Notrufzentrale

Notrufe landen in Berlin immer häufiger in der Warteschleife

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Rüdiger Finke

Foto: Reto Klar

In der Notrufzentrale der Polizei werden nur 62 Prozent der Anrufe innerhalb von zehn Sekunden angenommen, bemängelt die Gewerkschaft.

Berlin Wer die Polizei um Hilfe bittet, bleibt immer öfter in der Leitung hängen. Zu diesem Schluss kommt die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Nach dem Wählen der Notrufnummer 110 wurden nach Gewerkschaftsangaben vom Freitag in den ersten sechs Monaten dieses Jahres nur 62 Prozent der Anrufe innerhalb von zehn Sekunden in der Einsatzleitzentrale entgegengenommen. Alle anderen Anrufer mussten länger warten. Das offizielle Ziel der Polizei lautet jedoch, mit mindestens 90 Prozent der Anrufer in zehn Sekunden nach dem ersten Klingeln auch zu reden.

Dieses selbst gesteckte Ziel kann die Berliner Polizei schon seit Jahren nicht erreichen. Doch im ersten Halbjahr 2016 wurde nach Gewerkschaftsangaben „ein absoluter Tiefpunkt“ erreicht – als Grund wird Personalnot angeführt. Der Polizeipräsident will das Problem nun durch eine zügige Personalaufstockung lösen.

Aufklärungsquote der Berliner Polizei sinkt weiter

„Wenn Menschen bei der Polizei anrufen, machen sie das im Regelfall nicht zum Spaß, sondern weil sie sich in einer Notlage befinden und Hilfe brauchen“, sagte die Berliner GdP-Landesvorsitzende Kerstin Philipp am Freitag. Es sei eine verheerende Entwicklung, wenn immer mehr Bürger immer länger „in der Warteschleife hängen“. Das sorge dafür, dass sie sich allein gelassen fühlen und das Vertrauen in die Polizei verlieren, kritisierte Kerstin Philipp. Im Vergleich zum Vorjahr sank der Wert für binnen zehn Sekunden angenommene Anrufe nach ihren Angaben um fast 13 Prozent.

30 neue Mitarbeiter für Einsatzzentrale

Nach Auskunft der GdP war die Zehn-Sekunden-Frist in der Einsatzleitzentrale im Jahr 2012 noch in 83,2 Prozent der Fälle eingehalten worden. Sie sank über 81,1 Prozent 2013 und 75,2 Prozent im darauffolgenden Jahr auf 74,8 Prozent im Jahr 2015. Die Behörde lasse außer Acht, dass die Zahl der Straftaten zunehme und es dadurch zu mehr Notrufen komme, so die GdP.

Polizeisprecher Winfrid Wenzel bestätigte die Zahlen der Gewerkschaft. „Wir sind mit dieser Entwicklung natürlich nicht zufrieden und haben bereits im Sommer die Ursachen dafür analysiert. Im Juli wurde entschieden, das Personal aufzustocken“, sagte Wenzel. Innerhalb der Polizei wurden Mitarbeiter gesucht, 30 werden nun in die Einsatzleitzentrale wechseln.

Nach einer 14-tägigen Schulung und einer Einarbeitung sollen die Beamten noch vor Jahresende voll einsatzfähig sein. „Nachdem der Bedarf erkannt worden war, sind darüber hinaus im Sommer sechs weitere Mitarbeiter zur Verstärkung in die Zentrale gekommen“, betonte der Polizeisprecher. Zurzeit arbeiten dort pro Schicht 40 bis 50 Beamte.

Die Internetwache wird zunehmend stärker genutzt

Als Gründe für die teilweise langen Wartezeiten nannte die Polizei auch die stärkere Nutzung des Bürgertelefons sowie der Internetwache, über die online Anzeigen erstattet werden können. Beide Bereiche werden ebenfalls von den Mitarbeitern in der Leitzentrale betreut. „Diese deutliche Zunahme erfordert auch mehr Personal“, sagte Wenzel. Außerdem habe es einen hohen Krankenstand gegeben.

Neben der Polizei müsse auch die Politik Konsequenzen ziehen, sagte der SPD-Innenpolitik-Experte Tom Schreiber. Zu klären sei, ob noch vor der Einrichtung einer kooperativen Leitstelle mit der Feuerwehr Investitionen nötig seien, damit es nicht zum Zusammenbruch der Einsatzleitstelle komme. „Bürger in Not kann man nicht warten lassen“, sagte der SPD-Politiker.

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