Berlin. Das geplante Ein- und Ausreisezentrum am Flughafen BER wirft vergaberechtliche Fragen auf. 60 Vereine fordern einen Stopp des Vorhabens.
Behördenzentrum oder Abschiebeknast – die Differenzen um das gemeinsame Projekt des Bundes und des Landes Brandenburg am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) beginnen schon bei der Wortwahl. Dort soll ein „integriertes Einreise- und Ausreisezentrum“ entstehen. Mit dem Brandenburger Landeshaushalt 2023/2024 soll in den nächsten Wochen die erste Finanzierungstranche für das Projekt bewilligt werden.
Gegner des Zentrums sehen daher jetzt die letzte Chance, das Vorhaben zu verhindern. In einer gemeinsamen Stellungnahme forderten am heutigen Donnerstag 60 Organisationen, darunter Flüchtlingsräte, einen Stopp des Projekts aus „menschenrechtlichen und humanitären Gründen“. Die Gruppe „Abschiebezentrum BER verhindern“ hatte für 12.30 Uhr zu einer Demonstration in Potsdam anlässlich der Sitzung des Innenausschusses des Landtags aufgerufen, in dem der Haushalt verhandelt wird.
Das geplante Zentrum soll die zentrale Ausländerbehörde, das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge und die Bundespolizei vereinen, um Flughafenasylverfahren zu bearbeiten. Ein Gericht, eine Transitzone und ein eigenes Terminal nur für Abschiebungen gehören dazu. Mit 120 Plätzen vervierfacht sich die Kapazität des Ausreisegewahrsams im Vergleich zur aktuell bestehenden Einrichtung.
Vorbestrafter Investor soll Ausreisezentrum bauen
Durch veröffentlichte Emails und Dokumente auf der Plattform „Frag den Staat“ wurden zuletzt schwere Vorwürfe laut: Bund und Land hätten versucht, vergaberechtliche Vorgaben zu umgehen, um den damaligen Brandenburger Finanzminister der Linken außen vor zu lassen. Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums bestreitet die Vorwürfe auf Anfrage der Morgenpost.
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Der aktuelle Haushaltsentwurf sieht für Mieten und Pachten einen Betrag von 315 Millionen Euro ab 2026 vor. Denn bauen soll nicht das Land, sondern der Investor Jürgen B. Harder, Land und Bund wären Mieter. Harder ist umstritten. Vor zehn Jahren wurde er zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er war in Schmiergeldzahlungen im Rahmen von Immobiliengeschäften am Frankfurter Flughafen verwickelt.
„Es wäre fahrlässig, den Haushalt in dieser Form zu beschließen“, sagt die Landtagsabgeordnete der Linkspartei Andrea Johlige. „Das ist ein Finanzskandal und das wird wahrscheinlich noch einen Untersuchungsausschuss nach sich ziehen.“
Koalitionspartner CDU und Grüne uneins über Abschiebezentrum
Der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Lakenmacher will sich dagegen nicht zu den Vorwürfen gegen das Landesinnenministerium äußern. Er halte das geplante Zentrum „in Anbetracht der zu erwartenden Asylfälle“ für nötig.
Kritik kommt vom Koalitionspartner: Marie Schäffer (Grüne) sagt, es sei „nicht nachzuvollziehen, wo dieser Bedarf herkommen soll“. Zudem stellten sich vergaberechtliche Fragen.
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