Berlin. Es ist kurz nach 10.30 Uhr, als der Rapper Samra den Gerichtssaal verlässt. „Viel Erfolg – tschüssi“, sagt er noch, bevor sich die Tür hinter ihm schließt. Auf der Anklagebank winkt Rommel Abou-Chaker ab, so als ob er sich fragt, ob der Rapper noch alle Tassen im Schrank habe.
Es ist mittlerweile Prozesstag Nummer 64 im Fall gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder am Berliner Landgericht. Sie müssen sich seit mehr als eineinhalb Jahren wegen mutmaßlicher Straftaten gegen Bushido verantworten. Darunter Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung. Seither lässt der Prozess nichts an Kuriositäten aus: Tränen flossen in dem Saal 500, ein Arafat Abou-Chaker, der mit Kaffee in der Hand mit Journalisten plauscht, und „Schwanzvergleiche“.
Bushido-Prozess in Berlin: Samra - „Zu der Zeit habe ich viel gekifft“
An diesem Montag bekommt auch Samra, der mit bürgerlichem Name Hussein Akkouche heißt, seinen Auftritt in dieser Show vor Gericht, die an vielen Tagen an Real-Satire erinnert. Seinen Kopf auf eine Hand gestützt, erzählt er, dass er rund eineinhalb Jahre bei Bushido unter Vertrag gestanden habe. Dazwischen ermahnt ihn der Vorsitzende Richter Martin Mrosk immer wieder, sich aufrecht hinzusetzen. An jenem Tag im März 2018, als Arafat Abou-Chaker und Bushido die Künstler über ihre geschäftliche Trennung informierten, sei er der einzige gewesen, der sich für Bushido entschieden habe. „Er hatte Content“, sagt Samra, sei bekannt gewesen. „Deshalb habe ich meine Zukunft bei ihm gesehen.“ Die anderen Rapper Laas, Shindy, Ali Bumaye und AK Ausserkontrolle hätten sich für Arafat entschieden. „Können Sie sich an das Treffen erinnern“, fragt ihn Mrosk. „Zu der Zeit habe ich viel gekifft, vieles ist an mir vorbeigezogen“, antwortet Samra. Doch Mrosk lässt nicht locker, hakt nach. Wie seien die Gespräche und die Stimmung gewesen?
Temperamentvoll, lustig, unangenehm. „So Wallah und so, wissen Sie“, sagt Samra. Der ratlose Gesichtsausdruck des Richters zeigt, er weiß es nicht. Rapper Ali Bumaye sagte im vergangenen Jahr im Gerichtssaal aus, dass Arafat ausgerastet sei und mit einer Schere vor Samras Gesicht umherfuchtelte. „Daran habe ich keine Erinnerung“, sagt er, weil es nicht passiert sei. „Keine Erinnerung“, „weiß ich nicht“, gehören zu den Standardaussagen Samras an diesem Tag. Die Staatsanwältin fragt ihn, ob der Vertrag mit Bushido an eine Bedingung geknüpft gewesen sei oder ob Arafat ihn gezwungen hätte, Geld zu zahlen. „Keine Ahnung, weiß ich nicht.“ Samra treibt es soweit, dass ihn Mrosk fragt, ob er denn in den vergangen Wochen im Urlaub gewesen sei und sich daran erinnere. „Ja, ich war in Thailand im Urlaub.“ Er beteuert auch vernehmungsfähig zu sein und nicht „zugekifft“. Doch nur mühselig bekommt der Richter doch noch ein paar Details.
Bushido-Prozess: Am Mittwoch soll Shindy aussagen
Nach dem Treffen habe Samra mit Bushido gesprochen und sich darüber gefreut, Musik mit ihm machen zu können. Ein Album sei zunächst geplant gewesen. Doch die Zusammenarbeit dauert nicht lange, am Ende bleiben nur ein paar Singles und eine EP, ein Extended Play, das zu viele Songs für eine Single hat, aber zu wenige für ein Album, die Samra veröffentlichen kann. Dann habe er die Zusammenarbeit beendet. „Menschlich hat es nicht gepasst und ich wollte meinen eigenen Weg gehen“, sagt Samra. Darunter versteht er, vor allem mehr Songs zu veröffentlichen. Bushido habe ihn unkompliziert aus dem laufenden Vertrag entlassen. Sein Freund Ashraf Rammo, der ebenfalls schon als Zeuge in dieser Verhandlung vor Gericht stand, habe ein Treffen arrangiert, bei dem sie eine schriftliche Auflösung unterzeichneten. Auch habe es ein Treffen zwischen Samras Vater und Arafat gegeben, in dem sich der Vater vergewissern wollte, ob alles so funktioniere. Es sind aber die einzigen Details, die er sich entlocken lässt.
Nur wenige Stunden später äußert sich Samra immerhin noch auf einer Instagram-Story. „Ich wollte euch mitteilen, dass ich seit einem halben Jahr drogenfrei bin“. Dann verspricht er sein neues Album. Der Prozess am Landgericht soll am Mittwoch fortgesetzt werden. Dann soll der Rapper Shindy über seine Geschäftsbeziehungen zu Bushido und Arafat aussagen.