Berlin . Nach massiver Kritik hat die Studentenvertretung der HU ihre Stellenanzeige für Antidiskriminierungsberatung nun umformuliert.

Die Studierendenvertretung der Berliner Humboldt Universität ist mit einer Ausschreibung zu einer Stelle für Antidiskriminierungsberatung in die Kritik geraten. „Wir bitten (...) weiße Menschen, von einer Bewerbung für diese Beratungsstelle abzusehen“, hieß es darin in einer ersten Fassung. Nach scharfer Kritik und Rassismus-Vorwürfen wurde die Formulierung am Donnerstagabend geändert.

In der Ausschreibung für die unbefristete Stelle hieß es, man wolle in der „parteilichen“ Beratungsarbeit“ eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Ratsuchenden wohlfühlten. Dabei habe sich gezeigt, „dass dies am besten gelingt, wenn der_die Berater_in Schwarz oder als Person of Color positioniert“ sei. „Wir bitten daher weiße Menschen, von einer Bewerbung für diese Beratungsstelle abzusehen.“ Erschienen war die Stellenanzeige auf der Internetseite des Referent_innenrats (RefRat). Der RefRat ist an der HU das, was anderen Hochschulen der Asta (Allgemeiner Studierendenausschuss) ist.

Der von der Berliner Morgenpost kontaktierte RefRat blieb zunächst eine Reaktion schuldig. Später am Nachmittag war die Stellenanzeige von der Homepage der Studierendenvertretung verschwunden. Nun heißt es: „In der Beratungsarbeit hat sich gezeigt, dass dies Menschen am besten gelingt, die aus Perspektive der eigenen Betroffenheit von rassistischer Diskriminierung beraten können. Daher möchten wir insbesondere Personen, die rassistische Diskriminierungserfahrungen machen, dazu ermutigen, sich auf die Stelle zu bewerben.“

Humboldt Universität wusste nichts von der Stellenausschreibung

Die Humboldt Universität wusste zunächst nichts von der Stellenausschreibung, was aber nicht ungewöhnlich ist. Studierendenparlament und Referent_innenRat handelten als „eigenständiger Arbeitgeber im privatrechtlichen Bereich. Dieser Bereich unterliegt nicht der Rechtsaufsicht der Humboldt-Universität“, erklärte ein HU-Sprecher.

Es sei ausdrücklich nicht im Sinne der Humboldt-Universität, Menschen zu diskriminieren. Egal welcher Hautfarbe und Herkunft, welchen Geschlechts, welcher weltanschaulichen Ansichten oder des Alters wegen. Man verstehe sich als Ort der Meinungspluralität, der gegenseitigen Wertschätzung und des Respekts, so der Sprecher weiter. „Die Leitung der Humboldt-Universität fordert die Verfasste Studierendenschaft deshalb auf, die Stellenausschreibung zu überprüfen“, sagte er.

Studierendenvertretung: „Wir sind dabei, die Anzeige zu überarbeiten"

Das ist nun geschehen. „Wir sind dabei, die Anzeige zu überarbeiten. Wir bedauern die uneindeutige Formulierung“, erklärte der RefRat am Nachmittag. Die Praxis habe gezeigt: Beratung funktioniere am besten, wenn Menschen mit Rassismuserfahrung sich an Personen wenden könnten, die ebenfalls Rassismus erleben müssen. Daher sollen schwarze Menschen und PoC zur Bewerbung ermutigt werden.

In den sozialen Medien schlug die Ausschreibung dennoch hohe Wellen. Auch der integrationspolitische Sprecher der Linken, Hakan Taş, äußerte sich kritisch. Eine solche Stellenausschreibung, in der weiße Menschen aufgefordert würden, sich nicht zu bewerben, habe er noch nicht gesehen, sagte Taş der Morgenpost. „Das ist selbst eine Diskriminierung“, so der Linken-Politiker. Es gebe auch Menschen ohne Migrationsgeschichte, die sensibel genug seien, eine solche Beratung zu leisten. Die Frage sei zudem, ob auch Menschen aus dem Mittelmeerraum oder aus Osteuropa unter die dort angegebene Kategorie „weiße Menschen“ fielen.

Der Linke-Politiker Hakan Taş im Berliner Abgeordnetenhaus.
Der Linke-Politiker Hakan Taş im Berliner Abgeordnetenhaus. © Krauthoefer | Krauthoefer

Senat hält Ausschluss von Nicht-Migranten für möglich

In der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung wollte ein Sprecher von Senator Dirk Behrendt (Grüne) die Einschätzung von Taş nicht unbedingt teilen. Es sei schon vorgekommen, dass für bestimmte Stellen explizit Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen worden seien, erklärte ein Sprecher. Das sei dann möglich, wenn dieser wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), hier bei einer Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses
Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), hier bei einer Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses © dpa | Britta Pedersen

Er verwies auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Köln aus dem Jahr 2008, das eine entsprechende Anzeige für rechtens erklärt habe. Darin wurde eine Kollegin für die Durchführung eines Projektes gegen Zwangsverheiratung gesucht. Das Projekt basierte auf dem Konzept „MigrantInnen für MigrantInnen.“ Die Klage eines abgelehnten Bewerbers auf Entschädigung wurde in dem damaligen Fall abgewiesen.

CDU kritisiert das Vorgehen der Studierenden

Kai Wegner (48), Bundestagsabgeordneter, Berliner CDU-Chef und Spitzenkandidat.
Kai Wegner (48), Bundestagsabgeordneter, Berliner CDU-Chef und Spitzenkandidat. © Reto Klar | Reto Klar

CDU-Politiker rügten das Vorgehen der Studierenden an der HU jedoch scharf. „Berlin ist nicht durch linke Identitätspolitik so weltoffen geworden, sondern weil sich die Menschen in dieser Stadt immer unvoreingenommen ausgetauscht haben“, sagte der CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahlen Kai Wegner. Die Sortierung nach Hautfarbe passe „nicht in unsere Stadt und schon gar nicht an unsere Hochschulen“, sagte Wegner. „Wer Menschen im Namen des Antirassismus selbst rassistisch diskriminiert, sollte seine Position überdenken.“

Der hochschulpolitische Sprecher der CDU, Adrian Grasse, forderte Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) zu einer Stellungnahme auf. Die in der Ausschreibung aufgeführten Bedingungen, nach denen sich Menschen mit weißer Hautfarbe nicht bewerben sollen, seien gesetzeswidrig und in krasser Weise diskriminierend“, so Grasse. „Rassismus darf nicht mit Rassismus bekämpft werden.“