Der Ehemann der getöteten Berlinerin Susanne F. kommt täglich an den Tatort im Tiergarten. Viele Fragen sind noch ungeklärt.
Nach dem Mord an Susanne F. im Tiergarten ist ein Verdächtiger in Polen festgenommen worden. Die Ermittler konnten offenbar das geraubte Handy von Susanne F. orten, als der Verdächtige es kurz aktivierte. Dem Ehemann der Getöteten, Klaus Rasch (66), könnte damit ein Stück Gerechtigkeit widerfahren. „Ich möchte dem Mörder meiner Frau in die Augen sehen“, sagte er der Berliner Morgenpost. Regelmäßig komme er an die Stelle, an der „Susa“, wie er sagt, aus dem Leben gerissen wurde.
Der mutmaßliche Tatort gehört zu den dunkelsten Ecken des Schleusenweges. Hier, im wilden Gestrüpp der Büsche, inmitten von Müll, Drogenbesteck und Hundekot, hatten Passanten am vergangenen Freitag Susanne F. gefunden.
Heute markiert eine kleine Gedenkinsel den Ort. Ein stilles Mahnmal auf der platt getretenen Grünfläche. Bekannte und Unbekannte haben Blumen niedergelegt und Grabkerzen aufgestellt. Dazwischen liegen Abschiedsbriefe. „Möge Deine Seele Frieden finden – in unseren Gedanken lebst du weiter“, steht auf einem der handgeschriebenen Zettel. „Wir können es nicht begreifen“, auf einem anderen. Auch Klaus Rasch hat an der Gedenkstelle einen Brief niedergelegt. „40 gemeinsame und glückliche Jahre – mal eben so ausgelöscht”, hatte er darauf geschrieben.
Nur wenige Hundert Meter trennen den Hardenbergplatz am Bahnhof Zoo vom „Schleusenkrug“, der Gaststätte, in der sich Susanne F. am späten Dienstagabend vergangener Woche mit ehemaligen Kommilitoninnen getroffen hatte. Diese Frauenrunden fanden regelmäßig statt. Gegen 22.20 hatte Susanne F. das Lokal verlassen und war allein in Richtung Hardenbergplatz aufgebrochen. „Von dort aus nahm sie für gewöhnlich den Bus nach Hause“, sagt Ehemann Rasch. Doch da kam sie nie an.

Erst am Mittwochmorgen habe er gemerkt, dass seine Frau nicht nach Hause gekommen sei. Anrufe auf ihrem Mobiltelefon landeten auf der Mailbox. Nur einen kurzen Moment lang habe er gehofft, ihr sei nichts zugestoßen und alles würde sich aufklären. Denn um 9.55 Uhr erhielt er eine Info per SMS, dass das Handy seiner Frau wieder auf Empfang sei. „Ich habe angerufen, doch da war das Handy schon wieder aus.“
Kurze Zeit später habe er eine Vermisstenanzeige bei der Polizei aufgegeben. Noch am selben Tag nahmen die Beamten die Suche auf. Mit einem Spürhund suchten sie den Weg und Teile des Tiergartens ab, auch die wuchernden Büsche am Rand der Promenade. Ergebnislos.
„Wir waren 40 Jahre zusammen. Und jetzt ist da nichts. Ich bin einfach nur leer. Susa fehlt mir“, sagt Klaus Rasch mit dem Blick auf die Stelle, an der seine Frau gefunden wurde. Dabei hätten sie noch so viele Pläne gehabt. Sie wollten gemeinsam die neue Elbphilharmonie in Hamburg besuchen und im Oktober nach Venedig reisen. „Am glücklichsten war Susa aber, wenn wir abends mit einem Glas Wein eine Folge ‚Inspector Barnaby‘ geschaut haben“, sagt Rasch.
Neben der Leere quälen Rasch auch zahlreiche Fragen, die ihm niemand bisher beantworten konnte. Auch aus diesem Grund überlegt der 66-Jährige, im Prozess als Nebenkläger aufzutreten, um so Einblick in die Ermittlungsakten und -berichte zu bekommen. „Warum wurde sie nicht eher gefunden? Warum hat niemand etwas bemerkt? Was genau ist ihr zugestoßen“, fragt er.
Noch ist unklar, wie Susanne F. zu Tode kam. Eine Obduktion ergab, dass die Frau Opfer einer Gewalttat wurde. Ein Sexualdelikt konnte laut Staatsanwaltschaft ausgeschlossen werden. Deshalb deutet im Moment vieles auf einen Raubmord hin. Nach Informationen der Berliner Morgenpost starb Susanne F. durch „Gewalt gegen den Hals“ – Näheres ist noch nicht bekannt.
Auch Mitarbeiter des „Schleusenkrugs“ wurden schon ausgeraubt
Doch nicht nur Ehemann Rasch hat Fragen. Auch die Wirte des „Schleusenkrugs“, dem Lokal, in dem Susanne F. zuletzt lebend gesehen wurde, fühlen sich im Stich gelassen. Seit Jahren vermüllt der Schleusenweg. Obdachlose und Drogenabhängige leben links und rechts des Wegs. Mitarbeiter wurden auf dem Nachhauseweg auch schon ausgeraubt. Gäste fühlen sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr sicher. „Mit unseren Problemen werden wir oft von einer Stelle zur anderen geschickt“, sagt Dominik Ries, einer der Chefs des Lokals, auf Nachfrage. Seine Angestellten seien inzwischen angehalten, nach Ladenschluss zu zweit den Nachhauseweg anzutreten. „Das kann doch nicht sein. Wir sind mitten in Berlin“, sagt Ries. Er fordert, dass die Grünflächen gepflegt, die zahlreichen Obdachlosen betreut und Polizisten regelmäßiger auf Streife geschickt werden.
Der Schleusenweg gehört zum Tiergarten und der zum Bezirk Mitte. Dort beschreibt man die aussichtslose Lage so: „Müll, Schlafsäcke, Zelte werden beseitigt.“ Es sei allerdings festzustellen, dass sich Menschen am Tag nach solchen Aktion wieder mit allem versorgen und zurückkommen würden. In den vergangenen zwölf Monaten habe man zwei größere illegale Zeltlager geräumt. Zudem reinige man wöchentlich die Flächen und mähe regelmäßig den Rasen. Auf die Ängste des „Schleusenkrug“-Personals heißt es hingegen wörtlich: „Es steht dem Wirt natürlich frei, seine Meinung und seine Empfindungen medial kundzutun. Fakt ist, dass das Straßen- und Grünflächenamt bereits jegliche Unterstützung bei der Pflege leistet.“
Trotz der Bemühungen des Bezirkes liegen Mittwochnacht, mehr als eine Woche nach dem Tod von Susanne F., an dem Fundort noch immer derselbe Müll, Drogenbesteck und allerhand Unrat. Beseitigt hat es niemand.