Über eine Internetplattform verkaufte ein Berliner Start-up Termine im Bürgeramt. Doch damit ist nun Schluss.

Mit Terminen in Berliner Bürgerämtern ist kein Geschäft mehr zu machen. Die Internetplattform buergeramt-termine.de, die Berlinern gegen Gebühr kurzfristig Onlinetermine in den Ämtern beschafft hat, arbeitet nicht mehr. Die drei Gründer Martin Becker, Jörn Kamphuis und Mateus Kratz haben aufgegeben. „Der Hauptgrund dafür ist, dass die Verwaltung keine Termine mehr für die folgenden fünf Tage online freischaltet, sodass wir unser Serviceversprechen nicht einhalten können“, teilten die drei Macher der Webseite am Dienstag mit.

Lokalpolitiker hatten das Start-up-Unternehmen dafür mitverantwortlich gemacht, dass seit Monaten Termine online kaum noch zu haben sind. Das Geschäftsmodell der drei Jungunternehmer: Für 25 Euro wurde ein Bürgeramtstermin innerhalb von fünf Tagen angeboten, innerhalb von zwei Tagen war ein Termin für 45 Euro zu haben. Möglich war das durch einen Algorithmus, der freigeschaltete Termine sofort erkannte und für die Kunden des Portals blockierte.

Nach eigenen Angaben haben die drei Macher in den vergangenen fünf Monaten durchschnittlich fünf Termine pro Tag vermittelt. Seit dem 4. Dezember seien keine Aufträge mehr angenommen worden. Wer der privaten Webseite die Schuld am Zusammenbruch des landeseigenen Buchungssystems gebe, solle „noch einmal nachdenken“, hieß es.

Becker, Kamphuis und Kratz sehen ihre Webseite auch nicht als Geschäft, sondern als Protest gegen chaotische Zustände in den Servicestellen der Bezirksrathäuser. „Wir freuen uns, dass wir Aufmerksamkeit und Handlungsdruck erzeugen konnten. Aber solange es sich nicht spürbar und nachhaltig verbessert hat, werden wir weitermachen“, so Mitbegründer Kamphuis.

Noch immer lange Wartezeiten beim Bürgerservice

Und verbessert hat sich offenbar noch nichts in den Bürgerämtern. Nach wie vor sind Onlinetermine für eine Ausweisverlängerung oder einen neuen Pass erst in acht Wochen und nur vereinzelt verfügbar. „Es sind alle Termine ausgebucht und es gibt nach wie vor Schlangen“, sagte auch Mittes Stadtrat für Bürgerdienste, Stephan von Dassel (Grüne). Weil im Internet kaum noch Termine zu haben seien, kämen immer mehr Menschen persönlich mit ihren Anliegen in die Bürgerämter – auch ohne Termin.

Wegen des privaten Handels habe sich die Verwaltung zwar auch zurückgehalten, kurzfristig frei gewordene Termine ins Netz zu stellen, räumte von Dassel ein. Der Hauptgrund für die Terminprobleme sei aber nach wie vor fehlendes Personal.

Am 10. Dezember hatte das Abgeordnetenhaus auf Antrag der Regierungsfraktionen SPD und CDU ein Zwölf-Punkte-Programm zur Verbesserung der Lage in den Bürgerämtern verabschiedet. So sollen Termine sechs Monate im Voraus im Internet freigeschaltet werden. Abends und an den Wochenenden soll es längere Öffnungszeiten geben.

„Veräppelung der Bürger“

Jeder der zwölf Bezirke erhält drei zusätzliche Stellen für seine Bürgerämter. Die Stellen seien ausgeschrieben, sagte von Dassel. Das Programm von SPD und CDU sei aber „nicht mehr als ein Plan“. Mit drei Stellen seien längere Öffnungszeiten nicht zu machen, und Termine über einen längeren Zeitraum freizugeben, werde an der Situation nichts ändern.

Auch die Macher der nun aufgegebenen privaten Plattform halten von dem Programm nichts. „Der Plan ist Veräppelung der Bürger“, findet Jörn Kamphuis. Wirklich hilfreich seien lediglich zwei der zwölf Punkte: die Optimierung der Prozesse in den Bürgerämtern und die Aufstockung des Personals.