International gilt er längst als Trendsetter: Jetzt stellt Baukünstler J. Mayer H. im Haus am Waldsee aus und plant drei Projekte in Berlin.
Es hat lange gedauert. Seit genau 20 Jahren leitet Jürgen Mayer H. das nach ihm benannte Architekturbüro in Berlin. Doch obwohl der mittlerweile 50-jährige Planer schon lange in der internationalen Szene als Trendsetter zeitgenössisch fantasievoller Architektur gefeiert wird, spielte er bislang in Berlin in der öffentlichen Wahrnehmung noch keine große Rolle. Das sollte sich bald ändern.

Bislang steht immerhin eines seiner vielen realisierten Projekte auch in der Hauptstadt – das „JOH 3“. Dieses nach dem Standort an der Johannisstraße in Mitte benannte Appartmenthaus setzt mit seiner außergewöhnlichen und lebendigen Fassade ein Zeichen. Der siebengeschossige Glasbau ist in geschwungene Aluminiumlamellen gehüllt, die von außen blickdicht sind, von innen aber ausreichend Ausblick gewähren. Komplett freie Sicht ermöglichen amorphe Aussparungen in den Lamellen. „JOH 3“ ist ein Lückenschluss auf einer Brache neben der Kalkscheune, aber alles andere als ein Lückenbüßer. Im Gegenteil: Der Berliner Bau von Mayer H. steht vielmehr auch für das, was seine Architektur auszeichnet: das Skulpturale.
Jetzt scheint es offenbar endlich so weit, dass der Grenzgänger zwischen Kunst und Architektur auch in seiner Wahlheimat Berlin entsprechend beachtet wird. So widmet ihm das Haus am Waldsee in Zehlendorf noch bis zum 26. Juni eine aktuelle Ausstellung. Und damit nicht genug: Das Büro J. Mayer H. Architekten und Partner - seit zwei Jahren hat der Planer auch in der Leitungsebene seines Büros Verstärkung – steht gleich mit drei aktuellen Berlin-Projekten in den Startlöchern. Es sind Entwürfe für das VOLT genannte hippe Einkaufszentrum in Mitte mit Skaterbahn und Sky-Diving-Raum, über das die Berliner Morgenpost bereits berichtet hat, eine Privatuniversität nahe dem Salzufer in Charlottenburg und einen Wohnkomplex an der Pappelallee in Prenzlauer Berg.

„Wir haben alle Projekte über Wettbewerbe gewonnen“, sagt Mayer H. beim Gespräch im Café des Hauses am Waldsee. Der Wahlberliner aus Stuttgart ist sichtlich guter Dinge. Er hat allen Grund. Die Galerie präsentiert die Schau „J. Mayer H. – Strukturalien. Architektur als urbane Plastik“. Der etwas sperrige Titel täuscht. Die Ausstellung ist durchaus lebendig, so wie Mayer H.’s Architektur auch. Gleichwohl, sie zeigt natürlich nur einen Ausschnitt aus dem umfangreichen OEuvre des Berliner Baukünstlers. „Das ist hier eher wie ein Kammermusikkonzert“, sagt der Architekt, der im Übrigen auch selbst lange Klavier und Fagott gespielt hat. „Ich war sogar mal Zweiter beim Bundeswettbewerb von Jugend musiziert“, sagt Mayer H. und lächelt.
Der kammermusikalische Einblick in sein Schaffen reicht jedenfalls, um zu realisieren, dass dieser Planer seine eigene Handschrift entwickelt hat. Seine Arbeiten wirken mit ihren Rundungen meist organhaft – eine runde Sache, die nicht mehr dem Mythos der europäischen Stadt mit den immergleichen Kästen hinterherläuft. Wenn Berlin als alte europäische Stadt verloren sei, sollten wir das akzeptieren. „Wir sollten nach vorne schauen und versuchen, mit unseren Neubauten auch architektonisch neue Wege zu gehen, statt das Vergangene immer nur zu reparieren“, sagt Mayer. Damit spielt er auch auf die von vielen jungen Architekten und Planern immer wieder kritisierte Langeweile und Monotonie der vielen neuen Rasterbauten in Berlin an.
Die Ausstellung im Haus am Waldsee zeigt, es geht auch anders. Während im Erdgeschoss der eigens mit hellem Boden ausgelegten Ausstellungsräume die abstrakte Welt hinter seinen Projekten, also auch die Strukturen dargestellt und dank einer Video- und Soundinstallation auch sinnlich erfahrbar werden, zeigen im Obergeschoss Modelle und Fotos, „wie die Projekte real in der Welt stehen“, sagt Mayer H. Und da stehen sie gut, wie großformatige Fotos zeigen.
Beispielsweise in Georgien. Wie ein modernes Puzzleteil wirkt der Grenzkontrollpunkt mit seinen runden Ausstülpungen, der in Sapri am Eingang des Landes steht. Ein Hingucker ist auch die 31 Meter hohe Stahl-Skulptur Lazika Pier, die auf einer hundert Meter langen Seebrücke den Baubeginn einer neuen Stadt markiert. In Berlin steht das mehr als mannshohe Modell des neuen Wahrzeichens von Georgien.
Der Architekt ist auch im New Yorker Museum of Modern Art vertreten
Groß mit mehreren Metern Länge ist auch das Modell von Mayer H.s „Metropol Parasol“, für das er unter anderem mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet wurde. Die pilzförmig aus einem organischen 156 Meter langen Holzkonstrukt gestaltetete Überdachung der „Plaza de la Encarnación“ im Herzen von Sevilla begeistert Bewohner und immer mehr Touristen. Mit seinem „Metropol Parasol“ und Modellen anderer Projekte hat Mayer H. es übrigens unter anderem auch in das weltbekannte Museum of Modern Art, das MoMA, in New York geschafft. Im Mai fliegt er nach San Francisco, wo der Erweiterungsbau des dortigen MoMA eröffnet wird. Auch im SFMoMa sind Arbeiten des Berliners Teil der Sammlung.
Gefragt danach, was sein Berliner Lieblingsgebäude ist, muss Mayer H. nicht lange überlegen. „Die Gedächtniskirche“, antwortet der Planer prompt und hat auch gleich die Begründung parat: „Mir gefällt der Dialog der einzelnen Neubauten von Egon Eiermann mit dem Fragment der alten Kirche.“ Der Ort habe eine besondere Qualität und Bedeutung in der City-West und sei zudem resistent gegen die Neubauten, durch die der Stadtraum eher noch weiter belebt werde, sagt Mayer H. der selbst in einem Charlottenburger Altbau wohnt.
J. Mayer H. - Strukturalien. Architektur als urbane Plastik“ im Haus am Waldsee, Argentinische Alle 30, Zehlendorf, Geöffnet: Di.-So., 11-18Uhr. Wer mehr erfahren will, dem sei die reichhaltig bebilderte Monografie „Could.Should.Would - J Mayer H.“ empfohlen, die auf etwa 280 Seiten die Projekte zeigt und erläutert.(45 Euro, Verlag Hatje Cantz)