiterhin die Innenverwaltung und die ihr nachgeordnete Feuerwehr in der Pflicht, die nun zu einer schnellen Lösung kommen müsse. So müsse entweder „die Vermittlung der Krankentransportfahrten über die Leitstelle bei der Berliner Feuerwehr erfolgen“ oder diese zumindest „interimsweise mit Hilfsorganisationen oder privaten Krankentransportunternehmen kooperieren“.

Ein „absurder Vorschlag“, findet Manuel Barth, Sprecher der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) Berlin-Brandenburg. „Zu fordern, dass die ohnehin schon überlastete Berliner Feuerwehr nun 17.000 Einsätze zusätzlich stemmen soll, als hätte es die jüngste Berichterstattungen nicht gegeben, ist schlicht ignorant und wenig im Sinne des Gemeinwohls.“ Die personellen Engpässe in der Behörde würden sich bis in die Leitstelle ziehen. „Und jede weitere Belastung dort sorgt für längere Wartezeiten am Notruf für diejenigen, die möglicherweise akut in Lebensgefahr schweben.“

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